Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
kompetent und mächtig erscheint, riskiert sie, ihren Wert als Frau zu untergraben.
Wie Robin Lakoff in Language and Woman’s Place demonstriert, wirkt Sprache für Frauen von zwei Seiten: durch das, was sie sagen, und durch das, was über sie gesagt wird. Wenn ich schreiben würde: »Nach der Antrittsrede in Ohnmacht gefallen!«, würden Sie wissen, dass ich von einer Frau spreche. Männer fallen nicht in Ohnmacht; sie kippen um. Und diese Formulierungen haben völlig andere Konnotationen, die unser Männer- und Frauenbild widerspiegeln und es gleichzeitig beeinflussen. Ohnmächtig werden beschwört eine zerbrechliche Gestalt herauf, die in starke Männerarme sinkt, wobei sie den Handrücken gegen die Stirn gepresst hält was, abgesehen von dem dramatischen Effekt, kaum einen praktischen Wert zu haben scheint. Umkippen deutet an, dass jemand der Länge nach hinschlägt.
Ein Artikel in Newsweek aus dem Präsidentschaftswahlkampf von 1984 zitierte einen Wahlkampfsprecher Reagans, der Ferraro »eine garstige Frau« nannte, die Ronald Reagan am liebsten »die Augen auskratzen« würde. Ignorieren wir einmal die Garstigkeit der Bemerkung und die der Zeitschrift, die damit ihren Artikel einleitete. Auf einen Mann angewandt, wäre »garstig« so zahm, dass es harmlos wirken würde. Männer kratzen auch nicht; sie schlagen und stoßen, mit entsprechend wirkungsvolleren Ergebnissen. Das Verb kratzen spiegelt und intensiviert gleichzeitig die stereotype Metapher der katzenartigen Frau. Jedes Mal, wenn jemand einen Ausdruck benutzt, der mit dieser Metapher assoziiert ist, bestätigt er sie neu und spielt darauf an, dass Frauen generell etwas Katzenhaftes an sich haben. Ref 115
Sogar wenn der Artikel etwas scheinbar Positives über Ferraro anmerkte, wurden Ausdrücke benutzt, die vor Klischees nur so trieften. Ferraro wurde eine »bemerkenswerte Gabe scharfer politischer Rhetorik« bescheinigt, denn sie »stichelt gegen Ronald Reagan, dem sie mangelnde Fairness vorwirft, und macht sich über die Reagan-Bush-Kampagne lustig, weil Bush die Auseinandersetzung mit ihr scheue«. Wenn man Subjekt und Objekt vertauschen würde, würden »stichelt« und »macht sich lustig« nicht gerade wie Lobpreisungen der rhetorischen Fähigkeiten Ronald Reagans klingen oder der irgendeines anderen Mannes. (Ich werde Abstand davon nehmen, auf die Konnotationen des Wortes »scharf« einzugehen, weil ich annehmen will, dass die Zweideutigkeit unbeabsichtigt war.)
In seinem Buch The Language of Politics gibt Michael Geis mehrere Beispiele für Begriffe, die zur Beschreibung – und Demontage – Ferraros verwendet wurden. Eine Schlagzeile bezeichnete sie als »munter« und »quirlig«. Wie Geis anmerkt, benutzt man munter und quirlig nur für kleine Wesen, denen es an wirklicher Macht gebricht; man würde es vielleicht von einem Pekinesen sagen, aber nicht von einer Dogge, vielleicht von Mickey Rooney, aber nicht von John Wayne – mit anderen Worten von jeder durchschnittlich großen Frau, nicht aber von einem durchschnittlich großen Mann.
Ich bin überzeugt, dass die Journalisten, die Ferraro auf diese Weise beschrieben haben, sie damit unterstützen und nicht demontieren wollten. Vielleicht hatten sie das Gefühl, forsche, eingängige Formulierungen gewählt zu haben. Aber die Worte bewirkten das Gegenteil und verkleinerten die Vizepräsidentschaftskandidatin, weil die Ausdrücke, wenn vielleicht auch unbeabsichtigt, die Diskrepanz zwischen Ferraros weiblichem und politischem Image hervorhoben. Wir denken vielleicht, dass wir Sprache benutzen, aber in Wahrheit ist es oft so, dass unsere Sprache uns benutzt.
Es geht nicht darum, ob Journalisten, andere Schreibende oder ganz normale Sprecher absichtlich, oder auch unabsichtlich, »sexistisch« in ihrem Sprachgebrauch sind. Der entscheidende Punkt ist vielmehr, dass Geschlechtsunterschiede in Sprache eingebaut sind. Die Worte, die uns zur Verfügung stehen, um Frauen und Männer zu beschreiben, sind nicht dieselben Worte. Und, schlimmer noch, die Sprache prägt und formt unsere Bilder und Vorstellungen. Einfach schon dadurch, dass wir die Wörter unserer Sprache verstehen und benutzen, verinnerlicht und tradiert jeder von uns unterschiedliche, asymmetrische Vorstellungen von Männern und Frauen. Ref 116
Körpersprache
Auch die Körpersprache ist äußerst aufschlussreich. Politische Kandidaten müssen zwangsläufig Familienfotos kreisen lassen. Auf dem typischen Familienfoto schaut der
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