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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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überprüfen.
    Wenn sie einige dieser Namen gesehen hätten, wären Pasquali und Floris vor Schreck erstarrt und hätten protestiert. Aber Balistreri hatte nicht die geringste Absicht, sie um Erlaubnis zu bitten.
    Abend
    Nach dem langen Arbeitstag bot Corvu ihm an, ihn zu Hause abzusetzen.
    »Sie sind müde, Dottore, und es ist spät. Morgen wird ein anstrengender Tag. Das Verhör der Roma, Hagis Verhaftung.«
    »Keine Sorge, Corvu. Ein kurzer Spaziergang tut mir ganz gut.«
    Anstatt sich auf den Heimweg zu machen, steuerte er wieder das vom Trubel und Lärm der jungen Leute bevölkerte Tiberufer an. Er hatte kein bestimmtes Ziel, jedenfalls war es ihm nicht bewusst. Er rauchte eine Zigarette nach der anderen und schleppte sich durch die drückende, schwüle Hitze.
    Seine Gedanken trieben seine Schritte über den Fluss, den er nicht hätte überqueren sollen, und dann in die Straße, in der Linda Nardi wohnte. Das Schicksal entschied für ihn. Wenige Sekunden mehr oder weniger hätten alles geändert. Aber das Schicksal wollte es, dass er genau in dem Moment um die Ecke bog, als Linda Nardi ihr Haus betrat, begleitet von Angelo Dioguardi, der den Arm um sie gelegt hatte.
    Er wollte versuchen, im Büro zu schlafen, wo er die Klimaanlage einschalten konnte. Als er um Mitternacht eintraf, liefen nur wenige Beamte im Gebäude herum. Auf seiner Etage war niemand. Das Glas mit der inzwischen völlig verwelkten Blume stand immer noch auf Margheritas Schreibtisch. Nun wusste er, dass diese Blume von Anfang an keine Chance gehabt hatte.
    Er zog Jackett und Schuhe aus. Er schaltete alle Lampen aus und drehte die Klimaanlage auf die höchste Stufe. Er schenkte sich einen Whisky ein und zündete sich eine Zigarette an. Er ging zur Toilette. Er spülte all seine Medikamente fort: erst die Magentabletten, dann die Antidepressiva.
    Jetzt, da er so manche Antwort kannte, war er ruhiger. Angelo und Linda. Zwei große Kinder. Rücksichtslos wie nur Kinder es sein konnten. Mit der geschickten Heuchelei, zu der nur Erwachsene fähig waren. Verräter wie die anderen beiden, vor sechsunddreißig Jahren.

Freitag, 21. Juli 2006
    Vormittag
    Das Handy mit der Geheimnummer klingelte um sieben, als Pasquali sich fertig machte, um in die Messe und von dort ins Büro zu gehen. An diesem Morgen war er weniger gewissenhaft als sonst. Ein kleiner Schnitt beim Rasieren, der Scheitel ungenau.
    Die gewohnte Stimme. »Es ist alles vorbereitet. Heute Morgen bereiten wir der Sache ein Ende.«
    Er versuchte, Haltung anzunehmen. »Für zehn Uhr habe ich ihm einen Termin gemacht, er wird uns also nicht in die Quere kommen.«
    »Bravo. Erledigen Sie das persönlich, ohne jede Einmischung.«
    »Die Person muss bewaffnet sein. Und sich der Verhaftung widersetzen.«
    Pasquali hätte es nie für möglich gehalten, dass er eines Tages auf jemanden würde schießen müssen, auch nicht auf einen mehrfachen Mörder. Wenn er allerdings auf einen bewaffneten mehrfachen Mörder schoss, war das mehr als gerechtfertigt. Er wagte es nicht, zum Kruzifix aufzuschauen, als er diesen Gedanken formulierte.
    »Selbstverständlich. Sie werden ein Nationalheld sein, ein Star.« Eine Mischung aus Ironie und Spott.
    »Diese Angelegenheit ist über alle Absprachen hinausgegangen, darüber werden wir noch reden müssen.« Mehr als diesen zaghaften Widerstand ließ seine Angst nicht zu.
    »Gewiss. Unser Freund residiert in der Suite Nummer 27. Und machen Sie sich nicht die Schuhe schmutzig.«
    Eine letzte Verhöhnung seiner kompromittierten Würde. An diesem Tag wagte er es nicht, zur Kommunion zu gehen.
    Pünktlich um zehn kamen sie an. Er ließ sich von Piccolo begleiten, damit er sie besser im Blick hatte, da sie immer noch ziemlich überdreht war. Die drei Roma hatte man ins Gefängnis Regina Coeli gebracht, nicht weit von Trastevere.
    Am Eingang gaben sie ihre Pistolen und Handys ab und wurden in einen Raum begleitet, wo die drei sie samt Dolmetscher und Anwalt erwarteten. Sie waren zwischen achtzehn und einundzwanzig Jahre alt, wirkten aber viel älter, als Balistreri sie in Erinnerung hatte.
    Piccolo fing ganz vorne an. Wann sie nach Italien gekommen seien. Jobs, Gaunereien. Wie sie sich kennengelernt hätten. Die jungen Männer antworteten einsilbig, große Mühe gaben sie sich nicht. Als sie zum Abend des Verbrechens kamen, wurden Piccolos Fragen konkreter. Wer von ihnen war von diesem vierten Mann angesprochen worden? Beschreibung. Mittelgroß, lange, schwarze, glatte Haare.

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