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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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die BRP bereits ein Auge auf die Petrowitschs hatte, aber wir wussten nicht, warum. Wie sich nun herausstellt, betreiben diese Leute seit Längerem einen Begleitservice und eine Porno-Website mit Mädchen aus Osteuropa. Die BRP will sie schon seit einem Jahr festnageln, aber bisher reichten die Beweise nicht aus. Bis jetzt. Eines von den Mädchen hat geredet. Seit einer Woche bereiten die Leute von der BRP den Zugriff vor. Mein Hinweis bezüglich Sita lieferte ihnen noch einen Grund mehr. Sie gehen morgen früh rein.«
    Vor Überraschung verschlug es Thomas für einen Moment die Sprache. »Wie stehen die Chancen, dass ich da mit kann?«, fragte er schließlich.
    Julia lachte. »Gehen Sie mal von null aus. Die lassen uns bei solchen Einsätzen nie in die Nähe, und selbst wenn sie in diesem Fall eine Ausnahme machen würden – was sie nicht tun werden –, dürften Sie auf keinen Fall mit rein. Uns wird nichts anderes übrig bleiben, als an der Seitenlinie zu warten.«
    »Rufen die Sie an, wenn es vorbei ist?«
    »Mein Kontaktmann hat mir versprochen, sich zu melden. Keine Ahnung, wann das sein wird. Halten Sie sich auf jeden Fall bereit.«
    Die Nacht verging quälend langsam. Als der Morgen graute, gab Thomas schließlich jeden Gedanken an Schlaf auf und begab sich stattdessen in ein Café an der nächsten Straßenecke, wo er einen doppelten Espresso trank und nebenbei eine Ausgabe von Le Monde durchblätterte. Um sieben rief Julia an. Sie klang atemlos.
    »Die Razzia lief nach Plan«, stieß sie hervor. »Die BRP hat sechs ukrainische Frauen aus der Wohnung gerettet. Von den Petrowitschs fehlte allerdings jede Spur.«
    »Wie ist das möglich?«, fragte Thomas. »Wir haben doch erst gestern einen von ihnen …« Er sprach den Satz nicht zu Ende, weil ihm ein Gedanke kam. »Wir haben sie gewarnt, nicht wahr? Ich habe sie gewarnt, als ich hinter dem Wagen hergerannt bin.«
    »Keine Ahnung.«
    »Und Sita?«
    »Auch von ihr keine Spur. Es tut mir leid.«
    »Was ist mit den Mädchen? Wenn Sita in der Wohnung gearbeitet hat, muss doch eine von ihnen sie gesehen haben.«
    »Das stimmt, aber …«
    »Was?«
    »Ich fürchte, ich habe alles in meiner Macht Stehende getan. An die Mädchen komme ich nicht ran, die sind absolut tabu. In diesem Punkt sind die Vorschriften unglaublich streng, vor allem, weil sich die Petrowitschs noch auf freiem Fuß befinden. Bestimmt hat man die Mädchen bereits in Sicherheit gebracht, vermutlich an irgendeinen geheimen Rückzugsort. Ich weiß nicht, wo sie sind, und die BRP wird es mir auch kaum verraten, es sei denn, ich kann ihnen einen sehr guten Grund dafür nennen.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Die Aussage einer indischen Kellnerin wird da nichts nützen.«
    »Verstehe«, sagte Thomas.
    Zwischen ihnen herrschte einen Moment unbehagliches Schweigen.
    »Ach, verdammt«, stieß Julia schließlich aus, »ich habe ja gewusst, dass es so ausgehen würde. Hören Sie, ich würde wirklich gern noch mehr für Sie tun, aber das ist einfach zu viel verlangt. Wenn ich in diesem Punkt meine Befugnisse überschreite, verderbe ich es mir womöglich mit allen – den Franzosen, der Gesandtschaft, dem Botschafter.«
    »Tut mir leid.«
    Sie überlegte einen Moment und stieß dann einen lauten Seufzer aus. »Geben Sie mir ein bisschen Zeit.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Rufen Sie mich nicht an. Ich melde mich bei Ihnen.«
    »Vielen Dank«, sagte er.
    »Üben Sie sich in Geduld, ja?«
    »Geduld ist mein zweiter Vorname.«
    Sie lachte trocken. »Irgendwie habe ich da so meine Zweifel.«
    Julia hatte recht. Warten war für Thomas seit jeher eine Strafe. Priya hatte es immer als eine Art genetischen Defekt bezeichnet. So kam es, dass er die nächsten drei Tage als reine Folter empfand. Wie ein Geist wanderte er durch Paris, stieg hin und wieder aufs Geratewohl in einen Zug, erkundete die Außenberzirke jenseits des Boulevard Périphérique, beobachtete vom Pont Neuf aus die Boote auf der Seine und trieb sich nach Mitternacht am Place Pigalle herum, um sich die Parade der Männer anzusehen, die dort nach der passenden Frau suchten, um ihre Fantasien Fleisch werden zu lassen.
    Am Abend des dritten Tages saß er in seinem Hotelzimmer auf einem viel zu hart gepolsterten Stuhl am Fenster, nippte an einem Glas Cognac und beobachtete, wie allmählich die nächtlichen Lichter von Paris aufflammten, als endlich der Anruf kam. Für einen Moment starrte er erschrocken auf das Telefon, dessen

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