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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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abzuräumen und die Küche zu putzen.
    Als um sieben Dmitri bei ihnen auftauchte, verspannte sich Ivanna sichtlich. Wortlos legte sie ihr Küchenhandtuch weg und folgte ihm. Sita hörte auf dem Gang ihre Schritte. Dann ging eine Tür auf und wieder zu. Das Geräusch klang leiser als der dumpfe Ton, mit dem die Haustür immer ins Schloss fiel. Sitas Herz raste. Sie fragte sich, ob Dmitri mit Ivanna in den Kellerraum hinuntergegangen war.
    Eine Minute später kam Tatiana und führte Sita hinauf in eines der Schlafzimmer im ersten Stock, die sie an dem Tag geputzt hatte.
    »Du bleiben heute Nacht hier«, erklärte Tatiana, ehe sie ihr das Bad zeigte. »Morgen früh ich dich wieder holen. Bonne nuit. Schöne Träume.«
    Sie zog die Tür hinter sich zu. Sita hörte ein Schloss einrasten. In dem Zimmer gab es ein riesiges Bett, zwei Lesestühle und ein breites Fenster mit Blick auf den Hof. Verglichen mit Suchirs Dachzimmer und Onkel- jis Schrank kam es ihr vor wie ein Palast.
    Sie trat ans Fenster und blickte auf den weißen Lieferwagen und den silberfarbenen Audi hinunter. Der schwarze Mercedes fehlte. Als sie den Blick daraufhin über die Regalfächer schweifen ließ, entdeckte sie einen Roman in englischer Sprache. Sie machte es sich in einem der Sessel gemütlich und verbrachte den Abend mit Lesen. Hin und wieder hörte sie draußen jemanden reden, aber die Stimmen klangen gedämpft und weit entfernt.
    Irgendwann nach zehn drangen von draußen aus dem Hof Geräusche zu ihr hoch. Sita trat in den Schatten des Fensters und beobachtete, wie Dmitri Natalia, Ivanna und die anderen Mädchen zu dem weißen Bus führte. Alle trugen aufreizende Miniröcke, hochhackige Schuhe und knappe Oberteile, die tiefe Einblicke gewährten. Obwohl es noch Winter war, hatte nur Natalia einen Mantel an. Keine von ihnen sagte etwas, und sie sahen einander auch nicht an.
    Als Dmitri ihnen die hinteren Türen des Kleinbusses aufhielt, kletterten alle bis auf Natalia hinein. Dmitri forderte Natalia mit einer Handbewegung auf, in den Audi zu steigen, und wechselte noch ein paar Worte mit einer Person im Bus, woraufhin dieser sich in Bewegung setzte und durch den Torbogen verschwand. Nachdem er noch ein kurzes Gespräch auf seinem Handy geführt hatte, schwang sich Dmitri ans Steuer des Audi, wendete den Wagen in rasantem Tempo und fuhr aus dem Hof.
    Sita gab ihren Beobachtungsposten am Fenster auf und machte sich fürs Bett fertig, indem sie ein luxuriöses Vollbad nahm. Das Kissen und die Decke, in die sie sich anschließend kuschelte, waren weicher als alles, woran sie sich erinnerte. Trotzdem konnte sie ein Gefühl von Angst nicht abschütteln. Wasilys Familie haftete irgendetwas Teuflisches an, das spürte sie.
    Wohin hatte Dmitri die Mädchen gebracht?
    Am folgenden Morgen holte Tatiana Sita zum Frühstück ab. Bevor sie ihr Zimmer verließ, warf Sita einen raschen Blick aus dem Fenster und stellte fest, dass der Kleinbus und der Audi wieder da waren. Der nächtliche Ausflug der Mädchen stellte sie vor immer größere Rätsel, denn in der Küche stieß sie auf Ivanna, die dort das Frühstück vorbereitete. Das Mädchen sah nicht anders aus als am Vorabend. Während Sita ihr beim Servieren half, betrachtete sie Ivanna immer wieder aufmerksam, konnte bei ihr aber keine Anzeichen besonderen Kummers feststellen. Zwar wirkte der Blick des Mädchens seltsam leer, doch bei der Arbeit unterlief ihr nicht der kleinste Fehler.
    Die nächsten Tage verbrachte Sita auf ähnliche Weise, indem sie ihre Pflichten als Hausmädchen erfüllte, die Bettwäsche und Dessous der Mädchen wusch und Ivanna in der Küche half. Jeden Abend um zehn verließ der Kleinbus den Hof und kehrte vor dem Morgengrauen zurück. An Sitas zweitem Abend – einem Sonntag – begleiteten Ivanna und ein anderes Mädchen Dmitri im Audi. Während Sita das nächtliche Schauspiel von ihrem Fenster aus beobachtete, versuchte sie nicht daran zu denken, wohin die Mädchen wohl gebracht wurden und wozu man sie dort zwang.
    Am Mittwoch nach dem Frühstück wurde Sita ins Wohnzimmer gerufen, wo Wasily bereits auf sie wartete. Bald darauf kamen Onkel- ji und Tante- ji mit Dmitri herein. Das indische Paar nahm Platz, ohne Sita anzusehen. Sie starrte die beiden verwirrt an.
    »Hier sind die Dokumente.« Mit diesen Worten nahm Wasily eine Mappe vom Couchtisch und schlug sie auf.
    Wie Sita sehen konnte, befanden sich in der Mappe Pässe und Flugtickets. Ihr Herz tat einen Satz. Hatten Onkel- ji

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