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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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Tür. Sie tauchte wochenlang immer wieder im Adda auf und bettelte um Essen, bis Suchir schließlich einen Polizisten bestach, damit er dafür sorgte, dass sie ins Gefängnis kam. Prasad hatte sie nie wiedergesehen.
    Überrascht und angewidert hörte sich Ahalya Prasads Beichte an. Für sie war er ein Teufel in Menschengestalt. Sie empfand es daher als höchst beunruhigend, dass er so menschlich klingen konnte. Noch schlimmer – sogar weitaus schlimmer – fand sie, dass sie sogar einen Anflug von Mitleid verspürte, als er ihr erzählte, dass er nie etwas anderes als das Bordell kennengelernt hatte. Rasch schob sie diesen Gedanken von sich. Der Schmerz zwischen ihren Beinen erinnerte sie daran, dass seine Sünden unverzeihlich waren. Sie ließen sich nicht mit seiner Kindheit entschuldigen.
    Sie ließen sich mit gar nichts entschuldigen.
    Nachdem Prasad verstummt war, blieb er schweigend neben ihr liegen, ohne irgendwelche Anstalten zu machen, sie zurück in ihr Dachzimmer zu bringen. Stattdessen griff er nach ihrer Hand und drückte sie. Die Vertraulichkeit seiner Berührung verursachte ihr beinahe einen Brechreiz. Rasch schluckte sie die Galle in ihrer Kehle wieder hinunter, denn sie musste plötzlich an ihre Schwester denken. Was, wenn Sita aufwacht und merkt, dass ich nicht da bin? In dem Moment kam ihr eine Idee. Es war vielleicht riskant, ihn danach zu fragen, aber sie musste es wissen, und Prasad kannte die Antwort. Zum ersten Mal sprach sie ihn direkt an.
    »Was hat Suchir mit meiner Schwester vor?«
    »Sita ist wie du«, antwortete er, »sie ist etwas Besonderes. Aber Suchir wird sie bald zureiten.«
    Ahalya konnte ihre Wut nur mit Mühe unterdrücken. »Wann?«
    »Bald«, wiederholte er geheimnisvoll, ehe er sich erhob, um sie zurück in ihr Zimmer zu bringen.
    Der nächste Tag war ein Sonntag, der einzige Tag der Woche, an dem Golpitha zu ruhen schien. Zusammen mit dem Frühstück brachte Sumeera ihnen eine Schachtel voller bunter Perlen und etliche lange Schnüre, und die Schwestern verbrachten den Tag damit, Ketten aufzufädeln. Trotz der Hitze wirkte Sita dabei verspielt, konzentriert und fast glücklich. Ahalya übte währenddessen die Kunst der inneren Distanz. Der Schmerz in ihrem Unterleib war inzwischen ein Teil ihres Lebens, genau wie die Wände um sie herum und der Boden unter ihren Füßen. Sie konnte über ihr Karma jammern oder den Schmerz als ein Zeichen dafür sehen, dass sie noch lebte. Es war alles eine Frage der inneren Einstellung.
    Als es Zeit für ihre allabendliche Geschichte wurde, begann Ahalya mit einer Erzählung aus dem Mahabharata, dem großen Epos über Liebe und Krieg. Aber Sita unterbrach sie, weil sie lieber die Geschichte ihrer Namenspatronin hören wollte. Ahalya holte tief Luft. Die Erzählung war lang, und sie hatte die letzten drei Nächte wenig geschlafen.
    »Willst du denn nicht hören, wie Arjuna seinen großen Sieg errang?«, fragte sie.
    Sita schüttelte den Kopf. »Von dem hast du mir doch schon gestern Abend erzählt. Ich möchte alles über die Prinzessin von Mithila hören!«
    Ahalya seufzte. Sie hatte der Begeisterung ihrer Schwester noch nie widerstehen können. »Sita von Mithila«, begann sie, »war eine Frau von großer Tugend. Doch trotz ihrer Güte beging sie einen Fehler. Ohne sich dessen bewusst zu sein, schenkte sie ihr Vertrauen Ravana, dem Herrn der Unterwelt, bis dieser sie schließlich mit Gewalt auf die Insel Lanka verschleppte, wo sie fern der Heimat ausharren musste und die ganze Zeit darauf wartete, von Rama und Hanuman gerettet zu werden.«
    »Erzähl mir von Hanuman«, bat ihre Schwester mit großen, wissbegierigen Augen.
    »Dem edlen Affen war bei seiner Geburt ein besonderer Segen zuteilgeworden«, fuhr Ahalya fort. »Er konnte jede Größe annehmen, die er wollte, von ganz riesig bis ganz winzig. Als er erfuhr, dass Ravana Sita durch die Lüfte nach Lanka getragen hatte, machte sich Hanuman so groß, dass er über das Meer schreiten konnte. Er trug Ramas Siegelring über das Wasser und gab ihn ihr …«
    Ahalya verstummte mitten im Satz, weil draußen plötzlich die Treppe knarrte. Die Schwestern wandten sich um und starrten auf den Türknauf. Ahalya ging davon aus, dass es Sumeera war, die bei ihnen unter dem Dach irgendeine Haushaltspflicht zu erledigen hatte, doch statt ihrer erschien Suchir in der Tür. Von der Schwelle aus betrachtete er Sita, ohne ein Wort zu sagen. Obwohl sein faltiges Gesicht völlig ausdruckslos blieb,

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