Du bist mein Stern
und jetzt fliege ich gescheitert nach Hause.
Traurigkeit breitet sich in mir aus, leise und zerstörerisch. Ich verschränke meine Arme vor der Brust und presse sie fest zusammen, um den Schmerz zu vertreiben. Es fühlt sich an, als wollte er mich zerquetschen, und keiner kann mir helfen, den Druck loszuwerden. Ich kann mit niemandem darüber reden, was mit Johnny passiert ist. Außer ihm ist Christian die einzige Person, die über uns Bescheid weiß, und das macht, dass ich mich unerträglich und entsetzlich allein fühle.
Kapitel 30
»Mum sagt, du hast deinen Job verloren.«
»Ich habe meinen Job nicht verloren, ich hab gekündigt«, erkläre ich meiner Schwester geduldig am Telefon.
Ich sitze auf dem Sofa in Bess’ Wohnung. Hier habe ich den ganzen letzten Monat übernachtet. In den ersten beiden Wochen war Serena nicht da, aber inzwischen ist sie zurück, und es ist ein bisschen eng. Ich muss mir eine andere Bleibe suchen, aber ich schaffe es einfach noch nicht, mich zu motivieren.
Nachdem ich die Nachmittagsprogramme im Fernsehen geguckt und mich durch einige Tüten bunter Weingummi gefuttert habe, habe ich letzte Woche endlich den Hintern hochgekriegt und einen Job gefunden. Meine erste Anlaufstelle war Marie, meine Ex-Chefin. Anfangs hat sie mir minutenlang nur von ihrer großartigen neuen P.A. vorgeschwärmt, und das hat meinem Selbstbewusstsein nicht gerade gutgetan, muss ich sagen. Als ich dann endlich ein Wort dazwischengekriegt habe und ihr mitteilen konnte, dass ich arbeitslos sei, bekam sie vor lauter Schuldgefühlen kein Wort mehr raus.
»Weißt du was?«, sagte sie schließlich, bemüht, mir zu helfen, »ich hab eben ein Projekt für einen Besitzer eines privaten Clubs in Soho abgeschlossen. Er hat gesagt, dass er Leute sucht. Wenn du willst, geb ich dir seine Nummer.«
Marie glaubte, er suche Bürokräfte, aber als er mir eröffnete, dass er Kellnerinnen brauche, dachte ich: »Warum zum Teufel eigentlich nicht?« Ich hab die Nase voll davon, mich die ganze Zeit nur um eine einzige Person zu kümmern. Okay, kellnern heißt, dass man sich gleich um eine ganze Menge Leute kümmern muss, aber wenigstens wird das nicht persönlich. Die kommen, geben Trinkgeld und gehen wieder – genau so hab ich es am liebsten.
»Unfassbar, dass du mich kein einziges Mal angerufen hast!«, beschwert sich Susan.
»Na ja, du hast mich ja auch nie angerufen.«
»Ich wollte dich nicht stören. Mum hat immer gesagt, du wärst so beschäftigt.«
»War ich auch«, gebe ich zu. »Aber jetzt hab ich Zeit. Was treibst du denn so?«
»Warum hast du denn deinen Job verloren?«, fragt sie und bringt das Gespräch wieder auf Johnny.
»Es hat einfach nicht funktioniert.«
»Komm schon, mir kannst du es doch sagen … «
»Weißt du, Susan, ich könnte dir selbst dann nichts erzählen, wenn ich wollte. Ich hab eine Vertraulichkeitsklausel unterschrieben.«
Schwerer Fehler. Jetzt denkt sie natürlich, dass tatsächlich was passiert ist, und verwendet die folgenden Minuten darauf, es mir zu entlocken.
»Tony ist sauer, weil du ihm kein signiertes Album beschafft hast«, sagt sie schließlich und kommt auf ihren nervigen Ehemann zu sprechen.
»Ich hab gar nicht gewusst, dass Tony ein signiertes Album haben wollte.« Ich seufze.
»Das hättest du, wenn du angerufen hättest … «
Jetzt geht das wieder los. Ach, ist das schön, wieder zu Hause zu sein.
In der Presse habe ich nichts über Johnny gelesen. Es ist erstaunlich still um ihn. Wahrscheinlich hat er sich zu Hause verkrochen und hat Sex mit Lola. Bei diesem Gedanken läuft mir ein Schauer über den Rücken.
Es war schwer für mich, dass ich mich Bess nicht anvertrauen konnte. Anfangs war sie mir gegenüber ein bisschen kühl. Und um ehrlich zu sein, sie ist immer noch etwas distanziert. Ich weiß nicht, ob sich das je wieder richtig einrenkt.
Schließlich lege ich auf, lasse mich zurück aufs Sofa fallen und richte die Fernbedienung auf den Fernseher, um den Ton wieder lautzustellen. Das Wohnzimmer ist ein Schlachtfeld. Es ist nicht leicht, über so einen langen Zeitraum aus dem Koffer zu leben. Ich bin sicher, dass ich Serena inzwischen auf die Nerven gehe, aber sie hat einen Schuldkomplex, weil sie nicht sicher ist, ob sie wieder ausziehen und mir mein altes Zimmer zurückgeben soll. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob ich das will. Ich brauche eine eigene Wohnung. Ich hab sogar darüber nachgedacht, mir ein Apartment oder so etwas in der Art zu kaufen
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