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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Wein ist mir nicht mehr zumute, seitdem Val ihre Geschichte beendet hat. Ich beobachte, wie ich die beiden beobachte. Es ist ein guter Trick, um von mir selbst abzulenken. Jede Geste wird registriert.
    Vals hektische Art, sich eine Zigarette anzuzünden; Mareks Versuche, auf dem unbequemen Stuhl einigermaßen bequem zu sitzen. Er kommt mir vor wie jemand, den man auf der Straße trifft und nach einer Minute vergißt. Bei Val dagegen habe ich das Gefühl, sie schon länger zu kennen. Von Jenni habe ich viel über ihre gemeinsame Zeit und Vals Krankheit gehört. Sie waren die besten Freundinnen, bis Val plötzlich verschwand. Jenni hat sie sehr vermißt und fast jede Freundschaft mit der zu Val verglichen. Trotz all der Geschichten hielt sie zu ihr. Ich fand das bewundernswert.
    Mir konnte man mit so etwas nicht kommen. Mir konnte man auch schwer mit irgendwelchen Schnellen kommen.
    -    Ihr glaubt wirklich, Jenni wurde von den Schnellen umgebracht? frage ich.
    Sie tauschen einen kurzen Blick aus.
    -Wir nehmen an, es waren die Schnellen, antwortet Val, Oder irgend jemand, der mit ihnen zu tun hat, ja.
    Marek nickt zustimmend, und ich frage mich, ob er noch nicken würde, wenn er wüßte, was ich von dem Ganzen halte. Es ist so naheliegend, daß ich mich wundere, daß die beiden nicht selbst darauf gekommen sind.
    -    Glaubst du an die Schnellen? frage ich Marek, denn daß Val an sie glaubt, bezweifle ich nicht.
    Marek hat bisher wenig gesagt und nur mit seinem Glas gespielt. Wie er da zusammengesunken im Sessel sitzt, wirkt er zu jung, um Alkohol zu trinken. Ich schätze ihn auf Anfang zwanzig.
    -    Glauben ist das falsche Wort, sagt er, Ich glaube Val, daß es etwas wie die Schnellen gibt, gesehen habe ich sie ja nicht. Aber ich denke nicht, daß sich Val da etwas zusammenspinnt. Sie nimmt Medikamente, die ein Pferd umhauen würden, weil sie den Schnellen aus dem Weg gehen will. Ich habe ein paar von den Pillen selbst probiert. Niemand nimmt die freiwillig.
    -    Ist das der Sinn dahinter? frage ich Val, Möchtest du den Schnellen aus dem Weg gehen?
    -    Bisher war ich auf diese Weise sicher vor ihnen, antwortet sie, Was aber mit Jenni passiert ist...
    Sie verstummt, denkt nach.
    -    Ich verstehe es selber nicht, Theo, es ergibt für mich keinen Sinn. Das einzige, was ich mir vorstellen kann, ist, daß wir ihnen auf der Spur waren. Mit dem Internet und diesem Portal, das wir entdeckt haben. Ich weiß nicht, was das alles soll, aber ich werde es herausfinden, weil ich keine große Lust habe, Marek oder wen auch sonst noch zu verlieren.
    Sie macht eine Pause und reibt sich die Augen. Beide wirken übermüdet und aufgedreht. Bei Val äußert es sich in ihren Bewegungen. Manchmal erstarrt ihre Hand in der Luft, als wüßte sie nicht, welche Geste sie machen wollte. Mareks Augen sind gerötet, was aber auch an den Zigaretten liegen kann, die Val unablässig raucht.
    —    Und ich will mich entschuldigen, spricht Val weiter, Ich wußte nicht, was wir sonst tun sollten, als Jenni herzubringen.
    —    Wir hätten es melden müssen, sagt Marek, Wir können
    Jenni nicht im Auto liegen lassen, wir sollten---
    —    Vergiß es, unterbreche ich ihn, Niemand wird Val die Geschichte mit den Schnellen abnehmen.
    —    Das ist keine Geschichte, sagt sie.
    Wir sehen uns an. Ich will ihr nicht glauben, weil ich mir selbst nicht glaube. Ich könnte sie beruhigen und sagen: Ihr täuscht euch völlig, niemand hat Jenni etwas angetan. Es aber zu sagen, hieße, es vor mir selbst zuzugeben. Seit dem Gespräch über die Schnellen ist in mir eine absurde Hoffnung wachgeworden. Was, wenn es wahr ist? Was, wenn es wirklich diese ominösen Schnellen waren? Jemand hat Jenni etwas angetan, klang weniger schmerzvoll als: Jenni hat sich etwas angetan.
    —    Ich verstehe nicht, wie ihr nach Berlin fahren und Jenni in der Wohnung liegenlassen konntet, sage ich.
    —    Das war nicht meine Idee, wehrt Val ab.
    —    Dann warst du der Idiot? sage ich zu Marek und weiß sofort, ich sollte nicht so reden. Ich sollte lieber aufstehen und in das Schlafzimmer gehen, Tür zu und Ruhe, damit ich zu mir komme. Aber ich will nicht. Ich will von diesen beiden wissen, was wirklich in Kassel geschehen ist. Ich will jeden Schritt verstehen. Ohne Rücksicht.
    Marek erzählt von Vals Lüge über ihre Mutter:
    -    Ich habe einfach nur panisch reagiert. Val wurde ohnmächtig, eine Frau lag tot im Badezimmer, ich meine,

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