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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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habe, wenn auch zu einem weitaus günstigeren Preis und
nicht à la nouvelle
cuisine in seine Einzelteile zerlegt) – stimmt mich nachdenklich.
    Waren
das nun die Folgen der Globalisierung? Oder war es die ultimative Anbiederung
an die Touristen aus aller Welt?
    Wie
auch immer, der Louvre ist davon unbeeindruckt, die Lage des Cafés einmalig
schön, und wenn man, wie ich in diesem Moment, darauf zuging, verspürte man
einfach Lust, hineinzugehen und dazuzugehören.
    Ich
nahm Cézanne an die Leine. Taxifahrer, die auf die andere Seite der Seine
wollten, holperten über das Kopfsteinpflaster an der erleuchteten Glaspyramide
vor dem Louvre vorbei und fuhren unter den angestrahlten Arkaden her, um auf
den Pont du Caroussel zu gelangen. Auch ich schlug diesen Weg ein.
    Heute
abend würde ich früh zu Bett gehen, natürlich nicht, ohne vorher in meine
Mailbox geschaut zu haben, um zu sehen, ob die vielbeschäftigte Principessa mir
vielleicht noch einen Gruß geschickt hatte.
    Seit ich den Verdacht hatte, daß June hinter der Sache
steckte, war ich seltsamerweise viel ruhiger geworden, und in dieser Nacht
würde es keine außerplanmäßigen Aktionen geben, die Zeichen dafür standen
jedenfalls gut.
    Nach
einem opulenten Mittagessen mit Karl Bittner, der a) einen Kalender mit den
Bildern von Julien machen wollte und mir b) damit in den Ohren lag, daß
»die-Kleine-an-der-Rezeption-doch-sehr-süß-und-gar-nicht-so-ohne« sei, nahm ich
die Metro zum Champs de Mars, um wie versprochen bei Soleil Chabon
vorbeizuschauen. Zu meinem Erstaunen öffnete die Tür sich nach dem ersten
Klingeln. Soleil machte ihrem Namen alle Ehre und begrüßte mich in einem
bodenlangen roten Kaftan und mit einem strahlenden Lächeln. In ihrer winzigen
Küche bereitete sie mit anmutigen Bewegungen einen Chai-Tee für uns zu und
erklärte, die Krise sei vorbei, sie sei schon ganz früh am Morgen aufgestanden
und habe wieder angefangen zu malen.
    Â»Du
Armer«, sagte sie. »Ich habe dich so verrückt gemacht, aber ich habe wirklich
geglaubt, ich brächte nichts mehr zustande.« Sie schenkte uns den Tee ein und
setzte sich neben mich auf ihr riesiges graues Sofa, auf dem auch schon
Zwiebelchen lag.
    Soleil
strich ein paarmal über ihr Fell. »Mein süßes, süßes Zwiebelchen«, sagte sie
zärtlich, und ihre schlanken braunen Hände brachten Onionette zum Schnurren.
»Ich war so froh, daß du gekommen bist«, sagte sie dann, als spräche sie weiter
zu ihrer Katze. »Das hat mir viel bedeutet.«
    Â»Mir
auch«, sagte ich. »Dafür sind Freunde doch da.«
    Ein
paar Minuten saßen wir so auf dem Sofa, Soleil, Zwiebelchen und ich, und ich
fragte mich plötzlich, was Freundschaft und Liebe eigentlich unterscheidet und
welche Rolle der Sex dabei spielt.
    Â»Ist
denn sonst auch wieder alles okay?« Ich wollte nicht tiefer in ihr Privatleben
eindringen als nötig.
    Soleil
wandte mir das Gesicht zu. »Ja«, entgegnete sie und nickte ein paarmal. »Sehr,
sehr okay.« Sie lächelte, dann sprang sie auf.
    Â»Komm,
ich muß dir etwas zeigen!«
    Sie
führte mich in ihr Atelier an der zerwühlten Schlafstätte vorbei, vor der ich
gestern nacht wie ein Somnambuler gestanden hatte, und blieb vor ihrer
Staffelei stehen. »Na, was sagst du?«
    Ich
atmete tief durch. Mein Blick glitt über das Portrait einer hellhäutigen Frau
in einem weinroten Kleid. Sie stand im Profil vor einem dunkelroten Vorhang und
schaute ernst auf eine Wand, an der viele Zettel hingen. In der linken Hand
hielt sie ein Glas Wein, das sie gerade an ihre Lippen führte, die noch
geschlossen waren. Der Wein im Glas korrespondierte mit der Farbe der Lippen.
Mit der rechten, dem Betrachter zugewandten Hand griff sie sich mit einer fast
kindlichen Geste in ihr volles, präraffaelitisch gelocktes, im Nacken
zusammengefaßtes Haar. Sie sah aus, als ob sie gerade den Entschluß gefaßt
hätte, etwas zu tun. Oder als ob sie gerade etwas getan hätte. Sie war
entschlossen, nur die Hand im Haar wirkte verzagt. Das Bild war großartig.
    Â»Soleil,
das ist wunderbar«, sagte ich leise. »Wer ist diese Frau?«
    Â»Eine
Frau, die etwas will und noch nicht genau weiß, wie sie es bekommt«, sagte
Soleil. »So wie ich.«
    Ich nickte. Mit einem Mal dachte ich an die Principessa. An
June. Und auch nicht an June. Die Frau auf dem Bild

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