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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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schien mir etwas sagen zu
wollen. Aber was?
    Als Soleil mich eine halbe Stunde später glücklich
hinausbegleitete und mir noch einmal versicherte, daß ihre Schaffenskraft
zurückgekehrt sei und wie sehr sie sich auf ihre Ausstellung freue, sah ich auf
ihrer Kommode etwas liegen, was ich zunächst für ein vertrocknetes Croissant
hielt. Ich nahm es hoch und machte einen Scherz über arme Künstler, die sich
nichts zu essen kaufen können, da sah ich, daß das vermeintliche Croissant eine
aus Brot geformte, kleine Figur war.
    Und
in dieser Figur steckte in der Mitte des Körpers eine Nadel.
    Â»Was um Himmels willen ist das?«
    Soleil lächelte geheimnisvoll. »Ein Brotmännchen«, sagte sie.
    Â»Ein Brotmännchen?« Ich lachte.
    Â»Ja … Voodoo.« Soleil stand in ihrem langen Kaftan vor mir wie eine
afrikanische Hohepriesterin. Dann nahm sie das Brotmännchen an sich und legte
es vorsichtig auf die Kommode zurück. »Du weißt, ich hatte schlimmen Kummer.
Sehr schlimmen Kummer. Und dann ist mir der Brotmännchenzauber wieder
eingefallen.« Sie machte eine dramatische Pause, und ich versuchte vergeblich,
mir ein Lachen zu verkneifen.
    Â»Nein, lach nicht! Du wirst schon sehen.« Sie blickte das
Brotmännchen beschwörend an. »Ich habe ihm eine Nadel ins Herz gestoßen, damit
er sich in mich verliebt.«
    Â»Auweia, Soleil, du bist ja eine richtige kleine Hexe, ich bekomme
Angst vor dir! Aber willst du dir nicht lieber einen Mann suchen, der dich auch
ohne Brotmännchenzauber will?« Ich grinste. »Das funktioniert doch sowieso
nicht – jedenfalls nicht hier, im aufgeklärten Paris.«
    Soleil sah mich an, und ihre dunklen Augen schimmerten.
    Â»Ich glaube, es hat schon funktioniert«, sagte sie bedeutungsvoll
und wickelte eine Strähne ihrer schwarzen Lockenpracht um ihren Finger.
    Meine Güte, manchmal war Soleil schon etwas eigenartig!
    Â»Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Ich hoffe, ich werde zur
Hochzeit eingeladen.« Ich zog die Tür auf und schüttelte ungläubig den Kopf.
Brotmännchen! Also wirklich! Wie naiv, wie größenwahnsinnig, wie verliebt muß
man sein, um alten Baguetteteig mit Nadeln zu attackieren in der Hoffnung, daß
das irgend etwas bewirkt?
    Nun ja, jeder hat so seine Rituale, wenn es um Liebesdinge geht. Der
eine gibt Bestellungen beim Universum auf, der andere macht sein Glück mit
Liebestränken. Ich bin da eher skeptisch.
    Als ich in der überfüllten Metro saß, die unter der Erde
entlangraste und mich nach Hause brachte, war ich trotzdem irgendwie froh, daß
nicht ich das Brotmännchen war, das jetzt mit zerstochenem Herzen auf Soleils
verstaubter Kommode lag. Wer weiß, wo die schöne Voodoo-Priesterin die Nadel
ansetzen würde, wenn der Auserwählte sich widersetzte?
    So machte ich mir meine kleinen, behaglichen Gedanken über die
liebeskranke, leicht verrückte Soleil und ahnte nicht, daß sich auch um mein
Herz die silbernen Netze der Circe immer enger zusammenzogen.
    Keine neue Nachricht von der Principessa.
    Eigentlich
hatte ich nichts anderes erwartet, dennoch war ich ein bißchen enttäuscht.
Dafür war auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht von Aristide, der mich für
den kommenden Donnerstag zu einem »kleinen Abendessen unter Freunden« einlud.
Es erstaunte mich nicht, daß er auch Soleil und Julien gefragt hatte, ob sie
kommen wollten.
    Die jeudis fixes von Aristide waren immer
sehr kurzweilig und zwanglos, die Gäste bunt gemischt. Wenn man kam, war
prinzipiell nie etwas fertig, aber es gab für jeden ein kühles Glas Wein und
ein Messer, und dann setzte man sich an den großen Tisch in der Küche, redete,
diskutierte, machte sich über Monsieur »Bling Bling« lustig, wie Nicolas
Sarkozy aufgrund seiner Vorliebe für teure Accessoires genannt wurde, und
schälte dabei den Spargel, die Kartoffeln oder was es sonst zum Abendessen
geben sollte.
    Man kochte zusammen, man aß zusammen, Aristide gab kurzweilige Kritiken von neuerschienenen
Büchern zum besten und bereitete dabei im Schnellverfahren seine
legendäre Tarte tatin zu, indem er die Äpfel in der Pfanne in Butter und Zucker
anbriet, anstatt sie langsam im Backofen karamellisieren zu lassen, und die
süße, goldbraune Masse anschließend schwungvoll auf den Blätterteig in der
weißen Tarteform kippte.
    Am Ende eines solchen

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