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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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genug Ärger bescheren. Zum Glück hatten Angelo und der treue Capuzzo mich gedeckt.
    »Eine Katastrophe? Wie meinen Sie das, Dottor Teodori?«
    »Wir befinden uns schließlich nicht in einem ganz gewöhnlichen Umfeld«, erwiderte er gereizt, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, dass sich der Aufwand der Ermittlungen nach dem Status der involvierten Personen richtete. Er hatte die gelblichen Augen eines Leberkranken und das fleckige Gesicht eines Herzkranken. Wie mich das anekelte, er und all das, was er repräsentierte.
    »Wegen Cardinale Alessandrini?«, fragte ich naiv.
    Teodori ließ seine schwitzige schwere Hand auf Elisas Schreibtisch fallen und brachte ein paar Papiere durcheinander. »Nicht nur. In der anderen Villa wohnt jemand, der noch weit wichtiger ist als der Kardinal. Conte Tommaso dei Banchi di Aglieno, Senator und Vorsitzender des Partito monarchico italiano.«
    »Dem bin ich gestern Nachmittag begegnet, und gegen Viertel nach sechs habe ich ihn dann fortgehen sehen«, sagte ich treuherzig.
    »Ich weiß, und ich kann Ihnen auch sagen, wo er hingegangen ist: zu einem Treffen mit dem Innenminister«, erklärte Teodori und schüttelte besorgt den Kopf, um zu unterstreichen, von welchem Kaliber dieser Conte sein musste, wenn er am Sonntagnachmittag den mächtigen christdemokratischen Minister traf.
    »Aber er war doch in Begleitung seiner Frau«, bemerkte ich.
    »Er wird sie irgendwo abgesetzt haben. Ist Ihnen eigentlich klar, mit wem wir es zu tun haben?«
    Ich ahnte es, dennoch fühlte sich Teodori verpflichtet, es noch einmal ausführlich darzulegen. Eine altehrwürdige Familie, deren Wurzeln ins italienische Mittelalter zurückreichten. Etliche Schlösser und Anwesen nannte sie ihr eigen. Der Onkel des Conte Tommaso hatte an der Seite der Faschisten für die Franquisten gekämpft und war nach dem Krieg nach Afrika geflohen, wo er große Reichtümer und Ländereien angehäuft hatte. Sein Vater wiederum hatte in der Zehnten Division der M.A.S. gedient, einer Spezialeinheit der Kriegsmarine. Als die Allianz von Mussolini und dem Königshaus von Savoyen zerbrach, blieb er Letzterem treu. Nach dem Krieg kämpfte er für die Wiedereinführung der Monarchie, was am Volksentscheid von 1946 scheiterte, und jagte sich angesichts dieser Schande eine Kugel in die Stirn. Der damals vierzehnjährige Conte Tommaso machte es sich zur Aufgabe, Italien die Monarchie zurückzubringen.
    Elisa Sordi hingegen war eine hübsche junge Frau aus einem römischen Arbeiterviertel, die versehentlich in diesem paradiesischen Anwesen gelandet war. Mit jungen Männern und einflussreichen Erwachsenen ringsum.
    »Capuzzo, Sie haben ja sicher nachgeprüft, ob …«
    »Alles, Dottor Balistreri, alles. Obwohl in der ganzen Stadt bis in die Morgenstunden gefeiert wurde, gab es keinen einzigen Todesfall. Nur ein paar Unfälle mit Feuerwerkskörpern und ein paar Jungs, die vom Autodach gestürzt sind, aber nichts Schlimmes.«
    »Wir können nichts tun als warten«, sagte Teodori.
    »Und die Kollegen an den Grenzen und bei Interpol alarmieren«, setzte ich sarkastisch hinzu.
    Teodori sah mich mit seinen gelben Augen an. Sicher fragte er sich, ob ich vor allem dumm oder hauptsächlich arrogant war. »Natürlich«, sagte er schließlich. »Jedenfalls wollen wir hoffen, dass das hübsche Kind nur mit irgendwem die Nacht durchgemacht hat und sich jetzt ausschläft.«
    Geistliche und Aristokraten. Mussolini misstraute allen beiden. Er versteckte seinen tiefen Argwohn und hofierte sie, um sie sich warm zu halten. Ich war ganz seiner Meinung. Nur würde ich mich am Ende nicht so verarschen lassen wie er.
    Teodori und ich kamen überein, am nächsten Morgen zu telefonieren. Als ich nach Angelo suchte, sagte mir einer seiner Mitarbeiter, dass er schon gegangen sei. Ich rief bei Paola an. Cristiana ging an den Apparat.
    «Die beiden sind nicht da. Paola hatte Karten für Aida in den Caracalla-Thermen. Kommst du mich abholen, Michele?«
    Ich erfand eine Ausrede. Inzwischen wusste ich fast alles über sie und wollte nicht riskieren, dass sie am Ende noch ihren Verlobten sitzen ließ. Mir war danach, in irgendeiner Bar etwas zu trinken und irgendeine Frau aufzureißen, weit weg von all diesem Luxus, von den illustren Persönlichkeiten, von Elisa Sordi.

Freitag, 16. Juli 1982
    Einige Tage vergingen ohne einen Hinweis oder eine Spur. Teodori, mit dem ich jeden Tag telefonierte, redete ständig von einer möglichen »Liebesflucht«, vielleicht

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