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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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den Kopf nach hinten auf ein Kissen gelegt, mit offenem Mund. Sein Atem ging regelmäßig.
    Julie verharrte in der Tür und dachte: Oh, wie
toll.
Was mache ich jetzt?
    Sie hätte ihn gern geweckt, aber zum Fahren war er vermutlich nicht mehr in der Lage. Ihr war nicht ganz wohl dabei, ihn im Haus zu wissen, aber andererseits schlief er bereits, und wenn sie ihn weckte, wollte er womöglich weiterreden. So gern sie bereit war, ihm zuzuhören – jetzt war sie einfach erschöpft.
    »Richard«, flüsterte sie. »Bist du noch wach?«
    Nichts.
    Sie versuchte es ein weiteres Mal, mit demselben Ergebnis.
    Was soll’s, entschied sie schließlich, er ist einfach fertig.
    Julie schaltete die Lampen aus und huschte ins Schlafzimmer, wo sie die Tür hinter sich abschloss. Singer lag auf dem Bett. Er hob den Kopf und sah zu, wie sie ihren Pyjama überzog.
    »Ist nur für heute Nacht«, erklärte sie, als müsse sie sich selbst überzeugen, dass sie das Richtige tat.
    Julie erwachte bei Tagesanbruch, spähte auf den Wecker, stöhnte und drehte sich noch einmal um. Sie fühlte sich wie gerädert, ein bisschen so, als hätte sie einen Kater.
    Schließlich quälte sie sich hoch und warf einen Blick durch den Türspalt. Richard schlief offenbar noch. Julie huschte unter die Dusche und zog sich an – im Pyjama sollte er sie nicht sehen. Als sie, von Singer wachsam eskortiert, ins Wohnzimmer trat, saß Richard aufrecht auf dem Sofa und rieb sich die Augen. Vor ihm auf dem Tisch lagen seine Brieftasche und die Schlüssel.
    »Oh, hallo«, sagte er leicht verlegen. »Ich bin wohl eingeschlafen, was? Tut mir Leid.«
    »Es war ein langer Tag«, sagte sie.
    »Ja, allerdings«, entgegnete er und stand zögernd auf. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Danke, dass du mich gestern noch ins Haus gelassen hast. Das weiß ich zu schätzen.«
    »Kein Problem«, sagte sie. »Kommst du jetzt zurecht?«
    »Muss ich ja wohl. Das Leben geht weiter, stimmt’s?«
    Sein Hemd war zerknittert, und Richard versuchte vergeblich, es glatt zu streichen. »Ich bitte nochmals um Entschuldigung für mein Benehmen gestern Abend«, fügte er hinzu. »Keine Ahnung, was in mich gefahren ist.«
    »Schon gut«, sagte sie. »Ich weiß, es muss dich wie aus heiterem Himmel getroffen haben, aber…«
    Richard schüttelte den Kopf. »Nein – schon gut. Du musst es nicht noch einmal erklären – ich verstehe es. Mike scheint ein netter Kerl zu sein.«
    Julie zögerte. »Das ist er«, bestätigte sie endlich, »aber trotzdem danke.«
    »Ich möchte, dass du glücklich bist. Mehr habe ich mir nie gewünscht. Du bist ein toller Mensch, und du hast es verdient. Nicht zuletzt, weil du meinem Gerede letzte Nacht so geduldig zugehört hast. Du hast keine Ahnung, wie viel mir das bedeutet hat. Du bist mir nicht mehr böse?«
    »Bestimmt nicht«, sagte sie.
    »Bleiben wir Freunde?«
    »Klar«, sagte sie.
    »Danke.«
    Abwesend nahm Richard seine Schlüssel und ging zur Tür. Im Hinausgehen sah er sich noch mal um.
    »Mike ist ein Glückspilz!«, rief er. Er lächelte, aber mit einem Anflug von Schwermut. »Auf Wiedersehen, Julie.«
    Als er endlich ins Auto stieg, atmete Julie auf. Sie war heilfroh, dass der Abschied wesentlich einfacher verlaufen war als befürchtet. Stirnrunzelnd berichtigte sie sich. Nun, besser als der gestrige Abend jedenfalls. Schlimmer hätte es nicht kommen können.
    Aber wenigstens war es jetzt ausgestanden.

Kapitel 18
    I n seinem alten Haus stieg Richard die Treppe hoch ins Erkerzimmer. Er hatte die Wände schwarz gestrichen und die Fenster mit Isolierband und Planen lichtdicht abgeklebt. An der hinteren Wand stand ein Tisch, über dem eine Rotlichtlampe baumelte. Richards Fotoausrüstung war in der Ecke aufgebaut: vier verschiedene Kameras, ein Dutzend Objektive, Schachteln mit Filmen. Er schaltete die Lampe an und justierte den Schirm so, dass ein breiter Lichtkegel entstand.
    Neben den flachen Wannen voller Chemikalien, in denen er die Filme entwickelte, lag ein Stapel Fotos, die Richard bei dem Ausflug von Julie aufgenommen hatte.
    Er blätterte die Bilder durch. Bei manchen hielt er eine Weile inne und starrte darauf. Glücklich hat sie an jenem Wochenende gewirkt, dachte er, als hätte sie gewusst, dass ihr Leben plötzlich eine Wende zum Besseren genommen hat. So eingehend er ihr Mienenspiel auch musterte, er konnte nichts entdecken, was ihr Verhalten vom Abend zuvor erklären würde.
    Er schüttelte den Kopf. Nein, er würde ihr diesen

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