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Du Durchschaust Mich Nicht

Du Durchschaust Mich Nicht

Titel: Du Durchschaust Mich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Farid
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nichts Neuem. Stell dir vor, du stündest morgens auf und müsstest dich auf jeden einzelnen Schritt und Handgriff konzentrieren, den Weg vom Bett in die Küche, das Zubereiten des Kaffees, den Weg ins Badezimmer, das Aufdrehen des Wasserhahns, das Waschen und Anziehen, das Frühstücken … Dann könntest du nicht parallel Radio hören, dich unterhalten, Zeitung lesen, die erste SMS tippen, eine Notiz machen …
    In unserem Unbewussten sind all diese vertrauten Handlungen abgespeichert, und wir können sie jederzeit wie im Schlaf abspulen lassen. Somit ist Raum frei für die neuesten Nachrichten, eine spontane Unterhaltung, das Schreiben des Einkaufszettels und, und, und. Das Gehirn koordiniert alle Aktivitäten des gesamten Körpers.
    Obwohl bei weitem nicht alle Informationen aus der Umwelt das Bewusstsein erreichen, sind es noch immer viel zu viele. Das Bewusstsein braucht eine Kontrollinstanz, um sich im Dickicht der Informationen zurechtzufinden. Diese Kontrollinstanz ist die Aufmerksamkeit, die gleich einem Scheinwerfer bestimmte Dinge in der Welt »erhellt« und andere im Schatten zurücktreten lässt.
    Deine Aufmerksamkeit bringt dich dazu, etwas aus den vielen Sinneseindrücken bewusst auszuwählen und es verstärkt wahrzunehmen. In diesem Moment sind alle Sinne auf die ausgewählte Sache konzentriert. Und in dem Moment, wo etwas deine Aufmerksamkeit erregt, wird alles andere, was die Aufmerksamkeit ablenken könnte, ausgeblendet. Mit Hilfe der sogenannten selektiven Aufmerksamkeit können wir alle anderen Reize unterdrücken. Und diese Fähigkeit des Menschen nutzen Magier wie ich, indem wir die Aufmerksamkeit unseres Publikums lenken: zu etwas hinlenken, um zugleich von etwas anderem abzulenken. Im Englischen wird dies
Misdirection
genannt, es ist eine Art Irreführung der Aufmerksamkeit. Im Deutschen sprechen wir von der Ablenkung, was der Sache im Grunde nicht gänzlich gerecht wird.
    Bevor ich dir die Kunst der »magischen« Ablenkung näherbringe, möchte ich dir aber ein witziges Experiment vorstellen, das die US -Psychologen Dan Simons und Chris Chabris erstmals 1999 durchführten. Testpersonen wurde ein Video gezeigt, auf dem sie zwei Teams sahen, die sich einen Basketball zupassten. Das eine Team trug weiße, das andere schwarze T-Shirts. Die Testpersonen vor dem Video sollten nun die Pässe des in Weiß gekleideten Teams zählen. Am Ende des Videos lief eine in dunklem Gorilla-Kostüm verkleidete Person mitten durch die Spieler über das Spielfeld. Doch obwohl der »Gorilla« in der Mitte des Spielfeldes sogar noch kurz stehen blieb und sich mit den Fäusten auf die Brust trommelte, hatte keine der Testpersonen dieses auffällige Intermezzo bemerkt.
    Das Experiment »Gorillas in unserer Mitte« veranschaulicht die sogenannte Unaufmerksamkeitsblindheit: Man nimmt etwas nicht wahr, das eigentlich gar nicht zu übersehen ist. Es ist sogar so, je stärker man seine Aufmerksamkeit auf eine Sache konzentriert, desto unwahrscheinlicher ist es, dass man mitbekommt, was sonst noch passiert.
    Genau diesen Umstand nutze ich als Magier, wenn ich dir vortäusche, dass vor deinen Augen ein »Zauber« passiert. Denn ich lenke deine Aufmerksamkeit auf ein Geschehen, das du möglichst intensiv beobachten sollst, um an anderer Stelle unbeobachtet das zu tun, was den eigentlichen magischen Effekt bewirkt.
    Wenn ich auf der Bühne stehe und meinen Blick auf etwas richte, ihm scheinbar besondere Bedeutung zukommen lasse, folgen mir die Blicke der Zuschauer unwillkürlich. Dies ist die einfachste Form, Aufmerksamkeit zu lenken, um unbeobachtet etwas ganz anderes tun zu können. Mal konkret: Am 1 . April 2009 war ich bei Stefan Raab bei
TV Total
zu Gast. Ich überlegte mir einen guten Aprilscherz, denn ich wollte ihn vor laufender Kamera mal so richtig an der Nase herumführen und etwas tun, das man eigentlich gar nicht übersehen konnte – das er und die Zuschauer aber tatsächlich nicht wahrnehmen würden.
    Indem ich Stefans Aufmerksamkeit auf ein Post-it, einen Edding und eine Polaroidkamera lenkte und weil ich Stefan mit dem Edding etwas auf das Post-it malen ließ – er zeichnete einen gefährlichen Nasenbär –, hatte ich mir meinen geheimen Raum für die eigentlichen Illusionen, die ich zeigen wollte, eröffnet.
    Das bemalte Post-it haftete ich mir in die Hand, und Stefan knipste ein Polaroid von mir mit dem Bild in der Hand. Zum Beweis sollte das Publikum im Hintergrund auf dem Foto zu sehen sein,

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