Du findest mich am Ende der Welt
gehängt hatte,
herum und zog den Brief hervor. »Hier, bitte! âºAn den Ducâ¹ steht auf dem
Umschlag, An den Duc! « Ich sah Bruno
triumphierend an. »Es kennen doch nur ganz wenige Menschen meinen Spitznamen,
also muà es doch zumindest jemand sein, der mich persönlich kennt. Und ich kann
mich nicht erinnern, daà ich in meinem Bekanntenkreis irgendwelche Psychopathen
habe â von meinem besten Freund vielleicht mal abgesehen.«
Bruno grinste. Dann griff er nach dem blaÃblauen Kuvert, das
zwischen uns lag wie ein Stückchen Himmel. »Darf ich?«
Ich nickte. Bruno überflog die Zeilen und wurde plötzlich ganz
still.
» Mon Dieu «, murmelte er.
»Was?!« fuhr ich ihn an.
»Nichts ⦠ich meine nur ⦠puh! Das ist wirklich der schönste
Liebesbrief, den ich jemals gelesen habe. Schade, daà er nicht an mich
gerichtet ist.« Seine braunen Augen sahen mich einen Moment lang verträumt an.
»Was für ein Glück du hast.«
»Tja.« Ich nickte zufrieden.
»Aber es muà doch irgendeinen Hinweis geben!« Bruno lieà seinen
Diagnoseblick abermals über das Papier gleiten, dann stutzte er. »Bist du
sicher, daà der Brief wirklich für dich ist?«
»Bruno, das Teil steckte in meinem Briefkasten. Es steht mein Name drauf. Und ich kenne
keinen anderen âºDucâ¹, der in meinem Haus wohnt.«
»Aber weiter unten steht âºschreiben Sie mir zurück, Lovelaceâ¹. â Lovelace , nicht Jean-Luc.«
»Ja, ja«, entgegnete ich ungeduldig. »Lovelace ist der Held eines
Romans, das kannst du vernachlässigen.«
Bruno zog seine buschigen Augenbrauen hoch. »Und was macht dieser Lovelace?«
»Nun ja, er ⦠er verführt die Frauen.«
» Ah .. bon ⦠Lovelace .« Brunos Augen
glitzerten. »Diese Principessa hält dich also für einen Verführer, einen
Frauenhelden ⦠Nein, nein«, fuhr er fort, als ich abwinkte, »das könnte doch
der Schlüssel zu allem sein. Vielleicht schaust du mal dein AdreÃbüchlein durch â gibt es eine Dame, die nicht so zum Zuge gekommen ist, wie sie es vielleicht
gern gewollt hätte? Eine, die du versetzt hast? Der du das Herz gebrochen hast?
Die du nicht genug beachtet hast?« Er grinste.
»Ich weià nicht. Möglich. Es kann ja auch eine sein, mit der ich nie
zusammen war.«
»Oder vor ganz langer Zeit â¦Â«
»Komm, Bruno, wir sind hier nicht im Märchen.«
»Es klingt aber so: âºIch denke immer noch mit klopfendem Herzen an
diese eine unglückselige Geschichte zurück, die uns für wenige wunderbare
Momente ganz nah zusammenbrachte, so nah, daà sich unsere Hände berührten â¦â¹Â«,
las Bruno vor. »Was ist das für eine unglückselige Geschichte, von der sie
spricht? Und wieso ist sie auch daran schuld und du hast dich ritterlich
verhalten?« Er sah mich aufmunternd an. »Ãberleg doch mal! Klingeltâs da nicht
bei dir?«
Ich schüttelte den Kopf und lauschte in mich hinein. Bei mir
klingelte gar nichts.
»Was ist mit dieser kleinen Dunkelhaarigen, mit der du ein paar
Monate zusammen warst ⦠War die nicht so ein biÃchen altmodisch und
versponnen?«
»Coralie?« Ich sah Coralies
kurzen verwuschelten Haarschopf für einen Moment auftauchen, ihre blasses
Gesicht mit den groÃen fragenden Augen, das über mir schwebte, wenn sie nachts
zu mir sagte »Je te fais un bébé, non?«
»Na ja, was heiÃt altmodisch«,
entgegnete ich, »sie wollte sofort bei mir einziehen, und sie wollte ein Kind â¦Â«
»Wie unfaÃbar schrecklich«, warf Bruno ironisch ein.
»Bruno, sie wollte ein Kind, drei Stunden , nachdem wir uns kennengelernt hatten! Das war eine
Art fixe Idee. Sie war wirklich süÃ, aber sie hat von nichts anderem mehr
geredet. Und als ihr klar wurde, daà ich kein bébé wollte oder jedenfalls nicht sofort, ist sie mit groÃen traurigen Augen
beleidigt abgezogen.«
»Da warst du aber erleichtert, was?« Bruno lachte mitfühlend.
Ich zuckte die Achseln. »Seltsamerweise hatte ich ein schlechtes
Gewissen. Coralie hatte so was an sich, daà man sich als Mann immer schuldig
fühlte. So ein zartes Reh, weiÃt du? Die noch Beratung bei der Speisekarte
braucht, weil sie sich allein nicht entscheiden kann, was sie essen möchte.«
Bruno nickte. »Das sind die
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