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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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einen Espresso trank. Langsam erinnerte er sich wieder daran, wie Paris aufgebaut war, und er entwickelte einen Schlachtplan.
    Als er schließlich zur Metrostation zurückkehrte, nahm er den Zug nach Châtelet-Les Halles und fuhr von dort aus weiter mit der Linie Nr. 4, mit der man ins zehnte und achtzehnte Arrondissement gelangte.
    An der Haltestelle Château d’Eau stieg er aus und tauchte am Boulevard de Strasbourg wieder aus dem Untergrund auf. Nach einem Blick in seinen Stadtplan wanderte er in Richtung Gare du Nord. An einer Bushaltestelle blieb er stehen und fischte Sitas Bild aus seiner Manteltasche. Nachdenklich ließ er den Blick die Straße entlangschweifen, an der sich Läden und Wohnungen aneinanderreihten. Die Luft erwärmte sich allmählich, sodass eine Menge Fußgänger unterwegs waren. Thomas schwenkte nach links in den Boulevard de Magenta ein und marschierte bis zur nördlichsten Ecke der Rue du Faubourg-Saint-Denis, wo er zielstrebig auf einen Laden zusteuerte, über dessen Tür ein Schild mit einer südasiatischen Aufschrift prangte. Der Besitzer stand draußen auf dem Gehsteig und unterhielt sich mit einem Kunden. Mit Sitas Foto in der Hand wartete Thomas, bis der Mann Zeit für ihn hatte.
    Als der Ladenbesitzer ihn schließlich fragend ansah, begrüßte Thomas ihn mit einem Nicken. »Bonjour, Monsieur.«
    »Bonjour«, antwortete der Mann, ohne zu lächeln.
    »Ich habe eine Freundin, die hier in der Gegend wohnt«, begann Thomas eine Geschichte zu spinnen, von der er hoffte, dass sie plausibel klang. »Ich möchte sie überraschen. Hier habe ich ein altes Bild von ihr. Ich habe mich gefragt, ob Sie sie vielleicht schon mal gesehen haben.«
    Er hielt dem Mann das Familienfoto hin und deutete auf Sita.
    »Nein«, antwortete der Mann mit einer abwehrenden Handbewegung, »nicht hier.« Damit wandte er sich ab und kehrte in seinen Laden zurück.
    Thomas schlenderte jetzt in Richtung Süden. Eine junge Afrikanerin mit einem Kinderwagen lächelte ihn an.
    »Excusez-moi«, sagte er, während er auf sie zutrat. »Entschuldigen Sie vielmals die Störung, aber ich suche nach einer alten Freundin. Sie wohnt irgendwo hier in der Gegend.«
    Die Frau schüttelte den Kopf, ohne sich das Foto in seiner Hand richtig angesehen zu haben. »Non, je suis désolée«, antwortete sie und ging weiter.
    Thomas stellte dieselbe Frage drei weiteren Frauen und zwei Männern unterschiedlichen Alters, die alle behaupteten, das Mädchen noch nie gesehen zu haben, und offenbar auch kein Interesse an weiteren Fragen hatten.
    Thomas beschloss, seine Strategie zu ändern. Er begann sich nach indischen Restaurants umzublicken, in der Hoffnung, eines zu finden, in dem er auch gleich zu Mittag essen konnte. Schließlich entdeckte er ein Tandoori-Lokal, das nur einen Häuserblock entfernt lag. Die rote Markise des Restaurants war in Französisch und Hindi beschriftet, doch als er an die Tür trat, stellte er fest, dass es dort nur Abendessen gab.
    Er setzte seinen Weg entlang der Rue du Faubourg-Saint-Denis in Richtung Süden fort. Mittlerweile war es drei Uhr nachmittags, und ihm knurrte schon der Magen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er seit der kleinen Mahlzeit, die ihnen gegen Ende des Fluges serviert worden war, nichts mehr zu sich genommen hatte. Er legte einen Zwischenstopp in einem Café ein und bestellte sich ein Sandwich. Nachdem er sich damit an einem Platz am Fenster niedergelassen hatte, beobachtete er die Passanten, die draußen auf dem Gehsteig vorbeiströmten. Dabei blickte er irgendwann auch auf die andere Straßenseite hinüber und entdeckte dort eine kleine Fußgängerpassage, die nach Osten in Richtung Boulevard de Strasbourg führte. Unter der Arkade lugte etwas hervor, das wie ein indisches Restaurant aussah.
    Er verließ das Café und steuerte auf die Passage zu. Zu seiner Überraschung entpuppte sich das Ganze als eine indisch-pakistanische Oase, die von südasiatischen Restaurants dominiert wurde. Das erste Restaurant, das ihm unterkam, war geschlossen. Im Gastraum brannte kein Licht, und die Stühle waren auf die Tische hochgekippt. Thomas wollte sich gerade abwenden, als er im hinteren Teil des Lokals ein Licht aufflammen sah. Einen Moment später tauchte eine beleibte Inderin mit einem Handbesen und einer Mülltüte auf. Sie trug einen violetten Sari, der mit blauen Lotusblüten verziert war. Geschäftig wuselte sie zwischen den Tischen herum, fegte den Staub auf und rückte hier und dort etwas

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