Du bist zu schnell
Bitte ...
Der Mann hörte nicht. Für eine Sekunde glaubte ich, seinen Atem in meinem Gesicht zu spüren, dann spürte ich nur noch das schneidende Metall und versuchte um mich zu schlagen. Aber was war ich schon gegen seine Schnelligkeit?
Ich sprang auf, stolperte über die Holzbänke und prallte von der Wand ab. Und wurde geschnitten, wurde immer wieder geschnitten, versuchte den Mann zu greifen, griff ins Leere und wurde geschnitten. Versuchte zu schreien und spürte sofort das Metall an den Lippen, wie es sich in der Haut verhakte und hochgezogen wurde. Blut füllte meinen Mund, ich fiel und schlug auf dem Boden auf. Ich hob schützend meine Hände, versuchte mich zu verkriechen, wurde zu einem Ball aus Fleisch und wurde geschnitten und geschnitten.
THEO
1
Val hat die Arme vor ihrer Brust verschränkt, und ich kann hören, wie ihr nackter Fuß auf den Boden tippt.
— Und dann? fragt Marek.
— Ich muß ohnmächtig geworden sein und erwachte erst wieder in deinem Bett. An mehr erinnere ich mich nicht, das ist alles.
Sie sieht uns an und wartet auf eine Reaktion. Während sie erzählte, saßen Marek und ich vorgebeugt. Zum Ende hin hatten wir die Hände zu Fäusten geballt. Als mir das auffiel, habe ich mich anders hingesetzt und die Finger verschränkt.
— Ich habe dich in der Sauna gefunden, sagt Marek, Theo hatte nichts dagegen, daß wir hierher kommen.
Val sieht mich an, sagt Danke und senkt den Blick.
— Es ... es tut mir wirklich leid, spricht sie weiter, Aber ich dachte, ich bekomme das hin. Ich dachte, ich kann mit ihnen reden und herausfinden, warum sie Jenni umgebracht haben.
Sie beginnt wieder zu weinen. Marek rührt sich nicht, auch ich sitze einfach nur da. Ich will ihr nicht glauben. Was mit ihr geschehen ist, macht mir angst. Auf der anderen Seite bewundere ich es, daß sie für Jenni so weit gegangen ist.
Marek gibt sich einen Ruck. Er wagt es nicht, Val am Körper zu berühren, also streichelt er ihren Hinterkopf.
-Wie konntest du nur, sagt er und macht eine Pause.
Ich sehe ihn an und weiß nicht, wie er aufVals Geschichte reagieren wird. Als Marek weiterspricht, ist seine Stimme so ruhig, als würde er laut denken:
— Da zerbreche ich mir den Kopf, wie ich dich schützen kann und habe schlaflose Nächte und Angst um dich, und du hörst auf, deine Pillen zu nehmen. Einfach so. Ich verstehe das nicht. Ohne ein Wort zu sagen, einfach so. Ich verstehe das einfach nicht.
— Aber ich wußte doch, daß sie mir nichts tun, verteidigt sich Val.
Marek nimmt die Hand von ihrem Hinterkopf.
— Sie tun dir nichts? Val, hast du schon mal in den Spiegel gesehen?
— Das ...
Val winkt ab, als würde Marek über ein paar Schrammen reden.
— ... soll mir bloß Angst machen. Ich weiß, sie können nicht weitergehen. Irgendwas hält sie ab. Ich bin für sie tabu. Und das ist mein Joker, ist das so schwer zu verstehen?
Marek schüttelt den Kopf. Ich bewundere seine Ruhe. Er steht auf, verläßt die Küche und geht ins Wohnzimmer. Val schaut ihm hinterher, dann werden ihre Augen plötzlich groß, denn Marek kommt zurückgerannt und brüllt sie an:
— DA GIBT ES NICHTS ZU VERSTEHEN! VERDAMMT NOCH MAL, DU SPIELST MIT DEINEM UND WAHRSCHEINLICH AUCH MIT UNSEREM LEBEN, KAPIERST DU DAS NICHT?!
Er wendet sich an mich und versucht normal zu klingen, seine Stimme überschlägt sich:
— Sie mag ihre Psychose.Theo, sie mag ihre verschissene Psychose, das
ist doch nicht nor---
— Ich kann sie verstehen, unterbreche ich ihn.
-WAS?!
— Ich sagte, ich kann sie verstehen. Sie wollte Antworten von den Schnellen und nahm diesen Weg. Ich finde das gut. Es ist zwar nicht harmlos, aber sie hat es hinbekommen.
- Du verarschst mich doch, oder?
- Jenni ist tot, wie kann ich dich da verarschen?
—Theo, das ist nicht dein Ernst! ?
Er zeigt aufVal.
- Was für Antworten hat sie bitteschön bekommen, mh, kannst du mir das mal sagen?
Da hat er recht, denke ich, halte aber den Mund.
Marek sieht von mir zu Val und wieder zu mir zurück.
- IHR SEID DOCH BEIDE VÖLLIG DURCHGEKNALLT! Damit wendet er sich ab und verläßt die Wohnung. Die Tür
fällt ins Schloß. Wir bleiben schweigend in der Küche sitzen. Val sieht elend aus. Es ist das eine, Fehler zu machen, es ist das andere, diese Fehler zu akzeptieren.
- Es tut mir leid, sagt sie, Ich wollte nicht, daß es so kommt. Ich ... ich weiß
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