Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
Vom Netzwerk:
beschäftigte, hatte eine Menge Konsequenzen, die er im Moment nicht diskutieren wollte. Also begnügte er sich mit einer Frage. »Warum hat er sich Tatò ausgesucht?«
    »Weil sein Alibi falsch ist und nur Tatò sein Spiel mitspielt«, antwortete Piccolo sofort.
    »Welches Alibi meinen Sie?«
    »Na ja, das Alibi, das Tatò ihm durch die gemeinsame Schicht liefert …«
    »Und wofür braucht er ein Alibi?«
    Piccolo sah in verwundert an. »Wofür? Na, für Nadias Entführung und Ermordung.«
    »Nein, das ist nicht haltbar. Sie haben doch selbst gesagt, dass Tatò ganz entspannt war, als er Ihnen davon erzählt hat. Nach Ihren eigenen Kriterien hat er also nicht gelogen.«
    Piccolo reagierte gereizt. »Aber wieso? Nehmen wir doch einmal an, Colajacono fährt um halb sieben, getarnt mit Sonnenbrille und Schirmmütze, mit der Giulia in die Via di Torricola.«
    »Genau da ist die These nicht haltbar.«
    Piccolo sah endlich, wo es hakte. »Scheiße, die Messe.«
    »Nun werden Sie bitte nicht blasphemisch«, tadelte Balistreri sie.
    »Er hätte auch gleich behaupten können, dass Colajacono zwischen sechs und sieben mit ihm in der Messe war, dann wäre das Alibi lückenlos«, murmelte Piccolo resigniert.
    Sie war vor allem auf sich selbst wütend. »Sie glauben also jeden Mist, den die beiden Schweine uns auftischen?«, schrie sie.
    Balistreri wartete, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Das Mädchen musste dringend lernen, sich zu beherrschen.
    Als sie sich gefangen hatte, sagte er: »Nein, ich glaube, dass sie beide lügen. Aber wir wissen nicht genau, in welcher Hinsicht. Also wissen wir auch nicht, warum.«
    Piccolo wirkte kleinlaut, als müsste sie noch etwas loswerden. Schweigend und mit finsterer Miene lief sie neben ihm her.
    Plötzlich fanden sie sich vor dem Kommissariat von Torre Spaccata wieder. »Haben Sie mich absichtlich hierhergeführt?«, fragte Balistreri überrascht.
    Piccolo sah ihm in die Augen. »Da ist noch etwas, Dottor Balistreri.«
    Jetzt machte sich Balistreri ernsthaft Sorgen. Aber die Realität war noch viel schlimmer.
    Entsetzt lauschte er der Schilderung der Heldentaten von Linda Nardi und Giulia Piccolo bei Marius-Travel und im Casilino 900. Eine dumpfe Wut stieg in ihm auf. Wut auf Piccolo, die immer ihren eigenen Kopf durchsetzen musste. Aber was sollte er tun? Ihr eine Ohrfeige verpassen? Er würde zwei dafür kassieren. Sie aus der Sondereinheit rauswerfen? Dann würde er eine hervorragende Mitarbeiterin verlieren. Außerdem war Giulia eine Kopie des jungen Mike Balistreri. Sollte er sich selbst verleugnen?
    Folglich richtete er seinen Zorn auf Linda Nardi, die Drahtzieherin, das Gehirn dahinter. Von wegen stille Wasser! Mit ihrem höflichen Getue konnte sie andere verarschen. Diese Frau war knallhart.
    Schlussendlich aber musste er sich mit einer gewissen Beschämung eingestehen, dass er den beiden Frauen längst nicht so böse war wie Colajacono – der es gewagt hatte, Linda Nardi so etwas anzutun.
    Diese Drecksau hätte sie nicht anrühren dürfen.
    Er schickte Piccolo weg und betrat das Kommissariat allein. Colajaconos Tür stand offen. Der Vicecommissario saß in seinem Büro, die Füße auf dem Schreibtisch und eine dicke, nicht angezündete Zigarre im Mund. Als er Balistreri im Türrahmen erblickte, machte er weder Anstalten aufzustehen noch ihm einen Stuhl anzubieten.
    Colajacono zeigte auf die Aktentürme auf seinem Tisch. »Sehen Sie sich das an, Balistreri. Hunderte von Anzeigen, denen ich nachgehen muss. Für Sie ist das alles lächerlicher Pipikram. Handtaschenraub, Diebstahl, Einbrüche, geklaute Autos. In neunzig Prozent der Fälle sind die Täter Ihre Freunde, die Roma.«
    Balistreri sagte nichts. Colajacono richtete sich auf seinem Stuhl auf. »Bitte, was wollen Sie? Aber damit das klar ist: Hier in meinem Büro lasse ich mich von niemandem verhören. Gehen Sie mir also nicht auf die Eier.«
    Er fühlt sich vollkommen sicher. Offensichtlich hat er eine Lösung für sein Problem mit Piccolo und Linda Nardi gefunden.
    Balistreri baute sich vor ihm auf. »Am Morgen des 24. Dezember muss sich irgendjemand ziemlich erschrocken haben. In einem Nachtclub war ein kleiner Gegenstand verschwunden, den offenbar Nadia hatte mitgehen lassen. Also hat dieser Jemand Sie gebeten, im Kommissariat zu bleiben und die Aufklärung von Nadias Verschwinden zu verzögern. Flugs wurden über Nadia irgendwelche Gerüchte wegen angeblicher Erpressung eines Politikers in die Welt gesetzt, zumal

Weitere Kostenlose Bücher