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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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drehte mich um und sah, wie eine Welle in der Ferne anschwoll – eine richtig große Welle. Sie bäumte sich auf wie etwas aus einem Horrorfilm. Ich spürte, wie die Strömung uns erfasste und darauf zuspülte. »Lass mich los!«
    Aber Lachlan hielt mich fest. »Du kannst ihr nicht davonschwimmen«, sagte er. »Wir müssen sie ausreiten. Zusammen.«
    »Ausreiten?«, rief ich hysterisch. »Das ist kein Pferd, Lachlan. Es ist eine freakige, riesige Welle.« Eine, die drohend sichtbar wurde, immer größer und näher.
    Lachlan legte erst einen, dann den anderen Arm um mich, drückte meine Brust eng gegen seine und hielt mich dort fest. Ich war so überrascht, dass ich einen Moment sogar meine Panik vergaß. Vergaß, mich zu wehren. Und als er wieder etwas sagte, konnte ich seine Worte nicht nur hören, sondern fühlen, wie sie von seinem Körper direkt in meinen drangen.
    »Wenn ich jetzt sage, schließt du die Augen und … und dann verlässt du dich ganz auf mich, okay?«
    »Ich will wirklich nicht –«
    Aber Lachlans Arme zogen mich noch dichter an ihn. » Jetzt .«
    Dann tauchten wir ins Wasser und unter die Welle. Ich und Lachlan. Ich hielt meine Augen ganz fest zusammengedrückt, fühlte, wie das Wasser an meinen Haaren und meinen Sachen zog. Merkwürdige Gedanken schossen mir durch den Kopf.
    Sinken oder steigen wir?
    Vielleicht blieben wir auf der Stelle und bewegten uns überhaupt nicht.
    Ich ertrinke.
    Vielleicht war ich schon tot.
    Alles wurde langsamer. Meine Finger lockerten sich und mein Puls beruhigte sich. Luftblasen kitzelten meine Haut wie das Knabbern winziger Fische, und ich bemerkte einen Klang – langsam und rhythmisch. Lachlans Herz, das gegen meine Brust hämmerte.
    Dann fing Lachlan an zu treten, und wir bewegten uns aufwärts. Aufwärts, aufwärts.
    Wir durchbrachen die Oberfläche, und ich schnappte nach Luft. Die Luft fühlte sich fremd an, als sie meine Lunge füllte, so als ob ich zum ersten Mal atmen würde. Ich blickte mich um, fasziniert, wie anders alles aussah. Ich meine, der Sand und der Parkplatz und die Häuser, die an der Strandstraße lagen – sie waren alle noch da, genau wie vor einer Minute. Aber irgendwie sahen sie anders aus. Heller, sauberer. Und so fühlte sich auch mein Kopf an; jemand hatte ihn geöffnet und den Muschelbewuchs abgekratzt. Ich fing an zu lachen.
    Lachlan hatte seine Arme immer noch um mich geschlungen, obwohl die Woge zurückgerollt war und wir fast an die Küste getragen worden waren. »Alles in Ordnung bei dir?«
    »Mir geht’s gut«, sagte ich.
    Aber gut traf es nicht einmal annähend. Ich sah zu Lachlan hoch und grinste wie eine Schwachsinnige. »Ich glaube, du kannst mich jetzt loslassen.«
    Lachlans Augenbrauen hoben sich. »Warum sollte ich mir solch eine günstige Gelegenheit entgehen lassen?«
    Und dann beugte er sich runter und küsste mich.
    So wie wir dastanden, brusttief im Wasser, fühlte ich mich wie mitten in meinem eigenen Liebesroman. Seine wahnsinnig schönen Arme um mich geschlungen, die Hände, die sich an meine Seiten drückten. Seine Lippen waren weich und köstlich, und ich spürte tatsächlich diese flatternden Schmetterlinge, wunderbar und prickelnd. Die nächste Riesenwelle hätte mich die ganze Strecke bis zum Südpol schleifen können – ich hätte es nicht einmal bemerkt.
    Lachlan zog seinen Kopf leicht zurück, lehnte sich nach hinten und beobachtete mich, sein Lächeln etwas nervös. »War das okay?«, fragte er. »Ich meine, war das okay, dass ich das getan habe?«
    »Ja«, sagte ich. »Das war so was von okay.«
    Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und hörte zu, wie das Herz in seiner Brust schlug – dieses starke, unerschütterliche Pochen.
    Dann vernahm ich ein leises Lachen.
    »Was ist?«, sagte ich und sah zu ihm auf.
    »Ich fasse es nicht«, antwortete er. »Ich meine, endlich habe ich es geschafft, dir nahezukommen, ohne dass du-weißt-schon-wer vorspringt und sich mir in den Weg stellt.«
    »Du meinst Miranda?«
    »Sie ist wie ein Bodyguard«, sagte Lachlan finster. »Außer, dass sie nicht versucht, dich zu beschützen.«
    Über uns kreischten und kreisten Seemöwen. Ich nickte. Zum ersten Mal seit Wochen fühlte sich mein Kopf klar und nicht so benebelt an. »Miranda versucht, mir wehzutun«, sagte ich. »So wie sie Katie wehgetan hat.«
    »Ja«, sagte Lachlan. »Du hast recht.«
    Die Worte blieben für eine Weile hängen.
    »Glaubst du, dass übernatürliche Sachen passieren können?«, fragte ich.

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