Du bist das Boese
spuckte auf die Erde. »In diesem Land gibt’s nur Schwule und Schlampen.«
Zwei Autos ohne Kennzeichen rollten leise heran. Ihnen entstiegen Piccolo und vier Beamte in Zivil. Sie sahen selber aus wie Verbrecher. Balistreri gab ihnen ein Zeichen, und sie verschwanden in der Kneipe.
Auch die beiden Rumänen gingen hinein. Balistreri folgte ihnen mit Rudi und schloss die Bar ab.
»Was soll die Scheiße, du alte Schwuchtel …«, begann der Stämmigere. Piccolo zeigte ihren Dienstausweis, und die vier Beamten sorgten dafür, dass ihre Pistolen gut sichtbar waren.
»Hände hoch«, drohte Piccolo. Sie filzten die Männer. Beide hatten ein Klappmesser dabei. Gut gelaufen.
Piccolo nahm sie fest und informierte sie über ihre Rechte. Sie bekamen Handschellen angelegt, Rudi als Erster.
Dann holten sie den tobenden Greg raus. Er hatte ein Tütchen Kokain in der Tasche. Als er sich an dem Beamten, der ihn durchsuchte, vergreifen wollte, versetzte Piccolo ihm einen Faustschlag in den Solarplexus, und er ging japsend in die Knie. Ein einziger perfekter Schlag, der keine Spuren hinterließ. Während Greg noch um sich schlug, legten sie auch ihm Handschellen an. Balistreri warf Piccolo einen mahnenden Blick zu.
Sie ist genauso wie ich früher. Ich muss ihr beibringen, ein bisschen vorsichtiger zu sein.
Piccolo hatte bereits weitere Streifenwagen aus den umliegenden Wachen angefordert. Außer Rudi wurden alle ins Polizeipräsidium geschickt. Balistreri wandte sich an den Jungen: »Wer ist jetzt in dem Zimmer von Nadia und Ramona?«
»Niemand. Aber ich hab einen Schlüssel. Ich mache immer sauber.«
Balistreri warf Piccolo einen Blick zu. Sie bewegten sich hart an der Grenze.
»Vielleicht ist ja sogar offen«, überlegte Piccolo. »Was meinst du, Rudi?«
Der Junge war sehr clever. »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Ich glaube, es ist offen.«
»Okay, Dottoressa, Sie gehen mit ihm nach oben und sehen sich um. Und dann kommen Sie beide nach.«
»Ich rufe Corvu an, damit er den Staatsanwalt benachrichtigt. Wegen der Festnahmen«, schlug sie vor.
Balistreri nickte. »Gut. Und denken Sie dran: Die Müllabfuhr streikt.«
Giulia Piccolo war der junge Mann gleich sympathisch gewesen. Er war so freundlich und wehrlos. Und sie überraschte sich bei dem Gedanken, dass er auch sehr gut aussah.
Als sie die Bar verließen, um nebenan ins Haus zu gehen, ließ sie ihm die Handschellen an und stieß ihn ziemlich brutal vor sich her.
Für den Fall, dass diese Arschlöcher uns beobachten.
Sie schlossen mit Rudis Schlüssel auf. Die Wohnung bestand aus drei Zimmern mit jeweils zwei Einzelbetten aus rostigem Stahl. Küche, Bad, kein Wohnzimmer. Spärliche Möblierung, Ramsch vom Sperrmüll. Im ersten Zimmer, das Mircea und Greg gehörte, gab es einen Fernseher mit DVD -Player. Im mittleren Zimmer wohnte Rudi, und gelegentlich auch Gäste. Im hinteren Teil der Wohnung teilten sich Nadia und Ramona einen Abstellraum, der in einen mit Alu- und Kunststoffblechen verkleideten Balkon überging, eine Konstruktion, die nicht legal, aber in halb Rom verbreitet war. Zwei klapprige Pritschen, eine alte Kommode, kein Schrank. Die Wände waren übersät von feuchten Flecken. Im fensterlosen Bad gab es eine Toilettenschüssel ohne Deckel, ein Waschbecken, ein Bidet und eine heruntergekommene Dusche. Überall stank es nach Kippen und Ammoniak.
Sie gingen in das Zimmer der Mädchen. Rudi war jetzt wieder ganz aufgeregt.
»Danke für die Handschellen und das Schubsen unten vor dem Haus, Signora.«
»Nenn mich nicht Signora.«
»Dottoressa?«, fragte er unsicher.
Dieser verdammte Balistreri!
»Ich bin Vicecommissario«, stellte Piccolo klar.
Beide Betten waren ordentlich gemacht. Bei dem einen war das Bettzeug sauber, bei dem anderen nicht. »Welches ist das Bett von Nadia?«
Er zeigte auf das saubere. »Mircea hat gesagt, ich soll es frisch beziehen.«
»Wann hat er das gesagt?«
»Am 25., gegen sechs Uhr abends, als Ramona arbeiten war. Ich war unten in der Kneipe, und er sagte, ich soll hochgehen und alles in Ordnung bringen.«
»Was meinte er mit ›in Ordnung bringen‹?«
Rudi zwirbelte an einer Haarsträhne herum, er fühlte sich nicht wohl in diesem Zimmer. »Na ja, hier war ein Riesenchaos, alles durcheinander. Nadias Klamotten sowieso, wie immer, aber auch die von Ramona, und die ist sonst echt ordentlich. Alles lag auf dem Boden verstreut. Nadia ließ immer alles herumliegen, und ich habe es dann eingesammelt, aber so schlimm
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