Du hast meine Sinne entflammt
beiseite und holte den Brief aus der Tasche, den Serena ihr geschickt hatte.
Liebe Diana,
ich war so enttäuscht, als ich im letzten Herbst zu unserer Hochzeit erfuhr, dass du in Paris warst und nicht an der Feier teilnehmen konntest. Ich habe mir immer eine Schwester gewünscht, aber leider haben mir meine Eltern diesen Wunsch nicht erfüllt. Daher ist es für mich jetzt doppelt traurig, dass ich eine zumindest angeheiratete Schwester habe und sie noch nicht einmal kennen lernen konnte.
Justin spricht oft von dir, aber natürlich ist das kein Ersatz dafür, dich endlich einmal zu sehen, zumal seine Erinnerungen sich nur auf das kleine Mädchen beschränken, das du damals warst. Ich lege diesem Brief ein Flugticket bei und hoffe sehr, dass du es benutzen und zu uns kommen wirst. Justin und du – Ihr beide habt Jahre aufzuholen, in denen Ihr euch nicht gesehen habt, und ich möchte endlich die Schwester kennen lernen, die ich mein Leben lang vermisst habe. Liebe Grüße Serena
Diana seufzte und steckte den Brief wieder in ihre Handtasche. Sie kannte diese Frau überhaupt nicht, aber allein der warmherzige, freundliche Ton des Briefes hatte sie neugierig darauf gemacht, sie kennen zu lernen.
Wenn es wirklich Zeiten gegeben hatte, in denen sie sich nach ihrem Bruder gesehnt hatte, so waren diese lange vorbei. Sie hatte die Sehnsucht nach ihm begraben müssen, um in der Welt ihrer Tante überleben zu können. Wenn Tante Adelaide wüsste, dass sie jetzt unterwegs war, um ihren Bruder in seinem Hotel zu treffen, in dem er das meiste Geld mit dem angeschlossenen Spielcasino machte, würde sie wohl voller Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Unausweichlich würde dann ein längerer Vortrag darüber folgen, in welchen Kreisen eine Dame verkehren dürfe, und in welchen nicht.
Mit einem Lächeln blickte Diana wieder hinaus in die Wolken. Heute konnten ihr die Vorträge ihrer Tante nichts mehr anhaben. Mittlerweile war sie erwachsen und konnte selbst entscheiden, was für sie gut war und was nicht. Sie würde ihren Bruder wieder sehen, ihre Schwägerin kennen lernen und dann wieder zurück nach Boston fahren und ihr gewohntes Leben weiterführen. Sie brauchte niemanden mehr zu fragen und niemandem Rechenschaft abzulegen über die Art und Weise, wie sie lebte und wie sie vor allem ihre Karriere vorantrieb.
Sicher ist sie gar nicht in der Maschine, überlegte Caine, als er auf das Flughafengebäude zuging. Er wusste nicht, woher seine Schwester die feste Überzeugung nahm, dass Diana ihre Einladung annehmen würde, schließlich hatte sie auf ihren Brief überhaupt keine Antwort bekommen. Nur widerwillig hatte er sich von Rena dazu überreden lassen, für sie die Rolle des Chauffeurs zu übernehmen, nachdem sie im Hotel durch unvorhergesehene Terminverschiebungen aufgehalten worden war.
Es wäre ihm wesentlich lieber gewesen, er hätte seine erste freie Woche seit Monaten mit Skifahren in Colorado verbringen können, statt ausgerechnet im Januar an die eisige Atlantikküste zu fahren. Aber nach den schrecklichenVorfällen vor einigen Monaten konnte er seiner Schwester einfach keinen Wunsch abschlagen und hatte sich daher ohne Murren bereit erklärt, sie in Atlantic City zu besuchen und dabei zu sein, wenn sie zum ersten Mal ihrer Schwägerin begegnete.
Der Wind pfiff ihm um die Ohren, als er die Tür zur Ankunftshalle öffnete. Eine hübsche Blondine in einem auffälligen Fuchsmantel kam ihm entgegen, und er hielt ihr die Tür auf. Die Frau zögerte einen Augenblick, musterte ihn von oben bis unten und lächelte Caine dann viel sagend zu. Er erwiderte dieses Lächeln eher amüsiert und ging weiter.
Caine war diese Blicke von gut aussehenden Frauen gewöhnt. Sie schmeichelten ihm, brachten ihn aber nicht weiter aus der Ruhe. Seine Wirkung auf Frauen war vornehmlich auf seinen athletischen Körperbau, die breiten Schultern und schmalen Hüften zurückzuführen. Sein Gesicht mit den hohen Wangenknochen, der geraden Nase und den tiefblauen Augen hatte sehr markante, männliche Züge, die auf sehr viel Selbstsicherheit und Durchsetzungsvermögen schließen ließen. Seine blonden Haare waren vom Wind zerzaust und verstärkten noch den wilden, ungebärdigen Eindruck.
Caine ging durch die große Halle zur Anzeigentafel, auf der der Flug aus Boston bereits angezeigt wurde. Der Ausgang für diesen Flug lag ganz in der Nähe, und so setzte er sich in einen der Sessel, steckte sich eine Zigarette an und wartete auf
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