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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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»Du weißt schon – die Art Sachen, an die man als normaler, vernünftiger Mensch nicht glauben sollte?« Ich sprach schnell, aus Angst, ich könnte mich umentscheiden.
    Das Wasser plätscherte gegen uns, als Lachlan darüber nachgrübelte. »Ich denke, ich glaube an grau«, sagt er schließlich.
    »Was soll das heißen?«
    »Das hat mein Grandpa immer gesagt«, erklärte Lachlan. »Manche Dinge sind nicht unkompliziert. Nicht alles ist echt oder falsch, wahr oder erfunden, schwarz oder weiß. So einfach ist es nicht.« Er sah mich an, ein scheues Lächeln auf den Lippen. »Ergibt das irgendeinen Sinn?«
    »Für mich ja. Für mich ergibt es sehr viel Sinn«, sagte ich ihm.
    Dann küsste Lachlan mich zum zweiten Mal, und die Schmetterlinge wurden alle wieder in Bewegung gesetzt – wirbelnd, kreiselnd, sich überschlagend.
    Als wir uns wieder voneinander lösten, war Lachlans Gesicht ernst. »Olive, du musst mir etwas versprechen.«
    Mein Herz hüpfte. »Was?«
    »Dass ich dir von nun an helfen darf. Unternimm nichts wegen Miranda ohne mich. Geh nicht einmal in ihre Nähe. Was immer wir machen, machen wir zusammen, in Ordnung?«
    Ich blinzelte zu ihm auf. »Bist du jemals außer Dienst, du Lebensretter?«, sagte ich lächelnd.
    Lachlan schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn ich in deiner Nähe bin«, sagte er.
    Dieses Mal war ich es, die Lachlan küsste.
    Als es uns schließlich kalt wurde und wir langsam wieder zurück ans Ufer wateten, fühlte ich mich wie Superwoman – stark und unbesiegbar –, bereit, die ganze Welt zu retten.
    Am Strand trockneten wir uns ab, so gut es mit nur einem Handtuch und patschnassen Sachen ging. Mir war gar nicht kalt, aber Lachlan bestand darauf, dass ich sein Sweatshirt mit der Kapuze nahm. Als ich hineinschlüpfte, war es, als hielten seine Arme mich immer noch – warm und fest.
    »Was machst du jetzt?«, fragte er und strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Hast du Lust auf Pizza oder so etwas?«
    Natürlich hatte ich das, mehr als alles andere, aber ich erinnerte mich an das Chaos, das ich zu Hause zurückgelassen hatte. »Ich muss da erst einmal etwas aus der Welt schaffen«, sagte ich, und als ich seinen Gesichtsausdruck sah, fügte ich hastig hinzu: »Familienangelegenheit. Ich bringe das in Ordnung und treffe dich dann später.«
    Seltsam. Ich dachte doch tatsächlich, es würde so einfach sein.
    Lachlan zögerte, und ich konnte sehen, wie er gegen seine Lebensretterinstinkte ankämpfte, aber endlich nickte er. »Okay. Aber vergiss nicht, was du mir versprochen hast. Halte dich fern von Miranda.«
    Ich umarmte ihn und konnte es kaum fassen, wie erstaunlich sich sein Körper so nahe an meinem anfühlte. »Mach dir keine Sorgen«, sagte ich. »Ich gehe gar nicht erst in ihre Nähe.«
    Ich verankerte Lachlans Telefonnummer in meinem Gedächtnis, dann sah ich zu, wie er den Strand hinabsprintete, bis er nur noch ein Fleck in der Ferne war – ein sehr, sehr schöner Fleck. Endlich schaffte ich es, mich von seinem Anblick zu lösen und ging auf die Treppen zu, die zur Straße zurückführten. In meinem Kopf spulte ich immer wieder alles ab, was passiert war, und versuchte, mir jede Kleinigkeit genau einzuprägen. Wie sein Bein meins gestreift hatte, als wir unter Wasser getrieben waren. Wie er mich angesehen hatte, als wir wieder auftauchten. Die winzige Sommersprosse, die ich an seinem Ohr entdeckt hatte, als der Wind ihm die Haare aus dem Gesicht wehte. Das Heben und Senken seines Atems gegen meine Brust.
    Ich glaube, ich war in einer Art Trance, ließ mich treiben und achtete nicht auf meine Umgebung. Ich bemerkte kaum, dass es langsam dunkel wurde und dass ich der einzige Mensch am Strand war – die Jogger und die eingefleischten ganzjährigen Surfer waren alle schon weg. Und ich wusste, dass es kalt war, obwohl es mir nichts auszumachen schien.
    Erst als ich die Treppenstufen erreichte, sah ich Miranda dort stehen. Sie hatte sich auf der halben Treppe aufgebaut, beide Hände aufs Geländer gestützt, sodass sie mir den Weg versperrte. Ich musterte ihr Gesicht und versuchte zu erraten, was in ihrem Kopf vorging, wie viel sie gesehen hatte. Aber wie gewöhnlich war das unmöglich.
    Das Einzige, was ich sicher wusste, war, dass sie sauer war. Extrem sauer.
    »Olive«, sagte sie. »Was zum Teufel hast du gemacht?«

VIERUNDZWANZIG
    »Ich war schwimmen«, antwortete ich.
    Miranda betrachtete meine triefende Erscheinung mit Abscheu. »Das ist offensichtlich. Aber warum warst du

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