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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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noch nicht mal gelesen hatte«. Marsha reagiert entsprechend und weist jeden Verdienst weit von sich: »Es war einfach nur gesunder Menschenverstand.« Auch für dieses Gesprächsspiel lassen sich erste Ansätze in der Unterhaltung der Sechstklässlerinnen finden. Zu Beginn ihres Gesprächs tauschen die Mädchen Erfahrungen übers Schlittschuhlaufen aus und erzählen, wie ungeschickt sie sich dabei anstellen.
    Für die Frauen und Mädchen sind Übereinstimmung und Gleichheit Mittel, um Harmonie herzustellen. Hervorragende Leistungen, Unterschiede und Streit gefährden die Verbundenheit. Die Jungen handeln auch Verbundenheit aus, aber mit einer anderen Währung: Sie fürchten keine Meinungsverschiedenheiten, und sie haben es offenbar nicht nötig, sich ihre Gleichheit zu bestätigen. Aber jede Strategie kann zu weit getrieben werden, und Marsha nimmt Pam offenbar die Behauptung übel, dass sie immer gleicher Meinung wäre.
    Das Tiefstapel-Spiel, das diese Frauen spielen, ähnelt einem Verhaltensmuster in iranischen Interaktionen, das William Beeman die »Unterhand gewinnen« nennt. Aber Beeman erklärt, dass dieses Spiel vom Wesen her zutiefst hierarchisch ist. Wenn ein Iraner sich selbst als unterlegen darstellt, liefert er sich dem Wohlwollen eines Höherrangigen aus, der dadurch verpflichtet wird, etwas für ihn zu tun: Man spielt ein Protektionsschema aus. Obwohl Frauen vielleicht gelegentlich die Rolle der Unterlegenen spielen, um sich von Männern beschützen zu lassen, scheint das Spiel dieser beiden Frauen einem ganz anderen Ziel zu dienen: Ihnen geht es eher um ein symmetrisches als asymmetrisches Verhältnis, sie wollen die Waagschalen im Gleichgewicht halten, auch wenn sie ihre eigene Seite dafür nach unten drücken müssen.

Die Ehe – »ernst genug«
    Bei den fünfundzwanzigjährigen Männern ergibt sich ein völlig anderes Bild. Sie sitzen voneinander abgewandt und wirken, als hätte man sie frisch gestärkt oder als wären sie steifgefroren. Timothy sieht Winston so gut wie nie an. Winston schaut zwar beim Zuhören gelegentlich zu Timothy, aber wenn er selbst spricht, sieht er seinen Freund überhaupt nicht an. Die beiden Männer zeigen ein erhebliches Maß an Anspannung und Unbehagen, während sie ein passendes Gesprächsthema zu finden versuchen. Sie nehmen die Anweisung, sich über etwas Ernstes zu unterhalten, sehr ernst und suchen offenbar nach einem Thema von allgemeiner Bedeutung, zu dem sie irgendeinen substantiellen Beitrag leisten können. Sie einigen sich auf folgenden Gesprächsstoff:
    Winston: Was hältst du vom Thema Ehe?
    Timothy: Das ist ernst genug.
    Winston: Ein ernstes Thema, und es wird viel zu wenig beachtet.
    Bei ihrer Diskussion über die Ehe, einem potentiell persönlichen Thema, stellen die Männer größtenteils abstrakte und allgemeine Betrachtungen an, ohne etwas Persönliches zu offenbaren:
    Timothy: Was meinst du, warum so viele Ehen schieflaufen? So ganz allgemein?
    Winston: Ich glaube, zum einen liegt es daran, dass die meisten Leute sich zu schnell hineinstürzen. (6,0) Können es nicht abwarten, verheiratet zu sein.
    Timothy: Ich denke, hm, ich denke, die Leute, viele Leute, ich meine nicht, dass es bei mir so ist, aber viele Leute haben einfach keine angemessene oder reife, na ja, Definition von Liebe für ihr Leben. Also, hm, ich weiß nicht, aber meiner Meinung nach haben viele Streitereien in Ehen und Beziehungen damit zu tun, dass die Leute, na ja, zu egoistisch sind.
    In gewisser Hinsicht ist dieses Gespräch so, wie man es von Männern erwartet, aber in anderer Hinsicht auch wieder nicht. Dem Klischee und einigen wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen zufolge, sprechen Frauen zögernder als Männer. Aber auch Timothy spricht zögernd und verwendet Füllworte wie weißt du, na ja und meiner Meinung nach, was den Eindruck erweckt, als ob er unsicher wäre oder nicht genau wüsste, was er sagen soll. Er fühlt sich offenbar unbehaglich. Allerdings sind seine Aussagen eher abstrakt als persönlich, und insofern entspricht er den Erwartungen, was männliche und weibliche Sprechweisen angeht.
    Im weiteren Verlauf des Gesprächs erzählt Timothy von seiner Beziehung zu einer Frau, mit der er sich gelegentlich trifft. Er sagt, dass er manchmal an Heirat denke, aber das wäre bis jetzt auch alles: Er sei vorsichtig und wachsam, weil Ehe etwas für immer sei und die meisten Frauen ganz wild aufs Heiraten wären.
    Timothy sagt dann: »Aber ich will nicht einfach nur

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