Du bist zu schnell
hat, will ich es nicht ausreizen.
Also lege mich wieder ins Bett und ziehe mir die Decke bis zu den Ohren hoch. Liege auf dem Rücken, liege auf der Seite, liege wieder auf dem Rücken und bin überhaupt nicht mehr müde.
Ein Knarren erklingt, dann ein dumpfes Geräusch.
Ich öffne die Augen, das Knarren wiederholt sich. Ich schwinge die Beine aus dem Bett. DieTür zum Wohnzimmer ist nur angelehnt.
Theo schläft auf dem Sofa. Sein Mund ist offen, sein Kopf wird von den offenen Haaren gerahmt. Es sieht aus, als würde er nicht atmen. Mit ein paar Schritten bin ich bei ihm und lege mein Ohr über seinen Mund. Da ist kein Atmen zu hören. Ich halte die Luft an, warte, warte ... und da höre ich es. Ein sanftes, langes Zischen. Es kommt aus Theos Mund, als hätte es sich durch meterlange Tunnel gekämpft. Dann passiert fast eine Minute lang nichts, bevor Theo mit einem Seufzer einatmet. Ich richte mich auf und sehe auf dem Boden das Buch, das ihm aus der Hand gefallen sein muß. Ich lege es auf den Glastisch neben seine Brille. Es erzeugt einen hohlen Ton, der an einen Gong erinnert. Irgend etwas stimmt nicht. Theos Atmen, der hohle Ton. Ich zögere. Dann habe ich es.
Ich packe Theos Schultern, um ihn zu wecken. Eine Stimme sagt:
— Die im Dunkeln sieht man nicht.
Ich lasse Theos Schultern los und schaue in die Richtung, aus der die Stimme gekommen ist.
Der Mann hat einen der Sessel bis an die Bücherwand geschoben, so daß ich ihn im Schatten nicht erkennen konnte.
-Aber...
Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Das kann nicht sein, das ist einfach nicht möglich.
— Ist es doch, sagt eine zweite Stimme hinter mir.
Die Frau steht im Türrahmen, Stiefel und Mantel, das blonde Haar erinnert mich für einen Moment an Jenni. Der Moment vergeht, und es ist wieder die Frau aus dem Schwimmbad. Zischend höre ich Theo ausatmen.
—Woher...?Wieso ...?
— Es war nicht schwer, dir zu folgen, sagt der Mann, Oder dachtest du, es gibt einen Ort, an den du verschwinden kannst, ohne daß wir es mitbekommen?
Die Frau lacht und winkt ab. Die Geste hinterläßt im Dunkeln einen silbernen Streifen. Ich weiß nicht, wen von den beiden ich ansehen soll. Mein Kopf ruckt hin und her.
— Schau mich an, sagt die Frau.
— Darauf fall ich nicht noch einmal rein, sage ich, Das
letzte Mal hat er mich gepackt und---
— Und was sollte mich dieses Mal davon abhalten? fragt der Mann und steht neben mir. Da ist mit einem Mal seine Anwesenheit, wo vorher nichts gewesen war. Ich kneife die Augen zusammen und erwarte, das Messer zu spüren. Als ich sie wieder öffne, sitzt der Mann wieder im Sessel.
— Ich habe nichts getan, verteidige ich mich, Ich habe meine Pillen genommen, und ich habe ...
Ich verstumme, weil ich weiß, daß sie genau wissen, was ich getan und was ich nicht getan habe. Sie sind die Wächter, sie kriegen mit, sobald ich versuche, die Tür zu öffnen.
-Wieso taucht ihr auf, obwohl ich die Tür nicht geöffnet habe? frage ich.
—Was ist das für eine Frage? sagt die Frau.
— Ich habe keine Ahnung, sagt der Mann.
—Wir kommen, wann wir wollen, sagt die Frau.
— Oder dachtest du, das wäre anders? sagt der Mann.
— Hattest du eine Theorie? sagt die Frau.
— Ich will sie nicht hören, sagt der Mann.
— Ich auch nicht, sagt die Frau, Denn was du denkst oder dir zusammenspinnst, ist absolut unwichtig.
Sie kommt näher und bewegt sich dabei so schnell, daß ich sie an der Stelle sehe, an der sie eben noch gestanden hat. Ich bin zu langsam, ich kann ihr überhaupt nicht folgen.
—Wieso bist du nicht nach Hause gefahren? fragt sie, Dachtest du, du bist zu Hause nicht sicher? Dachtest du, du bist hier sicherer? Und wer ist er?
Ich folge ihrem Blick.
— Er ist der Freund meiner Freundin. Jenni.
— Er war der Freund deiner Freundin, korrigiert mich die Frau und tippt mir mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. Ich will zurückweichen, rühre mich aber nicht von der Stelle und sage:
- Ihr hättet das nicht tun sollen.
— Du hättest das nicht tun sollen, korrigiert sie mich erneut. Plötzlich schreie ich sie an:
- ICH HABE NICHTS GETAN, VERDAMMT NOCH MAL, ICH HABE NICHTS GETAN!
Die Frau legt den Finger auf ihre Lippen.
- Soll dein neuer Freund wach werden?
Der Mann hockt plötzlich neben Theo. Ich sehe das kalte Blau der Klinge, als er es gegen Theos Wange drückt. Theo zuckt zurück und liegt
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