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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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sich der Weg und führt zu zwei Häusern und einem Schuppen.
    —    Hallo! rufe ich.
    Der Arzt ist weg.
    Am Schuppen hängt ein Vorhängeschloß. Ich laufe zum linken Haus, dieTür ist zu. Auch beim rechten Haus komme ich nicht rein. Ich schaue an der Fassade hoch. Niemand ist an einem der Fenster zu sehen.
    Ich jogge frierend zurück und spüre von der Kälte ein Stechen in den Lungen. Als ich beim Besuchercafé ankomme, zögere ich kurz und stelle mich dann vor die große Frontscheibe. Ich will wissen, was der Arzt von da aus gesehen hat. Hat er wirklich Val beobachtet? Ich schirme die Augen mit den Händen ab.
    Und schrecke zurück.
    Das kann nicht wirklich gewesen sein.
    Ich renne zum Eingang und ziehe dieTür auf.
    Lärm und Hitze, der Gestank von Zigaretten, Schweiß, Parfüm und aufgewärmtem Essen. Val und Theo sehen mich von der anderen Seite des Raumes an. Sie sind nicht die einzigen. Ich habe das Gefühl, im Rampenlicht zu stehen.
    -    Kommen Sie rein, sagt eine Frau am Eingang, Sonst hol ich mir eine Lungenentzündung.
    Der Mann neben ihr sagt, sie soll nicht so unhöflich sein. Ich mache einen Schritt in das Café und lasse die Tür hinter mir zufallen. Während ich mich an den Gästen vorbeischlängele, frage ich mich, ob es nicht klüger wäre, den Mund zu halten. Es ist nicht der richtige Ort und auch nicht die richtige Zeit, um Val und Theo zu erzählen, was ich durch die Frontscheibe sah. Was denn? würde Val fragen. Nichts, würde ich antworten, außer, daß das Cafe leer und verlassen war, es brannte nicht einmal Licht. Und Theo würde ergänzen: Was für ein Blödsinn.
    -Was war los? fragt Theo.
    -    Du sahst aus, als hättest du einen Geist gesehen, sagt Val. Ich setze mich zu ihnen, reibe die Hände aneinander, lege sie um Vals Teetasse.
    -    Nichts, mir war nur etwas schlecht.
    Ich mache eine Geste, die das Café umfassen soll.
    -    Schlechte Luft und so, versteht ihr?
    Val schiebt mir ihren Teller zu, ich sollte etwas essen, sie könnte sich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal richtig gegessen habe.
    Ich nehme mir eine von ihren Pommes und tue, als ob alles in Ordnung wäre. Ungewollt wandert mein Blick zu der Frontscheibe. Es ist nicht zu erkennen, wo der Arzt vorhin gestanden hat. Auch von mir sind keine Spuren zurückgeblieben.
    -    ... besser.
    -Was?
    -    Ich sagte, daß es besser wäre, wenn du auch einen Tee trinkst, sagt Val.
    -    Bleib mal sitzen.
    Theo steht auf, um sich ein zweites Mal anzustellen. Val legt die Hände um mein Gesicht, so daß ich sie ansehen muß.
    —Was ist los mit dir?
    -    Übelkeit, sage ich, Und zu wenig Schlaf.
    Sie beobachtet meine Augen, erst das linke, dann das rechte. Sie lächelt und küßt mich auf den Mund. Als wir uns wieder trennen, wird mir bewußt, daß es der erste Kuß seit JennisTod ist.
    -    Hast du Angst? fragt mich Val.
    -    Ein bißchen, sage ich und will noch mehr sagen, verstumme aber.
    Val läßt mein Gesicht los.
    -    Hab keine Angst, sagt sie, Hier, nimm lieber noch ein paar Pommes.

    Eine halbe Stunde später stehen wir wieder vor der Parkbank.
    -Was, wenn sie nicht rauskommt? fragt Theo.
    Val sieht ihn überrascht an.
    -Wieso sollte sie nicht rauskommen?
    -    Hausarrest oder was auch immer.
    -    Sie wird kommen, es dauert immer ein Weile. Sie sitzen jetzt beim Nachtisch, Bettina würde sich den Nachtisch nie entgehen lassen.
    Val hakt sich bei mir unter, lehnt sich an mich, Theo knöpft seinen Mantel zu, der Eingang zum Backsteinbau bleibt verlassen.
    —    Scheißkälte, sage ich.
    —    Da kommen sie, sagt Theo.
    Erst kommen die drei Männer. Sie nehmen ihren Posten ein und geben sich gegenseitig Feuer. Dann schauen sie zu uns, schauen wieder weg. Wir warten. Einige Minuten später kommt die Gruppe von Frauen aus dem Haus. Val ruft Bettinas Namen, Bettina hebt die Hand, winkt und sagt etwas zu den Frauen. Dann läuft sie zu uns und umarmt Val.
    —    Ist das schön, daß du noch da bist! Das wollte mir keiner glauben. Keiner, weißt du?! Sie sagen, du bist nicht mehr Val. Sie sagen, du hast dich verändert und bist nicht mehr du.
    -Wer sagt das? fragt Val.
    —    Die ...
    Bettina beißt sich auf die Unterlippe und kichert. Wir sehen sie an, wir warten. Bettina hört auf zu kichern und blickt verlegen in die Runde.
    —Was ist denn? fragt sie.
    -Wer sagt, daß ich nicht mehr ich bin? fragt Val mit ruhiger Stimme nach.
    —    Du weißt schon, antwortet

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