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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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sogar ins Ausland. Wahrscheinlich wollte er sich selber Mut zusprechen.
    Ich versuchte, die Angelegenheit zu verdrängen, und verscheuchte den Gedanken daran wie ein lästiges Insekt. Angelo hatte ich seither weder gesprochen noch gesehen. Ich verkroch mich im Kommissariat und in meiner Einzimmerwohnung in Garbatella, gelegentlich auch mit einer Frau, die ich zuvor in Trastevere in einer Bar oder Kneipe aufgerissen hatte. Ich rauchte mehr, trank mehr und vögelte mehr. Vor allem aber vermied ich es, allein zu sein. Als ob mich das vor Elisa Sordi schützen könnte.
    Am Freitagmorgen rief Teodori mich an. Ein Stadtstreicher, der kurz hinter dem Ponte Milvio im Kiesbett des Tiber geschlafen hatte, hatte am Ufer eine Frauenleiche entdeckt. Capuzzo und ich machten uns eilig auf den Weg. Als könnten wir die Zeit aufholen, die wir vergeudet hatten, als wir sie noch hätten nutzen können.
    Im Kiesbett, das wegen der sommerlichen Dürre ausgetrocknet war, umringte eine Gruppe von Polizisten die Leiche. Die junge Frau war nackt. Der von Insekten bedeckte Körper befand sich im Zustand fortgeschrittener Verwesung. Er war übersät mit Wunden, die von Ratten und von den Sträuchern am Fluss herrührten, aber eindeutig auch von Messerstichen und Verbrennungen durch Zigaretten. Elisa Sordis Gesicht war von Fausthieben entstellt. Dennoch wusste ich, dass sie es war. Die schönen Haare, die Figur, die Hautfarbe. Ich hatte schon einige Tote gesehen, und manche waren auch durch meine Hand gestorben, aber immer waren es brutale, gefährliche Männer gewesen, deren Ableben für alle das Beste war. Dieser Tod war neu für mich, er verließ den altbekannten Kreislauf der Gewalt.
    Teodori stand stumpfsinnig und kreidebleich neben der Leiche und schwitzte wie ein Kranker in seinem lächerlichen Anzug. Seine Hände zitterten, seine Krawatte hatte er gelockert. Capuzzo hielt sich den Bauch und atmete mit weit aufgerissenem Mund tief ein. Irgendjemand musste die Situation in die Hand nehmen, und so schickte ich Capuzzo weg, bevor er sich übergeben würde. Der Rechtsmediziner beugte sich über den Körper des Mädchens.
    Ich trat zu Teodori. »Die müssen alle hier weg, bis die Spurensicherung …«
    »Sicher, sicher!« Er rappelte sich auf, gab ein paar Anordnungen, und wir blieben mit dem Rechtsmediziner allein.
    »Ist das Elisa Sordi?«, fragte Teodori. Als wäre sie eine Angehörige von mir und ich gekommen, um sie zu identifizieren.
    Ich nickte, dann ging ich eine rauchen. Am Straßenrand oberhalb der Uferböschung drängelten sich die üblichen Schaulustigen, genossen mit gerecktem Hals das Spektakel und leckten träge an ihrem Eis. Ich befahl Capuzzo und zwei Beamten, sie fortzujagen. Nach meiner Zigarette ging ich zurück zu Teodori, der mit dem Rechtsmediziner sprach.
    »Sie ist schon ein paar Tage tot. Neben Rattenbissen weist die Leiche die unterschiedlichsten Spuren von Gewalteinwirkung auf. Man muss davon ausgehen, dass es eine lange und qualvolle Tortur war. Es sei denn, der Tod trat bereits vor den Schlägen und Verbrennungen ein, aber das wird erst die Obduktion zeigen.«
    Teodori schien in Gedanken. »Todesursache?«, fragte ich.
    Der Rechtsmediziner schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie ertrunken ist. Sie war wohl bereits tot, als sie in den Fluss geworfen wurde. Herzstillstand oder Tod durch Ersticken, wir werden sehen. Jedenfalls ist sie seit einigen Tagen tot, vielleicht schon seit Sonntag.«
    Ich betrachtete den entstellten jungen Körper mit anderen Augen. Der Sommer des Jahres 1970 kam mir in den Sinn. Damals, vor zwölf Jahren, war ich aufs Meer geflüchtet vor dem, was ich dem Meer überlassen hatte. Fehler, die ich nicht Sünden nennen mochte, wie die Christen es tun. Eine lähmende Kette von Schuld, Reue und Sühne. Das weiße Blut der Seele. Unheilbare Wunden.
    Als ich auf die Wache kam, saßen die Sordis dort auf der Bank, Eltern, die ihr Leben lang trauern würden. Ein Freund hatte sie informiert, nachdem er im Radio von dem Leichenfund gehört hatte. Diese wunderbare Welt der Livenachrichten verdankten wir der Flut von Privatsendern, die immer auf der Jagd nach Sensationen waren, und die wurden nur von schlechten Nachrichten garantiert. Niemand beachtete die beiden armen Teufel. Polizeibeamte und Bürger liefen an ihnen vorbei, beschäftigt mit ganz banalen Dingen. Aus einer geöffneten Bürotür drang das Lachen eines Angestellten, der sich aufs Wochenende freute.
    Wie zwei artige Schüler

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