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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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nicht beschieden.
    Der Professor stand in der Tür und runzelte bei seinem Anblick sofort die Stirn. »Priya ist bei ihrer Großmutter«, erklärte er.
    »Sie hat mich gebeten zu kommen«, entgegnete Thomas.
    Als Surya ihm keine Antwort gab, befürchtete er schon, der Mann würde ihn zwingen, draußen zu warten. Da tauchte Surekha auf, um zu vermitteln.
    »Thomas«, sagte sie, während sie ihren Mann mit einem strafenden Blick bedachte, »Priya kommt sofort. Warum wartest du nicht so lange im Wohnzimmer?« Sie war inzwischen zum Du übergegangen.
    Surya funkelte ihn zwar weiter finster an, trat aber immerhin beiseite. Thomas ließ sich auf einer Couch nieder und lauschte dem Klang entfernter Frauenstimmen, die sich auf Hindi unterhielten. Nach ein paar Minuten tauchte Priya auf und winkte ihn auf die Terrasse hinaus.
    »Wie geht es dir?«, fragte Thomas.
    »Ich weiß nicht so recht«, antwortete Priya. In ihren rot geränderten Augen schwammen Tränen. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde.«
    »Was kann ich tun?«
    »Nichts«, erwiderte sie kopfschüttelnd.
    »Wie geht es nun weiter?«
    »Ihr Leichnam wird geschmückt und aufgebahrt. Morgen können dann alle zur Totenwache kommen, um ihr die letzte Ehre zu erweisen, und anschließend wird sie am Meer eingeäschert, im Priyadarshini Park. Danach werden mein Vater und seine Brüder mit ihrer Asche nach Varanasi fliegen. Wir anderen werden hier um sie trauern.«
    Thomas holte tief Luft. »Es tut mir leid. Ich weiß, dass du sie sehr geliebt hast.«
    »Als Kind habe ich sie sehr geliebt. Als Erwachsene kannte ich sie kaum.«
    »Woran größtenteils ich schuld bin.«
    Priya blickte über die Rasenfläche zum Brunnen hinüber. »Wir sind beide schuld. Aber Schuldzuweisungen bringen jetzt nichts mehr. Wir haben nur noch die Zukunft.«
    Thomas atmete tief ein und stieß die Luft wieder aus. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie das funktionieren soll.«
    Priya schüttelte den Kopf. »Mit Grübeln wirst du das Problem nicht lösen.«
    »Was soll ich denn sonst tun?«
    Priya sah ihn an. »Warum stellen Männer ständig diese Frage? Du sollst gar nichts tun , sondern einfach nur du selbst sein. Gemeinsam finden wir schon eine Lösung.«
    »Warum sprechen Frauen ständig in Rätseln?«
    »Weil die Liebe ein Rätsel ist«, antwortete sie, »wie überhaupt das ganze Leben.«
    Die bald darauf stattfindenden hinduistischen Bestattungsriten waren sehr aufwendig, und zur öffentlichen Totenwache trafen fast fünfhundert Menschen ein. Die Familie schmückte die Verstorbene mit Blumen und bahrte sie so auf, dass ihre Füße in Richtung Süden wiesen, zur Heimstatt der Toten.
    Am Abend des zweiten Tages trugen Surya und seine Brüder die Bahre zu einem Leichenwagen und fuhren ihre Mutter in den Priyadarshini Park, wo ein Scheiterhaufen errichtet und ihr Leichnam eingeäschert wurde. Begleitet vom Meeresrauschen sang eine Gruppe von Brahmanen Mantras, während die Trauernden der Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen.
    Nach der Einäscherung zerstreute sich die Menge, und die Familie kehrte in ihr Haus zurück. Während Priya sich um ihren Großvater kümmerte, hielt sich Thomas etwas abseits und fragte sich, wann er wohl Gelegenheit haben würde, mit ihr über Paris zu sprechen. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er so viel an Sita dachte, aber je mehr Stunden verstrichen, umso mehr wuchs seine Zuversicht, dass er sie finden konnte, aber auch seine Angst, dass die Zeit gegen ihn arbeitete.
    Drei Tage nach dem Tod der Großmutter nahm er Priya schließlich beiseite und führte sie auf die Terrasse hinaus. Die Dämmerung brach bereits herein.
    »Du wirkst irgendwie angespannt«, stellte sie fest. »Ist etwas passiert?«
    Thomas erzählte ihr von der Festnahme und anschließenden Freilassung Navins.
    Priya war entsetzt. »Der Polizeichef ist ein Freund der Familie! Er und seine Frau waren bei der Totenwache. Wenn einer seiner Stellvertreter mit den Kriminellen zusammenarbeitet, sollte er das erfahren.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob das helfen würde«, entgegnete er. »Außerdem gilt meine Sorge nicht so sehr dem stellvertretenden Polizeichef.«
    »Du machst dir Sorgen um Sita.«
    Er nickte.
    Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Hast du eine Ahnung, warum Navin sie nach Frankreich gebracht hat?«
    »Sein Onkel betreibt in Paris ein Restaurant. Sie arbeitet für ihn.«
    »Kümmern sich die Franzosen um die Sache?«
    »Die Leute vom CBI halten sich uns

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