Du bist das Boese
sie sich ja schon einmal an so etwas beteiligt hatte. In Wirklichkeit ging es aber nur darum, Zeit zu gewinnen und diesen Gegenstand wiederzufinden.«
Colajacono zuckte mit den Schultern, völlig entspannt. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Balistreri. Wenn Sie Beweise haben, gut, ansonsten ist das alles nur heiße Luft. Zu was anderem seid ihr Bürokraten ja nicht imstande.«
»Durch Ihr Verhalten Ramona Iordanescu gegenüber wurden die Ermittlungen um einige Tage verschleppt. Das kann ich beweisen.«
»Nadia war so oder so tot. Laut Obduktionsbericht wurde sie am Abend des 24. vor neun Uhr getötet. Das hätte also gar nichts geändert.«
»Es wäre vielleicht leichter gewesen, den Mörder zu finden«, beharrte Balistreri.
Colajacono verzog keine Miene. »Vasile ist der Mörder. Wir haben ihn geschnappt, und er sitzt hinter Gittern. Und das haben wir einzig meinen Informanten zu verdanken, sicher nicht Ihnen.«
Sie haben ihn an der Nase herumgeführt und in die Falle gelockt. Er hält wirklich den Schäfer für den Täter.
Die Bilder, wie Colajacono Linda Nardi auszog, quälten ihn. Es hatte ihn viele Jahre und haufenweise Gewissensbisse gekostet, bis er seine Wut endlich im Griff hatte und ein anständiger und besonnener Polizist geworden war. Diese Bilder aber waren einfach zu mächtig.
Er sagte es ihm mit sadistischem Vergnügen ins Gesicht.
»Vasile hat Nadia nicht erdrosselt.«
Der entschiedene Ton ließ Colajacono einen Moment stutzen, doch er fing sich schnell wieder. »Intellektuelle Gedankenspiele, Balistreri. Hören Sie, gehen Sie zurück in Ihr Büro im Zentrum, und danken Sie Gott, dass ich Ihnen nicht den Arsch aufreißen kann.«
Dieser Scheißrassist hat Linda gezwungen, sich auszuziehen. Diese Bestie in Polizeiuniform.
Die Wut siegte über den Verstand. Er konnte seine Worte nicht zurückhalten. Wie damals.
»Vasile hatte sich einige Tage vorher das Handgelenk verrenkt. Deshalb hat er so geschrien, als Sie ihn gepackt haben. Wir haben den ärztlichen Bericht vorliegen. Es ist völlig ausgeschlossen, dass er Nadia erdrosselt hat.«
Das ist Wahnsinn, Balistreri, kompletter Wahnsinn. Man sollte dich vom Dienst suspendieren.
Colajacono wurde blass und sprang auf. »Was erzählst du da?«, zischte er und kam auf ihn zu.
Balistreri wich zurück in Richtung Tür. Er war sicher, es mit ihm aufnehmen zu können, aber so weit war er nun auch wieder nicht regrediert. Eine Rauferei hier drinnen würde das Ende seiner Ermittlungstätigkeit bedeuten, und so beschränkte er sich auf einen verbalen Aufwärtshaken.
»Sie haben dich mit Tatò die Nachtschicht machen lassen, damit sie Nadia in Ruhe umbringen konnten und du für die Tatzeit kein Alibi hast, du armer Idiot.«
Die Wirkung war weit heftiger als die eines Aufwärtshakens. Auf dem Weg nach draußen warf er noch einen Blick auf Colajacono. Der lehnte leichenblass an der Wand und starrte ins Leere. Er hatte kapiert, dass das Spiel, auf das er sich eingelassen hatte, eine Nummer zu groß für ihn war.
Als Balistreri am späten Nachmittag ins Büro zurückkam, teilte Margherita ihm mit, dass Corvu ihn dringend sprechen müsse.
»Schick ihn gleich zu mir rein.« Er zeigte auf die Blume in dem Glas auf ihrem Schreibtisch und zwinkerte ihr zu. Sie errötete.
Corvu war aufgeregt wie ein Gymnasiast einen Tag vor der Abiturprüfung.
»Dottore, ich bin sicher, dass ich observiert wurde.«
Balistreri fluchte innerlich und hatte ein ungutes Gefühl. Allmählich packte ihn die Wut über seine allzu unternehmungslustigen Mitarbeiter.
»Bist du denn heute nicht im Büro geblieben?«
Corvu sah auf den Fußboden. Balistreri überkam eine üble Vorahnung. Von Piccolo hätte er nichts anderes erwartet. Aber Corvu?
»Zuerst habe ich alle Fakten analysiert, die uns zum Fund von Nadias Leiche vorliegen. Die Kollegen von der Spurensicherung habe ich um eine erste Einschätzung gebeten. Die organischen Spuren an der Leiche weisen wohl auf eine einzige DNA hin, und das ist zweifelsfrei die von Vasile.«
Da Balistreri schwieg, fuhr er fort.
»Dann habe ich die Alibis aller infrage kommenden Verdächtigen für die Zeit zwischen achtzehn und einundzwanzig Uhr des 24. Dezember kontrolliert.« Er reichte ihm eine Tabelle.
Balistreri warf einen Blick darauf und las die Anmerkung »Alibi lückenlos« neben den Namen von Greg, Mircea, Adrian und Giorgi und die Anmerkung »Alibi lückenhaft oder unklar« neben denen von Hagi, Colajacono, Tatò und Ajello. Der
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