Du bist mein Stern
vielleicht zu dem Showcase heute Abend mit.«
Du Arschloch!, möchte ich schreien. »Sie geht sowieso schon hin«, bluffe ich und füge hinzu: »Mit ihrem Freund.« Hoffentlich durchschaut er mich nicht.
Er guckt auf die Nummer und geht zur Tür. »Schade.«
Ich tippe weiter auf meiner Tastatur rum und versuche meine Wut zu unterdrücken.
»Ach, verdammt nochmal!«, flucht er und kommt zurück. Er lehnt im Türrahmen. Die Visitenkarte wirft er in den Papierkorb.
»Was ist?«, frage ich.
Er fährt sich mit den Händen durch die Haare und sieht mich an. Dann lässt er sich niedergeschlagen in den schwarzen Eames-Sessel neben meinem Schreibtisch fallen.
Ich drehe mich auf meinem Bürostuhl zu ihm hin. Er beugt sich nach vorn, stützt die Unterarme auf seine Knie und guckt zu mir hoch.
»Ich hab vorige Woche von meinem Dad gehört.«
»
Wie bitte?
« Jetzt hat er seine Reaktion. »Ich dachte, dein Vater ist gestorben?«
»Nein. Er wohnt in Essex.«
Ich schlage die Beine übereinander und verschränke die Arme vor der Brust. »Und was hat er gesagt?«
Johnny zuckt die Achseln und sieht zu Boden. Ich warte geduldig. Ich spiele dieses Spiel nicht mit. Wenn er mir was sagen will, dann soll er es tun.
Er wirkt gereizt. »Er hat eine Frau kennengelernt. Sie wollen heiraten.«
»Oh, ach so.« Ich bin fasziniert.
»Er will mehr Geld«, fügt er leicht verbittert hinzu.
»Hmmm … Und, gibst du ihm welches?«
»Ja. Ich meine, ich hab ja genug davon.«
Ich nicke. »Das stimmt. Bittet er dich oft um Geld?«
Er lehnt sich in dem Sessel zurück und schlägt die Beine übereinander. »Das braucht er nicht. Er kriegt einen monatlichen Betrag. Er hat das Haus.«
»Das du für ihn gekauft hast?«
»Genau.«
Wenn man bedenkt, dass sein Dad angeblich ein absoluter Nichtsnutz ist, wundert man sich, dass Johnny überhaupt was mit ihm zu tun haben will.
»Du wirkst überrascht«, sagt er.
»Ich bin überrascht.«
»Wieso?«
Ich hole tief Luft. »Johnny Jefferson, du bist mir ein Rätsel. Du bist so … wenig zu fassen.«
Er zieht eine Augenbraue hoch. »Das hat mir noch niemand gesagt.«
Ich sage nichts, halte seinem Blick stand.
Er greift rüber und streichelt mein Bein. Ich zucke zurück.
»Lass das!«, warne ich ihn.
Er sieht mich verzweifelt an. »Es tut mir leid, Meg.«
Jetzt weiß ich nicht, was ich sagen soll.
»Christian hatte recht, weißt du«, fährt er fort.
»Recht womit?« Ich werde misstrauisch.
Er beugt sich wieder rüber und ergreift meine Hand. Seine Entschuldigung hat mich derart verblüfft, dass ich ihn machen lasse.
»Ich will nicht, dass du gehst.« Adrenalin strömt durch meine Adern. »Komm her.« Er versucht, mich an sich zu ziehen, doch ich mache meine Hand los.
»Nein, Johnny, nein!«
Er streichelt wieder mein Bein, dann meinen Arm, dann meine Wange.
»Hör auf«, sage ich, schon erheblich weniger heftig.
»Ich brauch dich«, sagt er. Seine Augen fixieren meine Lippen.
Ich halte den Atem an, unfähig noch länger Widerstand zu leisten, als er sich zu mir beugt, um mich zu küssen.
»Komm nach oben.« Er zieht mich auf die Füße.
Als ich anschließend in seinen Armen liege und er seine rauen Finger über meinen Rücken gleiten lässt, versuche ich, mir nicht vorzustellen, was vor ein paar Tagen in genau diesem Bett hier passiert ist. Ich stütze mich auf meine Ellbogen und lächle ihn an.
Ich hab dich gern, Johnny Jefferson. Egal, wie schwer du es mir machst.
»Ich brauche dich auch, weißt du«, erkläre ich ihm.
Irgendetwas legt sich auf sein Gesicht. Es ist wie eine Maske.
»Was ist?« Ich runzle die Stirn.
»Nichts.« Er wirkt ärgerlich. »Ich sollte mich mal besser fertig machen.« Er steigt aus dem Bett.
Ich bin verwirrt. »Fertig wofür?«
»Den Showcase?«
»Oh. Du willst also immer noch hin?«
»Sicher.« Er geht in sein Bad. »Brauchst Davey aber nicht anzurufen, ich nehm das Motorrad.«
Ich frage gar nicht erst, ob er mich mitnimmt. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck schon. Ich werde mal wieder zurückgestoßen, und diese Erkenntnis erfüllt mich mit Trauer.
In dieser Nacht höre ich ihn nicht zurückkommen. Besorgt frage ich Samuel.
»Er müsste eigentlich im Bett sein«, meint der. »Er ist gegen zwei heute Morgen hier aufgetaucht.«
»Ach ja?« Ich bin verblüfft.
Dann muss er wohl sehr leise gewesen sein, als er zurückgekommen ist. Vielleicht wird ja doch noch alles gut. Ich gehe ins Büro und mache mit der Arbeit weiter. Gegen elf höre ich
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