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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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nächstes tun soll. Vals Freundin liegt noch immer zwischen Toilette und Badewanne eingeklemmt. Sie ist gestorben.Tot. Ich kann sie da nicht liegen lassen, ich muß es der Polizei melden. Aber wie wird Val darauf reagieren? Und dann die Polizei. Und was tue ich, wenn Val andere Pläne hat? Aber was sollte sie schon für Pläne haben? Und was sagen wir bitteschön der Polizei?
    Wie ich die Fragen auch drehe und wende, sie kommen auf den einen Punkt zurück — eine Tote liegt bei Val im Badezimmer.

    Ich schalte den Fernseher aus und beobachte das knisternde Nachleuchten des Bildschirms. Vals Hand berührt mich am Arm.
    —Alles in Ordnung?
    Ihre Augen glänzen im Dunkeln.
    —Alles in Ordnung, lüge ich.
    Val hebt die Decke an und legt sie um mich. Ich rutsche näher heran.
    — Ich habe nachgedacht.
    Sie flüstert, als würde man uns belauschen.
    -Wir müssen zurück, Marek, wir können nicht davonrennen. Jenni ist...
    Val verstummt. Ich flüstere zurück:
    -Tot.
    -. . . Jenni ist tot, spricht Val weiter, Und ich will nicht, daß sie da so rumliegt, nicht meine Jenni, das geht nicht. Wir müssen die Polizei rufen, wir müssen ...
    Wieder verstummt sie.
    -    Was ist, wenn die Schnellen uns gefolgt sind? sagt sie nach einem langen Schweigen.
    Ich denke an die Fahrt von Kassel hierher. Die Autobahn war verlassen, keine Lichter im Rückspiegel. Nein, ich bin mir sicher, niemand ist uns gefolgt.
    -    Was glaubst du, was geschehen ist? frage ich, Hast du eine Idee, warum sie es getan haben?
    Val schüttelt den Kopf.
    -Warst du wieder---
    -    Ich war so weit von einer Psychose entfernt, wie du es jetzt bist, unterbricht sie mich, Ich habe mein Medikament genommen, ich war diszipliniert und habe nicht einmal daran gedacht. Ich weiß nicht, warum sie es getan haben, Marek. Ich weiß es wirklich nicht.
    Mit einem Mal habe ich den blutigen Schriftzug vor Augen.
    -Wieso wollten sie wissen, wo du warst?
    -Was?
    -    Die Schrift auf dem Spiegel. Wieso wollten sie wissen, wo du warst?
    -    Ich war auf der Tankstelle.
    -    Ja, ich weiß, aber warum wollten sie das wissen? Es klingt so, als hätten sie nicht Jenni, sondern dich in der Wohnung erwartet.
    Sie sieht mich verwirrt an.
    -    Und wenn?
    -    Wenn das so wäre, sage ich, Dann bist du in Gefahr
    und---
    -    Marek, wenn sie wollten, könnten sie mich jederzeit killen, das wann und wo ist nicht ihr Problem. Verstehst du das nicht? Sie sind überall, sie bewegen sich auf einer anderen Wellenlänge. Mich zu fragen, wo ich war, ist reinste
    Ironie. Sie wußten, wo ich war. Wahrscheinlich sahen sie mich zurückkommen und standen neben mir, als ich Jenni fand.
    Ich stelle mir das vor, mein Magen krampft sich zusammen.
    —    Können sie das wirklich? frage ich.
    —    Ich weiß nicht, was sie können. Aber ich bin mir sicher, daß sie nicht nach normalen Regeln spielen. Was auch immer ihr Problem ist, ich habe nichts getan, glaub mir das.
    —    Ich glaube dir.
    Val schlägt die Decke zur Seite.
    -Was machst du?
    —    Laß uns bitte fahren.
    —Was? Jetzt?
    —    Jetzt, sagt Val und schaltet das Licht an.

    Wir brauchen keine fünf Minuten, dann haben wir ausgecheckt und das Hotel verlassen. Val liegt wieder auf dem Rücksitz. Wir biegen auf die Autobahn ein. Vor exakt vierundzwanzig Stunden fuhren wir dieselbe Strecke in entgegengesetzter Richtung. Auch jetzt sind keine Rücklichter hinter uns, auch jetzt fühlt es sich an, als wären wir die einzigen Menschen, die noch wach sind. Vincent Gallo singt, während ich mich auf die Straße konzentriere und immer wieder aus den Augenwinkeln die gegenüberliegende Autobahnseite beobachte. Denn vielleicht kommt mir ein grauer Audi entgegen, und vielleicht sitzt ein nervöser Typ hinter dem Steuer und eine Frau schläft auf dem Rücksitz. Es wäre eine von vielen Reisen, die am Start enden.
    Es gibt die Theorie, daß sich bestimmte Probleme auflösen, wenn man sie lange genug ruhen läßt. Ein kaputter Computer, ein Mißverständnis unter Freunden, das unangenehme Knacken in den Boxen. In Vals Wohnung hat sich nichts verändert - außer, daß die Bagels trocken sind und eine rote »6« auf dem Anrufbeantworter blinkt. Jenni hockt noch immer im Bad. Der Geruch ist nicht so schlimm, wie ich erwartet habe. Das Blut um sie herum ist schwarz und eingetrocknet, die Schrift auf dem Spiegel wirkt wie ins Glas gekratzt.
    Val wartet im Hausflur, während ich alle Zimmer durchsuche. Erst als ich

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