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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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Freundschaft nicht aus. Ganz im Gegenteil – sie halten Aggressionen für eine gute Möglichkeit, in Interaktion zu treten und Verbundenheit herzustellen. Eine Frau erzählte mir, wie überrascht sie gewesen sei, als sie als Mitglied einer gemischten Studentengruppe ein Basketballspiel an der Universität von Michigan besuchte. Obwohl sie Platzkarten hatten, war es bei den Studenten gängige Praxis, dass Zuschauer sich dort hinsetzten, wo gerade etwas frei war – wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Diesem ungeschriebenen Gesetz folgend, setzten sie sich in die erste Reihe der Galerie. Es dauerte nicht lange, da erschien eine Gruppe männlicher Studenten von einer anderen Universität, die davon ausgingen, dass ihnen die auf ihren Karten ausgewiesenen Plätze zustünden. Als sie feststellten, dass ihre Plätze besetzt waren, forderten sie die Leute zum Aufstehen auf. Als die anderen sich weigerten, entspann sich eine lautstarke Auseinandersetzung, bei der die Männer der jeweiligen Gruppe sich gegenseitig beschimpften und bedrohten, während die Frauen sich auf ihren Stühlen so klein wie möglich machten. Nach einer Weile ließen die Besucher sich neben den umkämpften Plätzen nieder. Dann begannen die Männer, die gerade ein erbittertes Wortgefecht ausgetragen hatten, eine freundliche Plauderei über die beiden Mannschaften, über ihre Unis und das bevorstehende Spiel. Die Frauen waren sprachlos. Sie hätten sich nie im Leben auf einen derartigen Streit eingelassen, aber sie waren sicher, dass, falls sie es doch getan hätten, es sie für immer zu Todfeinden gemacht hätte, die nicht von einem Augenblick zum nächsten wieder die dicksten Freunde sein könnten.
    Die Erkenntnis, dass ein Streit eine Freundschaft eher begründen als ausschließen könnte, war wie eine Offenbarung für mich, als ich die Umschriften von Corsaro und Rizzo las. Für mich war die Freundschaftskultur der Kindergartenjungen wie ein Blick in eine fremde Welt. Die beiden beschreiben zum Beispiel die folgende Episode, die sich zwischen amerikanischen Vorschuljungen ereignete:
    Zwei Jungen (Richard und Denny) sitzen auf der Treppe, die zur Spielhütte der Vorschule führt, und spielen mit einem Slinky, einer Springfeder aus Metall. Zwei andere Jungen (Joseph und Martin) kommen herein und stellen sich unten an die Treppe.
    Denny: Haut ab!
    (Martin läuft jetzt weg, aber Joseph bleibt stehen und kommt schließlich die Treppe halb hoch.) Ref 75
    Joseph: Ihr seid ganz schöne Angeber.
    Richard: Ich box ihm genau aufs Auge.
    Joseph: Ich box dir genau auf die Nase.
    Denny: Ich verpass ihm einen tierischen Faustschlag.
    Joseph: Ich werd ich-ich –
    Richard: Wir verhauen ihn zusammen, und dann kracht er holterdipolter, holterdipolter die Treppe runter.
    Joseph: Ich-ich-ich werd-ich kann dir die Augen wegschießen mit meiner Pistole. Ich hab eine Pistole.
    Denny: Eine Pistole! Ich kann-ich-ich-sogar wenn –
    Richard: Ich hab auch eine Pistole.
    Denny: Und ich hab auch Pistolen, und meine ist viel größer als deine und macht puppup. Das ist doch Pipikram.
    (Alle drei Jungen lachen über Dennys Pipikram.)
    Richard: Jetzt hau ab.
    Joseph: Pah – von mir aus kannst du dir deine  – steck dir deine Pistole doch an ’n Hut  – dann pupst sie dir genau ins Gesicht –
    Denny: Also –
    Richard: Ich knall dir gleich den Slinky ins Gesicht.
    Denny: Und meine Pistole knallt genau –
    Bis zu diesem Punkt sieht es so aus, als ob Richard und Denny sich in einer erbitterten Auseinandersetzung mit Joseph befinden, der versucht hat, ihr Slinky-Spiel zu stören. Denny schlägt einen scherzhaften Ton an, als er von »Pipikram« spricht, was alle zum Lachen bringt. Aber die Jungen bedrohen sich weiter. Corsaro und Rizzo beschreiben, was dann geschah:
    An diesem Punkt kommt ein Mädchen (Debbie) herein, erklärt, sie sei Batgirl, und fragt, ob die Jungen Robin gesehen hätten. Joseph sagt, er sei Robin, aber sie entgegnet, sie würde einen anderen Robin suchen, und läuft dann weg. Nachdem Debbie gegangen ist, klettern Denny und Richard in das Spielhaus, und Joseph folgt ihnen. Von diesem Zeitpunkt bis zum Ende dieser Episode spielen die Jungen zusammen.
    Nachdem die Jungen einen erbitterten Streit ausgefochten haben, bei dem sie drohten, sich gegenseitig zusammenzuschlagen und sich den Slinky ins Gesicht zu schleudern, spielen sie friedlich zusammen. Die heftige Auseinandersetzung hielt sie nicht davon ab, gemeinsam zu spielen – sie ebnete im Gegenteil den

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