Du findest mich am Ende der Welt
bestimmt war, brachte
mir wilde Beschimpfungen und eine schallende Ohrfeige ein.
Ich gebe zu, daà die Sache mit den zwei Nachthemden keine gute Idee
gewesen ist. June verzieh mir schlieÃlich. So leicht sie aufbrauste, so schnell
war sie auch wieder versöhnt.
Dennoch sollte mein faux-pas im Sablia
Rosa den Boden bereiten für einen grauenvollen Eklat, der sich einige Monate
später hier in den Räumen des Duc de Saint-Simon ereignete.
Es war der peinlichste und absurdeste Moment meines Lebens, und mir
wird heute noch ganz schlecht, wenn ich daran denke.
Und obwohl ich dieses Mal, ich schwöre, völlig unschuldig war, hat
mich June damals verlassen.
Der Schein sprach gegen mich. Ich hatte Jane Hirstman nach einem
Geschäftstermin abends ins Duc gebracht. Sie war völlig durch den Wind, denn
ihr Freund (der Zwei-Meter-Mann aus dem Mittleren Westen, der nicht in die Little-Snow-White-Zwergen-Bettchen paÃte, Sie erinnern
sich?) war nach einem Streit vorzeitig abgereist. June war für ein paar Tage
mit einer Freundin aus London nach Deauville gefahren. Ich fragte Jane, ob sie
noch etwas trinken wolle, völlig absichtslos, sie tat mir einfach leid. Sie
nickte und sagte nur » Double «, womit sie wohl einen doppelten
Whiskey meinte. Nach mehreren Doubles brachte ich sie auf ihr Zimmer. Jane
Hirstman ist nicht der Typ Frau, der weint und schluchzt, wenn etwas im Leben
schiefläuft. Doch sie bat mich, noch etwas zu bleiben. Und so blieb ich.
Mehr ist nicht passiert.
Ich legte mich einen Moment zu ihr, nahm ihre Hand und versicherte
ihr, daà alles gut werden würde, und eigentlich wollte ich nach Hause gehen,
wenn sie eingeschlafen war. Doch dann erfaÃte mich selbst eine bleierne
Müdigkeit, und so schliefen wir nebeneinander ein wie Geschwister.
Noch bevor ich am nächsten Morgen die Augen aufmachte, hörte ich
Junes Stimme. » Salaud! « schrie sie. » Cela suffit! Jetzt reichtâs!« Und, nein, es war kein böser
Traum. Am FuÃende des Kingsize-Betts stand June. Sie war weià vor Wut und
starrte mich und die völlig perplexe Jane haÃerfüllt an. »Das glaube ich
nicht!« tobte sie. »Das glaube ich einfach nicht!«
Bevor ich auch nur den Mund öffnen konnte, um zu einer Erklärung
anzusetzen, schnitt sie mir das Wort ab. »Nein, erspare es mir. Ich will nichts
hören. Es ist aus!«
Ich sprang auf. Immerhin hatte ich etwas an, aber das schien June
nicht zu beeindrucken. »June, bitte â¦Â« Und dann sagte ich diesen dümmsten Satz
aller Männer. »Es ist nicht so, wie du denkst.«
Nur daà es diesmal stimmte.
June gab einen erbosten Laut von sich und ging zur Tür, die weit
offenstand. »Es ist überhaupt nichts passiert!« Ich lief auf Strümpfen hinter
ihr her, die Treppe zur Rezeption hinunter. »Jane ist eine alte Bekannte ⦠ihr
ging es gestern abend nicht gut â¦Â«
»Jane ging es nicht gut?« wiederholte June gefährlich leise, und
dann schrie sie mich mit einem Mal so laut an, daà ihre Stimme durch das ganze
Hotel schrillte: » JANE GING ES NICHT GUT ?! Die arme Jane! Ist sie auch eine von deinen Ex-Freundinnen, der du zum Trost Unterwäsche
schenken muÃt? Diesmal vielleicht in L?!« Sie stürmte an der Rezeption vorbei,
wo Mademoiselle Conti mit unbewegter Miene hinter ihrem Schreibtisch saÃ.
»June, bitte ⦠beruhige dich ⦠warte â¦Â«
Ich bekam June am Arm zu fassen, dann rutschte ich auf dem glatten
SteinfuÃboden aus. Es muà lächerlich ausgesehen haben, und in diesem Moment
bezahlte ich für alle meine kleinen Sünden.
June war mit shakespearehafter Dramatik am Ende des fünften Aktes
angelangt. » Fuck off! « Sie spie die Worte geradezu
auf mich hinunter, bevor sie in den Regen hinauslief. Und das sollte das letzte
sein, was ich von June Miller hörte.
Ich rappelte mich benommen auf, und mein Blick fiel auf Mademoiselle
Conti, die zur stummen Augenzeugin meiner groÃen Schmach geworden war. Zu
meinem Ãrger bemerkte ich, daà ich jetzt auch noch rot wurde. Luisa Conti saÃ
da in ihrem tadellosen Kostüm, mit ihrer tadellosen Frisur und verzog keine
Miene. Sie war makellos, ihr passierten solche Dinge nicht, und ihre schneewittchenhafte
Gleichmütigkeit provozierte mich.
»Jetzt gucken Sie nicht so neutral!« blaffte ich sie an und sah mit
einer gewissen Befriedigung, wie sie
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