Du Durchschaust Mich Nicht
dem sie hier fröhlich angestoßen haben, Völlers Sohn ist. Na, da sind die lieber schnell abgezischt, die dürfen im Moment doch gar nicht so lange ausgehen.«
Oje, daran hatte ich wirklich nicht gedacht.
Rudi Völler, also Marcos Vater, ist der einzige Fußballspieler, von dem ich natürlich etwas mitbekommen habe, obwohl ich ihn nicht kenne. Das soll sich jetzt ändern. Dass ich ihn nicht kenne. Denn ich habe einen Termin für ein kleines Interview bekommen und bin im Vorfeld bemüht, mich möglichst gut vorzubereiten, er muss ja nicht sofort merken, dass ich kein Fußballkenner bin.
Der Termin findet in Rudi Völlers Büro statt, von dem ich geplättet bin. Der Ausblick über das Stadion ist gigantisch. Wow! In solch einem Stadion eine Magieshow, das wäre es …
Ich versuche, mich trotz der beeindruckenden Aussicht ganz auf meine Fragen zu konzentrieren, die ich vorbereitet habe. Und ohne viel Smalltalk steigen wir auch gleich ein, denn gerade laufen wichtige Verhandlungen zu Spielereinkäufen, und ich will Herrn Völler nicht unnötig aufhalten.
»In der Magie ist Täuschen alles. Wie wichtig sind Finten im Fußball, Herr Völler?«
Rudi Völler: »Finte, das Antäuschen, das ist sicher in jeder Ballsportart wichtig, natürlich in korrekter Art und Weise. Das gehört zum Erfolg dazu. Es gibt ja wahre Fußballkünstler, nicht nur bei den Profis, die Messis dieser Welt. Es müssen Finten, Ballgewandtheit und Körpergeschicklichkeit zusammenkommen, und das dann auf ganz hohem Niveau und vor allem mit Tempo – da unterscheiden sich die guten von den nicht ganz so guten Spielern.«
»Und wann werden Finten im Spiel zum Beispiel eingesetzt? Wofür sind sie besonders wichtig?«
Rudi Völler: »Beim Dribbling, beim Tempodribbling zum Beispiel. Also wenn man den Ball am Fuß hat und der Gegner einen belagert, einen hartnäckig verfolgt, einen zudecken will. Dann eine gekonnte Finte, um sich vom Gegner zu lösen. Ein einfaches taktisches Mittel ist auch das Kreuzen vor dem Tor, um Abwehrspieler zu verwirren und freie Räume für ein gezieltes Anspiel zu schaffen.«
»Worauf sollte sich ein Fußballspieler im Spiel konzentrieren? Wovon dürfen, sollten sie sich möglichst nicht ablenken lassen?«
Rudi Völler: »Grundsätzlich, gleichgültig ob in der Champions League, der Bundesliga oder der 10 . Klasse Kreisliga, als Fußballspieler darfst du dich niemals von negativen Erlebnissen beeindrucken lassen. Wenn einem etwas nicht gelingt, liegt es meist daran, dass man selbst nicht daran geglaubt hat. Fußball – und viele andere Sportarten auch – spielt sich zu einem großen Teil im Kopf des Spielers ab. Das kennst du sicher auch vom Basketball, Farid. Da ist es ähnlich; wenn ein Spieler die ersten drei Körbe nicht macht, wird er unruhig. Daran, dass sie auch bei einem Misserfolg gleich zu Beginn eines Spiels ruhig und selbstbewusst bleiben, erkennt man die ganz großen Spieler. Aber das ist schwierig, das kann nicht jeder, sein Ding trotzdem durchzuziehen. Man muss eine mentale Stärke haben.«
»Was macht einen Spieler, der das kann, nehmen wir Lionel Messi, so besonders? Er ist ja auch ein Meister der Finten, also der Ablenkung.«
Rudi Völler: »Messi ist das Maß aller Dinge, definitiv, der Unterschied von ihm zu vielen anderen ist der: Was er mit dem Ball am Fuß macht, macht er mit einem enormen Tempo. Unvergleichlich. Das ist der Unterschied zu anderen, die von der Spielqualität her vielleicht gar nicht so weit entfernt sind. Das ist eine ganz große Gabe, die er hat.«
»Was macht einen guten Elfmeterschützen aus?«
Rudi Völler: »Sich nicht von äußerlichen Einflüssen beeindrucken zu lassen und vor allen Dingen nicht auch von einem verschossenen Elfmeter im Spiel davor. Elfmeter ist immer Kopfsache. Man sieht das manchmal schon an der Körperhaltung. Beim Champions-League-Finale im Mai 2012 in München hatte man schon kein gutes Gefühl, wenn man auf Schweinsteigers Körperhaltung geachtet hat, als er angelaufen ist. Er hat dann zwar trotzdem noch recht gut geschossen, aber der Torwart hat den Ball gehalten. Elfmeter ist reine Nervensache, das liegt nicht jedem, und viele gute Spieler wollen es dann nicht wagen, weil es eben auch eine große Belastung sein kann.«
»Ich habe das Spiel gesehen, das Sie meinen.« (Was ich verschwieg, war, dass Pierre das Spiel unbedingt sehen wollte, als wir für eine Show unterwegs waren. Wir waren im Hotel, und er bestand
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