Du bist in meiner Hand
benötigten. Eine halbe Stunde später kehrte Sumeera dann zurück, um das Geschirr wieder abzuholen. Bis dahin war bereits die Dunkelheit über Kamathipura hereingebrochen. Kaum hatte sich Sumeera verabschiedet, trafen für gewöhnlich die ersten Bordellkunden ein.
In den Stunden zwischen dem Abendessen und dem Zubettgehen saßen die Schwestern einander auf dem Boden gegenüber, und Ahalya erzählte Sita Geschichten. Wenn Letztere schließlich schwere Augenlider bekam, begleitete Ahalya sie zum Waschbecken, und sie wuschen sich Hände und Gesicht. Danach legten sie sich ins Bett und schmiegten sich wie zwei Löffelchen aneinander, genau wie sie es zu Hause auch immer gemacht hatten. Trotz des Geräuschpegels im Bordell fiel Sita das Einschlafen offenbar nicht schwer, während Ahalya stets lange wach lag.
Tagsüber lenkte es sie ab, dass sie sich um Sitas Bedürfnisse kümmern musste, doch in der Nacht kehrte die Verzweiflung zurück, und ein Gefühl tiefer Scham breitete sich in ihr aus wie ein Krebsgeschwür. Während sie auf der dünnen Matratze lag, überfiel sie die Erinnerung an Shankar und den Geburtstagsjungen, und sie fragte sich, wie lange ihre Kraft wohl noch ausreichen würde. Obwohl sie stark war, würde auch bei ihr der Punkt kommen, an dem sie nicht mehr konnte. Eines Tages würde sie keine Geschichten mehr zu erzählen haben.
Irgendwann in der Nacht spürte sie plötzlich eine Berührung. Erschrocken riss sie die Augen auf und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Während sie zur Tür hinüberspähte, stellten sich ihre Augen allmählich auf das schwache Licht ein, das durch die Dachluken hereinfiel. Neben ihrem Bett stand eine Gestalt. Nur mit Mühe konnte sie einen Aufschrei unterdrücken. Sita, die von dem Eindringling nichts mitbekommen hatte, schlief immer noch friedlich neben ihr.
Die Umrisse der Gestalt veränderten sich, und Ahalya fühlte heißen Atem an ihrem Hals. Eine Männerstimme flüsterte ihr auf Hindi ins Ohr: »Tu, was ich dir sage! Und keinen Mucks!«
Der Mann griff nach ihrer Hand und zerrte sie aus dem Bett in Richtung Tür. Beinahe wäre sie dabei gestürzt, doch er fing sie auf. Leise führte er sie die Treppe hinunter. Vom Schlaf noch ganz benommen, bekam Ahalya kaum mit, dass das Gestöhne inzwischen aufgehört hatte und im Adda Stille herrschte. Selbst die Geräusche draußen auf den Straßen klangen gedämpft, als kämen sie aus weiter Ferne. Wie es schien, lag ganz Bombay in tiefem Schlaf.
Nachdem sie das Treppenhaus durch die Geheimtür verlassen hatten, zerrte der Mann sie in einen der Sexräume. Seine Haut war rau, sein Griff eisern. Ahalya stolperte gegen das Bett und stieß sich dabei die Zehen an, unterdrückte jedoch einen Aufschrei, da sie inzwischen vor Entsetzen wie gelähmt war.
Der Mann schubste sie auf die Matratze und schloss die Tür hinter ihnen. Für einen Moment kämpfte er mit seiner Kleidung, dann stürzte er sich auf Ahalya, um ihren Körper zunächst mit den Händen zu erforschen. Sie wand sich unter ihm und versuchte ihn wegzuschieben, doch er war zu stark und hielt sie fest. Als ihr ein leiser Schmerzensschrei entwich, hielt er ihr den Mund zu. Obwohl er selbst die gleichen Geräusche von sich gab wie alle anderen Männer, wusste Ahalya, dass er kein Kunde war. Von denen blieb keiner über Nacht, und es hatte auch keiner Zutritt zum Dachzimmer. Der Mann war klein und jung, es konnte sich also nicht um Suchir handeln.
Blieb nur noch Prasad.
Als er schließlich fertig war, ließ er sich schwer atmend neben sie sinken. Ahalya, die leise vor sich hin weinte, zog ihren Sari zurecht. Nach der für sie völlig unerwarteten und unerklärlichen Brutalität dieses Aktes fühlte sie sich vor Scham wie betäubt.
Da begann er zu sprechen, geflüsterte Worte über Hingabe und Liebe – Worte, die er von den Dichtern gestohlen hatte, auf seinen Lippen aber verwandelten sie sich in reines Gift. Ahalya hätte am liebsten nach ihm geschlagen und ihm die Fingernägel in die Augäpfel gebohrt, aber sie wusste, dass damit nichts gewonnen wäre. Sie und Sita blieben Suchir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Schließlich verstummte Prasad. Er wandte sich Ahalya zu und küsste sie auf die Wange. Dann nahm er sie an der Hand und führte sie zurück in ihr Dachzimmer. Prasad war verliebt in sie, daran bestand kein Zweifel, doch seine Gefühle waren durch das Leben im Bordell völlig verdorben und verzerrt worden. In Golpitha war Liebe Sex und Sex
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