Du bist das Boese
letzte Name ließ ihn frösteln.
»Woher weißt du, was Ajello am frühen Abend des 24. gemacht hat?«, fragte er, um seine Angst zu vertreiben.
»Ich habe bei der ENT angerufen, und seine Sekretärin sagte, Avvocato Ajello komme erst heute Abend aus Monte Carlo zurück. Also habe ich behauptet, wir müssten aber dringend in den Büchern des Bella Blu nachprüfen, wann Camarà dort eingestellt worden sei. Sie hat Ajello telefonisch benachrichtigt, und er hat sein Okay gegeben.«
»Und dann bist du bei der ENT gewesen?«
Corvu starrte auf seine Schuhspitzen. »Zusammen mit Mastroianni«, wisperte er.
Balistreri klammerte sich so fest an die Armlehnen seines Stuhls, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Die Zigarette, die er sich unangezündet zwischen die Lippen gesteckt hatte, zerbröselte.
Zum Teufel mit Corvu. Und zum Teufel mit Mastroianni und seiner billigen Casanova-Masche.
Als er sich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte und auf das Schlimmste gefasst war, sagte er: »Dann möchte ich jetzt ganz genau wissen, was passiert ist.«
Corvu sprach zu seinen Schuhspitzen.
»Wir sind mit dem Bus zur ENT gefahren. Der Sekretärin von Ajello habe ich Mastroianni als unseren Buchhaltungsexperten vorgestellt. Sie hatte die Bücher des Bella Blu bereits in einem Besprechungszimmer vorbereitet und hat uns einen Tee angeboten. Mastroianni ist ein paarmal mit ihr raus, angeblich zum Kopieren. Dann hat er sie noch gebeten, ihm einige Abkürzungen zu entschlüsseln, und sie sind ein bisschen ins Plaudern geraten. Sein Interesse hat ihr wohl ziemlich geschmeichelt, jedenfalls war sie abgelenkt. Na, und da bin ich halt mal raus zur Toilette.«
»Der Terminkalender.«
Corvu nickte. »Am 24. hatte Ajello um sechzehn Uhr dreißig seinen letzten Termin im Büro. Danach war der Kalender leer bis neunzehn Uhr, wo eingetragen war: »Cocktail im Grand Hotel«.
Balistreri seufzte leise. Dann fügte er sich in sein Schicksal und hörte einfach weiter zu.
»Ich habe im Grand Hotel angerufen und mich mit dem Management verbinden lassen. Denen hab ich gesagt, dass ich von der Finanzpolizei sei und die Rechnungen einer Catering-Firma kontrolliere. Wir müssten in Erfahrung bringen, ob am frühen Abend des 24. eine Veranstaltung bei ihnen stattgefunden habe. Sie sagten, um sieben Uhr habe, wie jedes Jahr am 24. Dezember, ein Wohltätigkeitsverein einen kurzen Weihnachtsumtrunk veranstaltet, mit Spendensammlung für eine humanitäre Organisation. Es wird ein Leichtes sein nachzuprüfen, ob Ajello dort war und einen Scheck ausgestellt hat.«
»Verdammte Scheiße!«, brüllte Balistreri und sprang wutentbrannt auf.
Corvu wich zurück und schlug die Arme vors Gesicht, weil er Angst vor einer Ohrfeige hatte.
»Corvu, wag es nicht noch einmal, auch nur die kleinste Eigeninitiative zu ergreifen, wenn es um die ENT , das Bella Blu oder Ajello geht. Wenn du dich nicht daran hältst, schicke ich dich zurück auf deine schöne Insel. Da kannst du dann in den Bergen die Ziegen zählen. Haben wir uns verstanden?«
»Ja, Dottore«, stotterte Corvu geknickt.
»Und jetzt erzähl mir von der Beschattung«, befahl Balistreri.
»Das war im Bus, auf der Rückfahrt. Ich hab ihn nur bemerkt, weil er als Einziger mit uns eingestiegen ist. Auf der Hinfahrt ist er mir nicht aufgefallen, jedenfalls war es derselbe Typ wie neulich.«
Abend
Keine Minute durften sie jetzt verlieren. Die Aktionen von Piccolo und Corvu und sein eigenes Gespräch mit Colajacono hatten eine Zeitbombe gezündet. Er rief Coppola und Mastroianni zu sich.
»Ihr dürft Colajacono keinen Moment aus den Augen lassen. Wechselt euch ab und passt auf, dass er nichts mitbekommt. Los, bewegt euch.«
»Ich wollte noch kurz sagen, dass ich Fred Cabot bislang nicht erreichen konnte. Aber ich habe noch mal mit Carmen gesprochen, und da ist was Komisches bei rausgekommen …«, wagte sich der Zwerg vor.
»Das ist mir jetzt scheißegal, Coppola. Einer von euch muss vor der Dienststelle stehen, wenn Colajacono da rauskommt. Es ist gleich acht.«
Mastroianni hob die Hand wie ein Grundschüler. »Die erste Schicht muss Coppola übernehmen. Ich muss um Mitternacht Ramona Iordanescu vom Flughafen abholen und in die Kaserne bringen, in der sie übernachtet. Aus Sicherheitsgründen, wissen Sie …«
»Aber ich wollte zum Basketballturnier meines Sohns. Heute Abend ist das Endspiel«, protestierte der Zwerg.
Balistreri sah ihn scharf an. »Es wird nicht das letzte Endspiel sein,
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