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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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sagen.
    »Er war … jemand, der nicht gern nur zwischen Abgrenzungsflaggen schwamm, glaube ich.« Lachlan blinzelte mich an. »Eigentlich erinnerst du mich an ihn.«
    Mein Instinkt schrie nach einer dummen Bemerkung. Ich erinnere dich an einen alten Mann? Vielleicht sollte ich eine bessere Feuchtigkeitscreme benutzen . Aber selbst ich kapierte, dass er es so nicht gemeint hatte. Mein Mund war trocken. Ich stellte mir wieder vor, was Ami sagen würde. Reiß dich zusammen, Olive.
    »Das Problem ist nur: Wenn du die Flaggen ignorieren willst, endest du ungefähr so«, krächzte ich und zeigte auf die Haibisse in meinem Kleid. Die Art, wie Lachlans Blick über mich strich, verursachte mir auf den entblößten Stellen Gänsehaut, trotz der Bullenhitze im Raum.
    »Ich würde sagen, deshalb ist es gut, deinen persönlichen Rettungsschwimmer bei dir zu haben«, sagte er. »Der auf dich aufpasst.«
    Gerade fing ein neuer Song an. Lachlan neigte seinen Kopf. »Kommst du tanzen?«, fragte er. Lässig. Als ob es denkbar wäre, dass ich Ja sagen würde.
    »Es ist so ein wonkiger Song«, sagte ich schwach.
    »Ich bin ein wonkiger Tänzer.« Da war etwas sehr Entschlossenes an ihm. »Komm.«
    Das erklärt also hoffentlich, wie ich schließlich doch auf meinem Schulball tanzte – oder jedenfalls soweit es möglich ist, etwas so Unerwartetes zu erklären. Aber hier kommt der wirklich mysteriöse Teil. Als ich erst ein bisschen runtergekommen war, fing es an, mir Spaß zu machen. Lachlan war überhaupt gar kein so schlechter Tänzer. Er gab sich ganz der Musik hin – bewegte sich in seiner netten, glücklichen Art, seine langen Glieder flatterten. Und vor allem machte er nicht dieses Ding wie so viele andere, die sich die ganze Zeit nur umsehen, ob sie auf der Tanzfläche noch jemand besseren finden, mit dem sie tanzen sollten. Lachlan sah mich an. Nur mich.
    Als der Song vorbei war, nahm er meine Hand und hielt sie wie etwas sehr Kostbares. Sein Blick war sanft. »Bleiben wir noch ein Lied?«
    Da hörte ich es. Leute in der Nähe, die kicherten. Ich zog meine Hand weg, wütend auf mich selbst, wie ich so dumm gewesen sein konnte.
    »He«, sagte Lachlan. »Was ist los?«
    Ich starrte ihn an. Mein Hals tat weh. »Hast du deine Wette schon gewonnen?«, fragte ich mit harter und wütender Stimme. »Die du darüber abgeschlossen hast, mit dem hässlichsten Mädchen auf dem Ball zu tanzen?«
    »Was redest du da?«, sagte er. Er sah total entsetzt aus. »Ich –«
    Ich schnitt ihm das Wort ab. »Ist es nicht peinlich, mit mir gesehen zu werden? Selbst wenn es nur eine Lachnummer ist?«
    »Olive. Hör auf .« Etwas in Lachlans Stimme ließ mich zögern, jedenfalls für einen Moment. Er sah so ernst aus. »Warum sollte es mir peinlich sein, mit dir zu tanzen? Du bist die verblüffendste, schönste … echteste Person an dieser ganzen Schule.«
    Da musste ich wegsehen. Der Boden war mit Goldflimmer bedeckt. Ich nehme an, es sollte wie Sand aussehen. »Manchmal fühle ich mich nicht echt«, sagte ich und hasste mich dafür, wie verletzt das klang.
    »Na, vielleicht bist du dann ja auch nicht echt«, antwortete Lachlan ganz weich. »Vielleicht liegt es daran, dass ich dich küssen möchte.«
    Normalerweise kannst du dich darauf verlassen, dass dein Körper elementare Dinge von allein erledigt. Aber in dem Moment stellte mein Körper die Atmung ein. Ich musste hastig Luft holen und versuchte, den Prozess wieder ans Laufen zu bringen. Ich weiß nicht, ob jemand an der Heizung rumspielte, jedenfalls war es urplötzlich noch heißer in der Halle. Heiß, hell und viel zu voll.
    »Ich muss nach draußen«, keuchte ich. Zum Glück wussten meine Beine noch, wofür sie da waren. Ich rannte los.
    Die Dunkelheit und die kühle Brise halfen mir, das wirbelnde, sich überschlagende Gefühl in meiner Brust zu kontrollieren. Ich ging jetzt Schritttempo, und einen Moment später hörte ich, dass Lachlan angerannt kam, um mich einzuholen. Er sagte nichts, fiel nur neben mir in Gleichschritt. Schweigend entfernten wir uns von den Leuten vor dem Gebäude, die im Schatten lachten und heimlich rauchten.
    Ich wandte mich dem Pfad zu, der an der Stadthalle entlangführte. Die nackten Ziegelsteine lagen hier bloß und waren rau. Ich blieb stehen, lehnte mein Gesicht dagegen. Ich spürte sie kalt und tröstlich massiv an meiner Wange. Lachlan hielt auch an, genau hinter mir. Ich beobachtete eine winzige Spinne – kleiner als ein Regentropfen –, die ein Netz in der

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