Du bist in meinen Traeumen
sagte Samantha, als sie dann im Wohnzimmer Tee tranken.
“Wozu hat man schließlich eine Familie?”
“Ja, sicher. Die Sache ist die … es ist schwer zu erklären, aber ich bin momentan solchen Stimmungsschwankungen
unterworfen.” Samantha suchte nach Worten, um die verworrenen und schwer verständlichen Gefühle zu erklären, mit denen sie in letzter Zeit zu kämpfen hatte.
“Ich bin so unbeherrscht und anderen gegenüber ungeduldig, was sonst gar nicht meine Art ist. Und ich rege mich über Nichtigkeiten auf und nehme alles so schwer, ganz zu schweigen davon, dass ich wegen jeder Kleinigkeit zu heulen anfange. Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt noch normal bin?”
Edwina lachte und schenkte ihnen beiden Tee nach. “Ich fürchte, das kommt mir nur allzu bekannt vor, Sam.”
“Du meinst, es hängt mit der Schwangerschaft zusammen?”
“Natürlich, du Dummerchen!”, bestätigte Edwina.
“Selbstverständlich verläuft jede Schwangerschaft anders. Aber ich bin sicher, es wird dir bald besser gehen, sobald du und das Baby euch aneinander gewöhnt habt. In vielem ist die Schwangerschaft sogar recht angenehm”, fuhr Edwina fort und lächelte selbstironisch. “Beispielsweise habe ich es genossen, nicht mehr auf mein Gewicht achten zu müssen. Nur habe ich dann gleich für drei gegessen, was meiner Taille schlecht bekommen ist.”
“Ach herrje!”, stöhnte Samantha. “Daran habe ich noch gar nicht gedacht, aber ich erinnere mich noch, dass du kurz vor Rosies Geburt wie ein Koloss herumgestampft bist. Dann wird mir ja bald nichts mehr passen.” Voller Entsetzen musterte sie ihren flachen Bauch.
“Kein Grund zur Panik!”, beruhigte Edwina sie. “Es dauert noch eine Weile, bis du größere Veränderungen am Körper bemerkst. Außerdem bist du größer und schlanker als ich, und man wird dir die Schwangerschaft nicht vor dem sechsten oder gar siebten Monat ansehen.”
“Hoffentlich nicht!”
“Abgesehen davon kannst du dir bei deinem Gehalt die elegantesten Umstandskleider leisten. Es gibt da ganz schicke Sachen, speziell auch für werdende Mütter im Büro.”
Es folgte ein längeres Schweigen, ehe Samantha schließlich fragte: “Dann meinst du also auch, ich sollte Matt nichts sagen, um meinen Job behalten zu können?”
Edwina zuckte hilflos die Schultern. “Ehrlich gesagt, Sam, ich weiß nicht, wozu ich dir raten soll. Ich war immer der festen Überzeugung, ein Kind brauche unbedingt beide Elternteile.
Außerdem haben es allein erziehende Mütter wirklich sehr schwer, das darfst du mir glauben. Falls du jedoch andererseits tatsächlich deinen Job aufgeben musst, wenn du Matt von deiner Schwangerschaft erzählst, dann weiß ich beim besten Willen nicht, was ich an deiner Stelle tun würde.”
Nachdem Samantha sich das gestrige Gespräch mit ihrer Schwester noch einmal durch den Kopf hatte gehen lassen, fand sie es jetzt immerhin tröstlich, dass selbst eine so praktische und lebenserfahrene Frau wie Edwina nicht wusste, wie sie sich in einer solchen Situation entscheiden würde.
Vielleicht sollte ich erst einmal abwarten, dachte sie, als der Fahrer vor dem Bürohochhaus hielt. Noch sah man ihr die Schwangerschaft nicht an, und wenn sie vorerst jeden Kontakt mit Matt mied, konnte sie die Entscheidung noch hinauszögern.
Zugegeben, es war vielleicht ein wenig feige, aber gleichzeitig erinnerte sie sich an einen älteren Professor aus ihrer Studienzeit, der stets vor schnellen Entschlüssen gewarnt hatte. “Beschließen Sie nie etwas von heute auf morgen, sondern betrachten Sie das Problem von allen Seiten, und vergessen Sie es dann für eine Weile - falls das möglich ist. Meiner Erfahrung nach”, hatte er augenzwinkernd hinzugefügt, “lösen sich die meisten Probleme irgendwann von allein.”
Ein weiser Rat, sagte sich Samantha, während sie die Eingangshalle durchquerte und beschloss, ihn zu befolgen.
Leider schien selbst ein kluger Mann wie ihr früherer Professor nicht immer Recht zu behalten, wie sich zehn Minuten später herausstellte, als Henry ihr Büro betrat.
“Hallo!”, begrüßte er sie. “Hast du schon gelesen, was heute in der Zeitung steht?” Er legte das Blatt vor sie auf den Schreibtisch und deutete auf einen von ihm mit schwarzem Filzstift umrandeten Artikel. “Nun wird offen gekämpft.”
Obwohl der Vorstandsvorsitzende sie vorgewarnt hatte, fiel Samantha aus allen Wolken, als sie den gut recherchierten Artikel las.
Unter der Überschrift “David
Weitere Kostenlose Bücher