Du bist das Boese
identifiziert?«, fragte Ajello und zündete sich eine Zigarette an.
»Möchten Sie in Anwesenheit Ihres Sohnes reden?«, fragte Balistreri.
»Warum nicht. Fabio ist erwachsen, und wir haben keine Geheimnisse voreinander.«
»Gut. Reden wir über Ornella Corona.«
Ajello schüttelte bestürzt den Kopf. Fabio blickte von seinem Palm auf und sah Balistreri zum ersten Mal an. In seinen Augen lag die ganze Verachtung, die ein Jugendlicher für einen Erwachsenen hegen konnte, der so gar nicht seinen Idealen entsprach: ein erbärmlicher Staatsdiener, schlecht gekleidet und ungepflegt.
»Wir leben schon in einem komischen Land«, sagte Ajello. »Verbrecher, die Frauen vergewaltigen und töten, lassen wir frei herumlaufen, und …«
»Ich würde gern von Ihnen wissen, wann Sie Signora Corona das letzte Mal gesehen haben«, schnitt Balistreri ihm das Wort ab, genervt von der alten Leier.
Ajellos Lächeln verschwand. Er betrachtete seine langen, braun gebrannten, frisch manikürten Hände, als hätte er einen kleinen Makel entdeckt.
»Inwiefern soll Ihnen das denn bei Ihren Ermittlungen weiterhelfen?«, fragte er ironisch.
»Insofern es uns hilft, möglichst genau einzukreisen, wo Signora Corona sich an dem Abend, an dem sie getötet wurde, aufgehalten hat. Wir wissen sicher, dass sie bis Sonnenuntergang am Strand war. Dann ist sie allein von dort fort und hat sich, wie wir vermuten, direkt nach Hause begeben. Wir haben einen Teller mit Salatresten und ein benutztes Weinglas gefunden. Vor ihrer Ermordung, gegen Mitternacht …«
Ajello unterbrach ihn mit einer Geste. »Fabio«, sagte er zu seinem Sohn. »Hast du Lust, mal im Shop nachzusehen, ob die neuen Taschen gekommen sind?«
Der blonde Muskelberg erhob sich. Balistreri spürte seinen Blick, halb drohend, halb spöttisch.
»Bitte, fahren Sie doch fort«, sagte Ajello freundlich.
»Vor ihrer Ermordung hatte sie einvernehmlichen Sex«, brachte Balistreri seinen Satz zu Ende.
»Möchten Sie wissen, ob sie mit mir Sex hatte? Ich verstehe immer noch nicht, wie Ihnen das …«
»Wenn Sie dort waren, könnten Sie etwas gesehen oder gehört haben.«
»Oder sie umgebracht haben.«
»Das hängt ganz von Ihrem Alibi ab.«
»Um diese Zeit werde ich bereits im Auto gesessen haben, auf dem Weg ins Bella Blu. Ich bin gegen Mitternacht dort angekommen, glaube ich.«
»Das ist leider kein richtiges Alibi, es sei denn, Sie wären direkt von zu Hause aus losgefahren. Wie Sie allerdings wissen, zählt die Zeugenaussage von Familienangehörigen nicht viel.«
»Ich kam nicht von zu Hause«, sagte Ajello ganz ruhig. »Ich kam aus Ostia, von Ornella Corona.«
Corvu und Balistreri sahen sich an.
»Natürlich war Ornella noch am Leben, als ich mich auf den Weg gemacht habe«, fügte Ajello hinzu. »Das war gegen halb zwölf.«
»Und haben Sie in der Nähe ihrer Villa jemanden gesehen, als Sie aufbrachen?«, fragte Corvu.
»Ganz sicher nicht«, antwortete Ajello sofort.
»Denken Sie noch einmal gründlich nach«, insistierte Balistreri.
Ein zarter Schatten auf dem makellosen Gesicht des Avvocato. »Gesehen habe ich niemanden. Aber ich hatte das Verdeck offen und habe eine Stimme gehört. Irgendjemand telefonierte sehr laut mit dem Handy. Auf Rumänisch, glaube ich.«
»Würden Sie Marius Hagis Stimme erkennen?«, erkundigte sich Balistreri obenhin.
Längere Pause. Ajello nahm sich Zeit, zündete sich eine Zigarette an und warf Balistreri dann einen schiefen Blick zu.
»Den Namen kenne ich irgendwoher«, murmelte er unschlüssig. »Ich kann ihn aber gerade nicht unterbringen …«
»Der Mann von Alina Hagi, der besten Freundin von Anna Rossi«, sagte Corvu.
Balistreri dachte, dass Ajello einen hervorragenden Pokerspieler abgeben würde, wenn auch keinen so erstklassigen wie Angelo Dioguardi. Irgendetwas überschattete seine Miene. Angst, Wut, Schuld. Schwer zu sagen.
»Anna Rossi«, sagte er mit einem Lächeln, als er sich wieder gefasst hatte. »Meine Güte, das ist so viele Jahre her. An Alina Hagi erinnere ich mich noch gut. Aber an ihren Mann, diesen Mario …«
»Marius«, korrigierte Corvu, der ihn nervös machen wollte.
»Marius Hagi. Ja, den habe ich wohl zwei-, dreimal gesehen, aber ich kann mich nicht an ihn erinnern. Und danach bin ich ihm nie wieder begegnet. Den Kreis um die Gemeinde von San Valente habe ich nach der Universität nicht mehr frequentiert, weil ich dann für jemand anderen gearbeitet habe, für …«
»Conte Tommaso dei Banchi di
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