Du lebst nur zweimal
Hollywood. Sie glaubten, weil ich Japanerin bin, sei ich so eine Art Tier, und mein Körper sei für alle da. Keiner benahm sich mir gegenüber anständig, bis auf David Niven.« Sie schüttelte den Kopf heftig, um die Erinnerungen loszuwerden. »Nein. Ich bleibe für immer auf Kuro. Die Götter werden meine Probleme lösen«, lächelte sie. »Wie heute.« Sie betrachtete das Meer. »Noch hundert Meter.« Sie stand auf und verknotete das eine Ende des Seiles um ihre Taille, dann rückte sie die Taucherbrille auf der Stirn zurecht. »Denk daran, halte das Seil straff, und wenn du einen Ruck spürst, zieh mich schnell herauf. Es wird Schwerarbeit für dich sein, aber ich massiere dir den Rücken, wenn wir heute abend nach Hause kommen. Ich kann das sehr gut. Jetzt!«
Bond zog dankbar die Ruder ein. Hinter ihm wand David seinen langen Hals und zischte ungeduldig. Kissy befestigte den Holzbehälter an einem Strick und warf ihn neben dem Boot ins Wasser. Sie selbst ließ sich langsam ins Wasser gleiten, wobei sie ihr weißes Hemd zwischen die Knie klemmte. David tauchte sofort unter und verschwand ohne jedes Geräusch. Der Strick, der an Bonds Ruderbank befestigt war, rollte schnell ab. Er hob Kissys Seilrolle auf und richtete sich im Boot auf. Kissy zog die Tauchermaske herunter und tauchte den Kopf ins Wasser. Sofort sah sie wieder auf. Sie lächelte: »Da unten sieht es vielversprechend aus.« Sie blieb im Wasser und sog die Luft mit einem leisen Pfeiflaut durch die gespitzten Lippen ein - um ihre Lungen bis zum äußersten zu füllen, nahm Bond an. Dann winkte sie kurz - und schoß plötzlich kopfüber nach unten, wobei ihre Füße durchs Wasser wirbelten, um dem Zug der Gewichte nachzuhelfen.
Bond ließ das Seil durch die Hand laufen, wobei er ängstlich auf die Uhr sah. David tauchte auf. Er trug einen silbrig glänzenden Fisch quer im Schnabel. Verdammter Vogel! Jetzt war keine Zeit, um Fische aus dem ziemlich scharf aussehenden Schnabel zu holen. Doch der Kormoran warf den Fisch mit einem verächtlichen Blick in den schwimmenden Behälter und verschwand wieder wie ein Torpedo.
Fünfzig Sekunden! Bond zuckte nervös zusammen, als er den Ruck spürte. Er zog das Seil schnell ein. Wie ein weißer Geist erschien sie tief unten im kristallklaren Wasser, und als sie immer näher kam, sah Bond, daß sie die Hände fest an den Körper gepreßt hielt, um dem Wasser möglichst wenig Widerstand zu bieten. Sie tauchte neben dem Boot auf, zeigte zwei fette Awabi und ließ sie in den Holzbehälter fallen. Sie hielt sich am Bootsrand fest, um wieder zu Atem zu kommen. Bond schaute auf ihre wundervollen Brüste hinunter, die sich straff unter dem dünnen Stoff abzeichneten. Sie lächelte kurz zu ihm auf, sog die Luft pfeifend ein - und war wieder verschwunden.
Eine Stunde verging. Bond gewöhnte sich an die Arbeit und hatte sogar Zeit, die Flotte der anderen Boote zu beobachten. Sie lagen etwa über eine Seemeile verstreut, und über das ruhige Wasser schallte das ständig sich wiederholende unheimliche Pfeifen der tauchenden Mädchen. Das nächste Boot schaukelte ungefähr hundert Meter entfernt in der sanften Dünung, und Bond sah zu dem jungen Mann hinüber, der das Seil hielt; ab und zu erhaschte er auch einen Blick auf einen pfirsichfarbenen Körper, glänzend wie eine Robbe, und hörte das aufgeregte Geplapper der beiden. Er hoffte, daß er sich nicht blamieren würde, wenn er mit dem Tauchen an der Reihe war. Saké und Zigaretten! Nicht gerade die richtige Grundlage für ein Training!
Die Awa&i-Muscheln häuften sich langsam in dem Behälter, dazwischen schössen etwa ein Dutzend Fische hin und her. Von Zeit zu Zeit beugte sich Bond hinunter und zog einen aus Davids Schnabel. Einmal ließ er einen schlüpfrigen Fisch fallen, und der Vogel mußte wiederum nach ihm tauchen. Dabei warf er Bond einen noch hochmütigeren Blick aus seinen türkisfarbigen Augen zu.
Dann tauchte Kissy auf, kletterte schwerfällig ins Boot, riß das Tuch und die Taucherbrille herunter und saß keuchend im Heck. Schließlich schaute sie auf und lachte glücklich. »Jetzt haben wir schon einundzwanzig. Sehr gut. Nimm meine Gewichte und die Hacke und schau dich da unten mal um. Ich ziehe dich aber nach genau dreißig Sekunden wieder herauf. Gib mir deine Uhr. Und bitte verliere meine Hacke nicht, sonst müssen wir aufhören.«
Bonds erster Tauchversuch war nicht gerade erfolgreich. Er sank zu langsam nach unten und hatte kaum Zeit, sich richtig
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