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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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gleich? Haben sie nicht das gleiche Geld?«
    »Sehr ähnlich, aber trotzdem völlig verschieden.«
    »Wirklich?«
    »Sie meinen >Ah, so desu ka?<«
    Sie lachte. »Der wichtige Mann aus Tokio hat Sie gut unterrichtet. Vielleicht sagen Sie jetzt auf Wiedersehen zu ihm, damit wir heimgehen können. Unser Haus liegt am anderen Ende des Dorfes.«
    Der Priester, der Superintendent und Tiger hatten sich unterhalten und dabei anscheinend Bond und dem Mädchen keine Beachtung geschenkt. Die Mutter stand demütig abseits, aber sie hatte ihre scharfen Augen nicht von dem Gesicht ihres Gastes abgewendet. Bond verbeugte sich noch einmal vor ihr und ging zu den Männern zurück.
    Der Abschied war kurz. Dunkelheit breitete sich über der See aus, und der rotgelbe Sonnenball hing hinter zarten Dunstschleiern. Der Motor des Polizeibootes war angelassen worden und tuckerte regelmäßig. Bond dankte dem Superintendenten, der ihm Glück für seine ehrenvollen Bemühungen wünschte. Tiger sah ernst aus. Er nahm Bonds Hand zwischen die seinen, eine ungewöhnliche Geste für einen Japaner, und sagte: »Bondo-san, ich bin sicher, daß Sie Erfolg haben, und werde Ihnen deshalb kein Glück wünschen. Ich sage auch nicht sayonara, leben Sie wohl. Ich sage nur banzai und möchte Ihnen dieses kleine Geschenk geben, für den Fall, daß die Götter Ihr Unternehmen mißbilligen und etwas ohne Ihre Schuld schiefgeht, ganz schiefgeht.« Er zog eine kleine Schachtel heraus und gab sie Bond.
    Bond öffnete sie. Sie enthielt eine längliche braune Tablette. Bond lachte und gab sie Tiger zurück. »Nein danke, Tiger. Wie schon gesagt: >Man lebt nur zweimal·. Und wenn mein zweites Leben beginnt, möchte ich ihm lieber ins Gesicht sehen. Trotzdem vielen Dank - für alles! Diese lebenden Hummern waren wirklich eine Delikatesse. Ich freue mich schon auf den Seetang, den ich zu essen bekomme, solange ich hier bin. Bis später! Ich sehe Sie in etwa einer Woche!«
    Tiger stieg in das Boot, der Motor dröhnte auf. Als das Boot die Dünung an der Einfahrt des Hafens erreichte, hob Tiger eine Hand und ließ sie mit einer schneidenden Geste schnell wieder fallen, dann war das Boot hinter der Hafenmauer verschwunden.
    Bond drehte sich um. Der Priester war gegangen. Kissy Suzuki sagte ungeduldig: »Komm schon, Todoroki-san. Der Priester hat gesagt, ich soll dich wie einen Kameraden behandeln. Aber laß mich eine der beiden Taschen tragen. Mit Rücksicht auf die Dorfbewohner, die uns sicher neugierig beobachten, werden wir uns in der Öffentlichkeit an östliches Benehmen halten.«
    Der hochgewachsene Mann mit dem dunklen Gesicht, den kurzen Haaren und den schrägen Augenbrauen, das schlanke Mädchen und die alte Frau gingen langsam den Strand entlang. Ihre langen Schritte huschten über die glatten schwarzen Felsblöcke.
    14
    Der Morgen dämmerte in blauen und goldenen Farben. Bond saß auf der Schwelle des kleinen, aus behauenen Steinen und Balken erbauten Hauses, aß seine Bohnen in saurer Milch mit Reis und trank seinen Tee, während aus dem Haus das fröhliche Plaudern der beiden Frauen drang, die ihre Hausarbeit verrichteten.
    Man hatte Bond mit allen Ehren aufgenommen und ihm das kleine, sparsam möblierte Wohnzimmer mit den tatami-Matten, dem Hausaltar und einer Grille in einem Käfig - »zur Gesellschaft«, wie Kissy erklärt hatte - überlassen. Sein futon war auf dem Boden ausgebreitet worden, und er hatte erstmals mit einigem Erfolg versucht, auf dem traditionellen hölzernen Kopfkissen zu schlafen. Am Abend vorher hatte sich der Vater, ein hagerer graubärtiger Mann mit knotigen Gelenken und hellen flinken Augen, köstlich amüsiert, als ihm Kissy Bonds Bericht über einige seiner Erlebnisse mit Tiger übersetzte, und es hatte von Anfang an keine Spannung oder Befangenheit geherrscht. Der Priester hatte angeordnet, daß Bond als Mitglied der Familie zu behandeln sei. Wenn auch sein Aussehen und einige seiner Gewohnheiten merkwürdig waren, hatte er offenbar Kissys uneingeschränkten Beifall gefunden; die Eltern folgten ihrem Beispiel. Um neun Uhr hatte der Vater Bond bedeutet, ihm zu folgen. Er war hinter das Haus gehumpelt und hatte ihm die kleine Hütte mit dem Loch im Boden und den sorgfältig geviertelten und auf einen Nagel gespießten Seiten der Asahi Shimbun gezeigt. Damit war auch Bonds letzte geheime Befürchtung hinsichtlich des Insellebens hinfällig geworden. Seine flackernde Kerze zeigte ihm, daß dieser »gewisse Ort« genauso sauber war

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