Du bist das Boese
ich im Rahmen meiner Aufnahme in den Geheimdienst vorgestellt wurde.
»Ich habe bereits veranlasst, dass die Anzeige rausgeht, Teodori«, gab ich bekannt. Den Doktor vor seinem Namen sparte ich mir, so wie er es bei mir getan hatte. Dann sah ich zu Cardinale Alessandrini hinüber. »Aber anscheinend hält die göttliche Gerechtigkeit das für unzureichend.«
Teodoris Gesicht ging in Flammen auf, das von Alessandrini öffnete sich zu einem Lächeln.
Die wahre Macht versteckt sich hinter einer freundlichen Maske.
»Entschuldigen Sie bitte, Sie nehmen mir das hoffentlich nicht übel, Dottor Balistreri.« Ich hatte den Eindruck, dass er vor allem wegen Teodori den Doktortitel benutzte. »Natürlich gibt es in diesen Angelegenheiten feste Regeln, an die Sie sich völlig zu Recht gehalten haben. Allerdings gelten diese Regeln nur für Standardsituationen, und für eine solche halte ich den vorliegenden Fall keineswegs.«
Und zweifelsohne zählte sein Urteil mehr als das meine. Das sagte er zwar nicht, aber das war auch nicht nötig. Schon Teodoris Anwesenheit war der offenkundige Beweis.
»Cardinale Alessandrini, der Signorina Sordi und ihre Familie kennt, hält ein so langes freiwilliges Fortbleiben für äußerst unwahrscheinlich«, erklärte Teodori. Als wäre ich ein dummes Kind und hätte das nicht längst kapiert.
Ich beschloss, Teodori in keiner Weise unter die Arme zu greifen. Sollte er uns doch verraten, was er nun zu tun gedachte.
Kleinlaut wandte er sich an Cardinale Alessandrini. »Selbstverständlich hat Dottor Balistreri das offizielle Prozedere befolgt, Eminenz.« Ich bemerkte ein leichtes Zittern in seinen schwitzigen Händen. Im Zimmer herrschte eine Affenhitze, obwohl irgendwer das Fenster geöffnet und die Rollläden heruntergelassen hatte. Elisas Blume stand immer noch auf dem Fensterbrett.
»Jedenfalls übernimmt jetzt die Squadra mobile die Ermittlungen. Reine Präventivmaßnahme. Das zuständige Kommissariat und die Polizei werden weitere Nachforschungen anstellen, aber ich habe schon veranlasst, sie zu intensivieren«, erklärte Teodori dem Kardinal.
Capuzzo starrte auf den Fußboden. Das stimmte nicht, da gab es nichts zu intensivieren. Was Teodori dem Kardinal zu verkaufen versuchte, existierte schlichtweg nicht.
Der Kardinal las meine Gedanken. »In welcher Weise werden sie denn intensiviert, Dottor Teodori?«
Der Dicke wurde bleich und sah mich Hilfe suchend an. Ohne mich. Sollte der alte Sesselpupser doch in seiner Scheiße ertrinken.
»Wir werden unsere Aktivitäten auf die Grenzpolizei und Interpol ausdehnen«, sagte er schließlich.
Er log, und er wusste, dass er log. Vielleicht konnte er den Vorgang beschleunigen, indem er die Kollegen an den italienischen Grenzen informierte. Aber Interpol auf die Nerven zu gehen wegen einer volljährigen jungen Frau, die gerade einmal vierundzwanzig Stunden verschwunden war, ohne den geringsten Hinweis auf eine Entführung oder ein Gewaltverbrechen …
Alessandrini hatte Mitleid mit ihm und erhob sich. »In Ordnung, Dottor Teodori. Richten Sie dem Chef der Squadra mobile aus, dass wir ihm jetzt schon für alles danken.«
Wir. Wer sollte das sein? Er und Elisas Eltern? Oder die Würdenträger des Vatikan, die den Innenminister kontaktiert hatten? Der Papst?
Jemand klopfte an die Tür. Padre Paul schaute herein, noch jünger und verlorener als sonst. »Eminenz, ich jetzt gehen nach San Valente, wenn nicht helfen Ihnen …« Große Fortschritte, Verben im Infinitiv, der Yankee wurde immer besser.
»Warten Sie unten auf mich, Padre Paul. Ich habe vorher noch etwas mit Ihnen zu besprechen«, befahl Alessandrini trocken. Ich hatte das Gefühl, dass das, was er zu sagen hatte, nicht angenehm für Padre Paul sein würde. Dessen Blick wanderte nun durchs Zimmer, fiel auf Elisas Schreibtisch und verweilte dort einen Moment. Dann verließ er, gefolgt von Alessandrini, den Raum.
»Das ist eine Katastrophe, Balistreri.« Teodori schwitzte wie ein Schwein, während er sich seine Pfeife stopfte und Elisa Sordis Schreibtisch mit Tabak vollkrümelte. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass dieses Treffen und unsere spontane Untersuchung am Abend zuvor jede erkennungsdienstliche Behandlung erübrigen würde. Falls sie sich denn als nötig erweisen sollte.
Capuzzo sah mich ängstlich an. Er wusste, was ich über Pfeife rauchende Ermittler dachte. Alles billige Maigret-Imitationen. Doch ich hielt mich lieber zurück, denn mein Fehlen im Büro konnte mir noch
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