Du bist das Boese
worden, und seine Eltern waren 1982 beim Massaker von Schatila wie durch ein Wunder den christlichen libanesischen Milizen entkommen. Dazu trank der junge Anwalt Weißwein und genoss den Anblick der vorbeiflanierenden Mädchen.
Nach dem Essen, bei einem Glas Whisky mit Eis und einer guten Zigarre, sagte Belhrouz: »Dubai ist ein einziges großes Glücksspiel, und die weltweite Konjunktur ist die Bank. Das ist wie in Ihren Evangelien mit den Broten und den Fischen: Alles vermehrt sich, Tag für Tag. Immobilien, Finanzen, Tourismus, alles.«
»Weil niemand fragt, wo das Geld herkommt«, merkte Corvu an.
»Genau, Russen, Chinesen, Iraker, Iraner, Saudis – alle kommen mit Koffern voller Bargeld, um sich einen Wolkenkratzer zu kaufen. Woher sie das Geld haben, interessiert niemanden. Industrie oder Waffenschmuggel? Supermärkte oder Organhandel? No difference, money is always good .«
»Aber wenn sich die Wirtschaft verlangsamt oder der Geldfluss ins Stocken gerät, etwa unter dem Druck von Staaten, die alles besteuern wollen …«, sagte Corvu.
Belhrouz deutete auf die fantastische Silhouette des schönsten Hotels der Welt.
»Die Suiten in diesem Hotel kosten über viertausend Dollar die Nacht, trotzdem sind sie für die nächsten zwei Jahre komplett ausgebucht. Genauso gut könnte es aber auch sein, dass sie innerhalb von zwei Tagen wie leer gefegt sind und ich zurück nach Ost-Beirut muss«, endete er mit einem traurigen Lächeln.
Balistreri hielt das für den richtigen Moment, dort anzuknüpfen, wo sie am Morgen geendet hatten. »Und was würden wir vorfinden, wenn wir auf die Seychellen flögen?«
Belhrouz lächelte. »Noch mehr schöne Strände. Und noch einen Strohmann. Und so weiter.«
»Und am Ende der Kette?«
Der Anwalt glotzte der russischen Kellnerin lüstern auf den Po und leerte seinen vierten Whisky.
»Am Ende, Dottor Balistreri, würden Sie wieder da landen, wo Sie gestartet sind, in Italien. Da verbirgt sich die Wahrheit.«
»Aber wie sollen wir …«
»Hören Sie zu«, sagte Belhrouz mit gesenkter Stimme. »Sie scheinen ein anständiger Mensch zu sein. Ich möchte nur Ihr Wort, was zwei Punkte angeht.«
»Ich höre.«
»Mein Name darf niemals fallen.«
»Einverstanden. Und der zweite Punkt?«
»Meine Schwester studiert an einer italienischen Universität, in l’Aquila. Als ich bei ihr zu Gast war, ist sie mal versehentlich an mein Handy gegangen, und der Anrufer war einer der Aktionäre der ENT . Es könnte sein, dass ich Sie bei Gelegenheit um einen Gefallen bitten muss.«
»Sie haben mein Wort.«
Als Belhrouz das fünfte Glas Whisky geleert hatte, beglich er, deutlich angetrunken, die Rechnung. Er reichte ihnen eine Visitenkarte. »Hier können wir nicht reden. Ich muss sowieso noch einmal im Büro vorbei und ein Dokument für Sie holen. Wir treffen uns in einer Stunde bei mir zu Hause. Geben Sie dem Taxifahrer einfach die Karte, da steht meine Privatadresse drauf.«
Sie begleiteten ihn zum Ausgang. Sein Audi wurde vorgefahren, und Belhrouz verabschiedete sich mit der belegten Stimme des fröhlich Trunkenen. »Bis später, meine italienischen Freunde.«
Balistreri sah dem Auto nach, das in Richtung Sheikh Zayed Road davonfuhr, und bemerkte, dass sich gleich hinter dem Parkplatz ein dicker SUV an seine Stoßstange heftete.
Er holte sein Handy hervor, rief im Hotel an und ließ sich die Rezeption geben.
»Ich wollte mich nur erkundigen, ob unser Büro in Rom den Flughafentransfer mitgebucht hat.«
Er konnte hören, wie der Philippiner das in seinem Computer prüfte. » No sir, this service not included.«
Er klappte sein Handy zu und rannte zum Taxistand. Corvu folgte ihm ratlos.
»Was ist denn los, Dottore?«
»Frag nicht groß, komm mit!«
Balistreri streckte dem pakistanischen Fahrer fünfzig Dollar hin und zeigte auf den Audi A8 und den SUV zweihundert Meter vor ihnen.
Um diese Zeit war nicht viel Verkehr. Die automatische Tempokontrolle des Taxis piepste wie verrückt, und der Pakistani sah ihn im Rückspiegel an. » We go prison, Sir .«
Balistreri wedelte mit einem Hundertdollarschein, und der Fahrer gab Gas. Der dicke SUV und der Audi nahmen die Auffahrt zur Schnellstraße.
»Hast du die Handynummer von Belhrouz?«, fragte Balistreri Corvu ruppig.
»Ja.«
»Ruf sofort an und gib ihn mir.«
Belhrouz meldete sich nach dem zweiten Klingeln mit alkoholschwerer Stimme.
»Ah, mein italienischer Freund«, sagte er fröhlich.
»Sie werden von einem SUV verfolgt.
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