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DU HÖRST VON MIR

DU HÖRST VON MIR

Titel: DU HÖRST VON MIR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luis Algorri
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bis die Noten bekannt gegeben werden?«
    Ich stand auf. »Komm her, mein Zauberprinz.«
    Er stand langsam auf, ohne seinen Blick von mir abzuwenden, stellte sich vor mich hin, lächelte sein himmlisches Lä cheln, still wie ein junger Gott. Ich warf mich ihm entgegen.
    Ich drückte ihn mit aller Wucht an mich, so fest, dass mir seine Brust an meiner Brust schmerzte; so fest, dass zwischen ihn und mich nichts und niemand mehr passte. Nur für mich allein, für mich ganz allein hatte ich ihn in diesem hellen Moment, in dem nur er und ich, wir beide ganz allein das Universum bewohnten. Seine schmalen Hüften eng an meine Hüften gepresst, an mein unermessliches Glück, an das Innerste meiner Seele, bis sein Geruch der meine wurde, bis die Freudentränen, die seinen Augen entströmten, meine Tränen wurden, unsere Tränen; wir beide allein mitten auf der Straße umarmten uns unter der gnadenlosen Mittagssonne, wie sich noch nie zwei Menschen umarmt hatten, wie sich niemand auf dieser Welt je würde umarmen können. »Du bist einfach super, Spitzenklasse«, flüsterte ich ihm ins Ohr, »du bist das Größte, was es gibt.« Mein Mund versunken in den Wellen seiner Haare, die ich benetzte mit den Fluten meines Glücksgefühls, seine Arme um meinen Hals geklammert mit der Heftigkeit eines Ertrinkenden, der ins Leben zurückkehrt.
    »Du bist so fantastisch, mein Zauberprinz«, und ich hob ihn  hoch, ohne ihn loszulassen, drehte mich um die eigene Achse, einmal, zweimal, fünfmal, noch öfter, ich weiß nicht wie oft, und seine mich fest umschließenden Arme fühlten sich an wie die Erfüllung meiner sehnlichsten Träume, und sein Lachen, das mich ganz und gar umgab. »Lass mich los, Javier, du Depp, wir fallen noch hin!« Sein Lachen wuchs in mir, aus meinem Innersten, vom Grunde all meiner Gefühle, wie ein Kinderlied, wie klingende Kristallpokale, wie eine immense, klingende Freude, die mich überflutete, mich mitriss, hoffnungslos, in Richtung des offenen Strudels meines Herzens. Und als seine Füße wieder Boden unter sich hatten, küsste ich ihn ohne darüber nachzudenken, ich küsste ihn lang und schmatzend auf die Wange und dann küsste ich ihn weiter, hundert Mal, tausend Mal auf seinen Hals, auf sein Ohr, sein Haar, seine Augen, bis ich ihn sagen hörte: »Wie süß du bist, Javier, wie süß!«, und dann traute er sich, dann spürte ich zum ersten Mal jenen Stromschlag auf meinem Gesicht, die Entladung seiner Lippen an meinem Ohr, seine Arme klammerten sich an meinen Hals, und seine Lippen pressten sich auf mein Gesicht, in einem kurzen, intensiven Kuss, der den Boden unter meinen Füßen schwanken ließ, der mich dazu zwang, die Augen zu schließen, um nicht blind zu werden vor Glückseligkeit, der mir die Atmung wieder brachte nach so vielen Wochen von Flauheit, Agonie und Dürsten an seiner Seite.
    Wir blieben eine Zeit lang in dieser Umarmung und ich hätte mein Leben dafür gegeben, um die Zeit anzuhalten.
    »Herzlichen Glückwunsch, José«, sagte ich leise zu ihm, mit meinem Mund dicht an seinem Ohr.
    Er streichelte mir zärtlich den Hals und trennte seinen Kopf von meinem.
    »Danke«, antwortete er, lächelnd, mir dabei tief in die Augen blickend. »Sollten wir nicht etwas essen gehen?«
    »Ja, ja, lass uns essen gehen. Lass uns lieber feiern gehen, besser gesagt. Ich lade dich in ein Restaurant ein, das...«
    »Nein, Javier«, unterbrach er mich, »heute möchte ich, dass du zu mir nach Hause zum Essen kommst. Ich möchte es meinen Eltern erzählen und will, dass du dabei bist, ja?«
    Ich lächelte. Ich stellte mir das Gesicht von Asunción vor, ihre Tränen, die sie bestimmt vergießen würde, mich umarmend, ihn umarmend, dieses kleine Persönchen, wie stolz würde sie sein, und immer wieder würde sie die Brille auf-und absetzen, um ihre Emotionen zu vertuschen, würde wie ein scheues, aber glückliches Eichhörnchen durch das Esszimmer laufen, mit kleinen Trippelschritten, alle möglichen Leute anrufen: Unser José hat alle seine Prüfungen bestanden! Weißt du schon, Carmen? Weißt du schon, Ángel? José hat alle seine fünf Prüfungen bestanden, ja alle fünf, du hast dich nicht verhört. Hat sich Mama schon hingelegt, oder ist sie neben dir? Och wie schade, na erzähl du ihr's und sag ihr, sie soll mich unbedingt anrufen, ja?
    »Einverstanden. Heute essen wir bei dir zu Hause.«
    Wir gingen über den oberen Teil der Avenida. Er hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt und ich meinen Arm um seine

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