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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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werden durch Erziehung in ihrer eigenen Entwicklung beschnitten. In einer guten Beziehung profitieren Eltern und Kinder voneinander. Indem wir jedoch erziehen, glauben wir nur zu wissen, was gut ist, und schränken von vornherein unsere Möglichkeiten ein, in der Beziehung zueinander zu wachsen. Kinder können Eigenverantwortung für viele Bereiche übernehmen und so wichtige Erfahrungen mit sich selbst und der Umwelt machen. Kinder suchen immerzu nach diesen Erfahrungen, spielerisch, im Gefühl der Verbundenheit zu den engsten Bezugspersonen. Kinder sind wissbegierig und wollen lernen. Durch Erziehung wird diese Triebfeder der Neugier und Offenheit beschnitten. Kinder streben zu jeder Zeit ihrer Entwicklung nach dem Gefühl, angenommen zu sein, so wie sie sind, sowie nach größtmöglicher Autonomie. Autonomie, für die wir Erwachsene ein Umfeld schaffen und Räume zur Verfügung stellen müssen. Genau das aber verhindert Erziehung.
8. Erziehung nivelliert
    Wenn wir uns ständig über die Kinder erheben und für sie entscheiden, nehmen wir ihre Individualität nicht mehr war. Erziehung nivelliert, ohne hinzusehen. Kinder haben bestimmte Fähigkeiten, Charaktere, Eigenheiten und Eigenschaften, die sie als Menschen unverwechselbar machen und auszeichnen. Wie können wir glauben, dass eine bestimmte Methode, ein bestimmtes Modell für all diese unterschiedlichen Kinder gleichermaßen gelten kann? Indem wir jedoch alle Kinder in dieselben Erziehungsschablonen pressen, nehmen wir ihnen all ihre Besonderheiten. Oder wir zwingen sie zumindest, diese zu unterdrücken, zu verstecken oder als etwas zu erfahren, das von uns Eltern nicht erwünscht ist: Du bist nicht o. k., so wie du bist!
9. Erziehung macht schwach
    Dass ein Kind »gut erzogen« ist, sagt erst einmal nur, dass es bestimmte Normen verinnerlicht hat und sich dem entsprechend verhält. Es sagt nichts darüber, ob es dem Kind gut geht, ob es glücklich und froh ist. Gerade Kinder, die als »gut erzogen« gelten, sind oft (auch über-)angepasst, versuchen lediglich in einer für sie lebensnotwendigen Beziehung zu funktionieren.
    Die Bindung an uns Erwachsene als erste Bezugspersonen bringt eine emotionale Abhängigkeit mit sich, die letztendlich dazu beiträgt, dass Anpassung zur reinen »Überlebensstrategie« werden kann. Kinder kooperieren in allen Konstellationen und bei allen Gegebenheiten uneingeschränkt – auch, wenn es für sie selbst ungesund ist.
    Deshalb ist es eben nicht so, dass Kinder für Eltern am »wertvollsten« sind, wenn sie angepasst reagieren. Im Gegenteil: Gemeinsame Entwicklung von Eltern und Kindern kann nur dann gelingen, wenn sich alle Beteiligten authentisch verhalten können, Eltern also bereit sind, sich wahrhaftig und ehrlich mit ihren wahren Emotionen und auch all ihren Schwächen im Kontakt zu Kindern zu zeigen und so für sie sichtbar zu werden. Diese Authentizität wird schnell anstrengend für Eltern, sie nehmen die Rückmeldungen ihrer Kinder oft als unbequem wahr. Dieses scheinbare Unbequemsein jedoch entpuppt sich als wahrer Schatz für uns Eltern, weil Kinder erst dadurch mit ihrer Persönlichkeit sichtbar werden, sie weiterentwickeln und ihre Fähigkeiten entfalten können.
10. Erziehung hat eine Lobby, Kinder haben keine
    Dass Machtpositionen im Verhältnis zu Kindern nicht aufgegeben werden, liegt auch an einer Lobby, einem Interessenkartell jenseits des Systems Familie, dessen einzelne Akteure miteinander verzahnt sind: Kinder- und Jugendpsychologen, Schulen und Politik. Anders als Frauen haben Kinder keine Lobby, deshalb wird an dieser Situation nichts verändert und das Interessenkartell nicht infrage gestellt.
    Wie schlecht die Stellung von Kindern in Deutschland ist und wie wenig Kinder wertgeschätzt werden, zeigen nicht zuletzt die Vorschläge, Hartz-IV-Empfänger oder auch die bei Schlecker Entlassenen zu Erziehern umschulen zu lassen. Hierbei geht es nicht um eine Abwertung der Qualifizierung der Einzelnen. Man gewinnt jedoch den Eindruck, dass das Wohl der Kinder hierzulande auf Discount-Niveau verhandelt wird. Und das gilt nicht nur für die Bezahlung von pädagogischem Personal, die letztendlich ein weiteres Zeichen für die Geringschätzung von Kindern in unserer Gesellschaft ist. Wenn nun zudem noch fachfremdes Personal »schnell umgeschult« und eingesetzt werden soll, als handle es sich um einen Aktenberg, der rasch abgearbeitet werden muss, dann ist das wahrlich ein Armutszeugnis für unsere

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