Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
Vom Netzwerk:
und mit Blick auf die Seine zu lesen.
    Rasch näherte sich der Zug dem Stadtzentrum. An der Haltestelle Châtelet-Les Halles stieg Thomas aus und folgte den Hinweisschildern bis zum Forum Les Halles, einem protzigen, im ersten Arrondissement gelegenen Einkaufszentrum. Er ging an einem großen Kinokomplex vorbei und stieg eine lange Treppe hinauf, ehe er oben in der Rue Rambuteau herauskam.
    Es war ein schöner, aber kalter Tag. Obwohl sich der Winter noch nicht ganz vertreiben ließ, hatte die Sonne schon wieder beträchtlich an Leuchtkraft gewonnen und verhieß den nahenden Frühling. Die Église Saint-Eustache, eine der vielen alten gotischen Kirchen von Paris, beherrschte hier das Stadtbild. Er ging durch den Park, während er nach Julia Ausschau hielt. Die Hände tief in die Taschen ihres schicken roten Mantels geschoben, stand sie vor dem Touristeneingang. Sie war eine groß gewachsene, attraktive Frau mit schulterlangem kastanienbraunem Haar. Sie begrüßten sich kurz, bevor Julia auf das Thema seines Besuchs zu sprechen kam.
    »Ich habe mit unserem Kontaktmann bei der Pariser Polizei gesprochen. Er hatte noch nichts von Navin oder Sita gehört, wird sich aber darum kümmern. Ich habe ihm ihr Bild aus der Interpol-Datenbank geschickt und rechne damit, heute Nachmittag von ihm zu hören.«
    »Und wie sehen Ihre Pläne für den Vormittag aus?«, erkundigte sich Thomas.
    »Es gibt da einen Mann, den Sie unbedingt kennenlernen sollten«, antwortete sie, »Jean-Pierre Léon. Er weiß alles, was es in dieser Stadt über das Thema Menschenhandel zu wissen gibt. Außerdem ist er einer der interessantesten Gesprächspartner, die mir in Paris begegnet sind. Sie werden es nicht bereuen.«
    Julia lotste ihn in eine Gasse an der Rue Mondétour. Vor einer unscheinbaren Tür unter einer grünen Markise blieben sie stehen. Julia drückte einen Klingelknopf, neben dem ein Schild mit der Aufschrift »Le Projet de Justice« angebracht war. Mit einem Summen sprang die Tür auf. Julia führte Thomas zwei Treppen hinauf, bis sie schließlich zu einem fensterlosen Empfangsbereich kamen. Als Julia die dort sitzende Dame auf Französisch begrüßte, winkte diese sie lächelnd durch.
    »Man scheint Sie hier zu kennen.«
    »Eigentlich nicht«, gab Julia zurück, »ich habe nur vorher angerufen.«
    Jean-Pierre Léon empfing sie in einem Büro, das derart mit Büchern vollgestopft war, dass man die Möbel kaum noch sah. Thomas fand den Mann auf den ersten Blick sympathisch. Der Franzose war Mitte vierzig und sehr schlank. Er trug ein leicht geckenhaft wirkendes Sportsakko mit einer wollenen Krawatte und hatte eine Pfeife im Mundwinkel hängen.
    Er erhob sich, um sie zu begrüßen, und forderte sie dann mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen. Mit fragendem Blick betrachtete Thomas einen Stuhl, auf dem sich ein Stapel Bücher türmte.
    »Setzen Sie sich, setzen Sie sich!«, sagte Léon mit leichtem Akzent auf Englisch und fuchtelte dabei mit den Armen durch die Luft. »Legen Sie die Bücher einfach zur Seite, ich finde sie später schon wieder.«
    Thomas zwängte sich zwischen die Bücher und überließ es Julia, das Gespräch zu eröffnen.
    Léon war jedoch schon in groben Zügen informiert und nahm die Zügel selbst in die Hand.
    »Julia sagt, Sie sind nach Paris gekommen, um nach einem Mädchen zu suchen. Einem indischen Mädchen.«
    Thomas nickte.
    »In Paris gibt es nicht viele Inder.«
    »Ich kann mich an eine indische Enklave im zehnten Arrondissement erinnern.«
    »Das Zehnte ist ein globales Dorf, in dem fast alle Länder vertreten sind. Aber Sie haben recht. Rund um die Rue du Faubourg-Saint-Denis gibt es ein paar Inder.«
    »Meinen Sie, ich sollte dort nach ihr Ausschau halten?«
    Léon kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Vielleicht.« Er warf einen Blick zu Julia hinüber. »Aber Paris ist eine große Stadt. Sie könnte überall sein.«
    »Oder nirgendwo«, fügte Thomas hinzu. »Sie wurde Anfang Januar verkauft.«
    Léon schüttelte den Kopf. »Wenn sie hergekommen ist, um in einem Restaurant zu arbeiten, wüsste ich nicht, wieso sie nicht mehr da sein sollte. Gutes Personal ist schwer zu ersetzen.«
    »Wie finde ich sie am ehesten?«
    Léon zuckte mit den Schultern. »Julia sagte, der Menschenhändler – Navin, nicht wahr? – habe hier Familienangehörige, einen Onkel. Falls er legal hier ist, kann ihn die Polizei vielleicht aufspüren. Sollte er seine Papiere aber auf dem Schwarzmarkt erstanden haben, finden sie ihn

Weitere Kostenlose Bücher