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Du lebst, solange ich es will

Du lebst, solange ich es will

Titel: Du lebst, solange ich es will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Henry
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mit Brock Schluss gemacht. Nathan hat gefragt, ob wir zusammen ausgehen, und ich war überglücklich. Und dann bat ich Gaby, die Schicht mit mir zu tauschen.
    Hätte sie Nein gesagt, wäre Gaby jetzt hier. Und Gott möge mir verzeihen, aber ich würde alles darum geben, nicht hier zu sein. Ich würde sogar mit Gaby tauschen.
    So weit hat er mich schon gebracht. Ich schließe kurz die Augen und versuche sein Gesicht zu Gaby zu senden. Damit sie sein Nullachtfünfzehn-Äußeres durchschaut, sollte er es bei ihr versuchen. Damit sie das Grauen hinter dem höflichen Lächeln, den runden Brillengläsern und den hellbraunen Stoffhosen sieht.
    »Ich habe dir ein paar saubere Klamotten mitgebracht.« Er hält mir die Plastiktüte hin. »Du kannst dich mit dem Wasser aus den Plastikflaschen waschen. Ich stelle dir dann neue hin.«
    »Danke, Meister.« Ich nehme die Tüte und halte dabei den Blick gesenkt. Ich frage mich, was wohl passieren würde, wenn ich ihm beim nächsten Mal eine Tüte voller Wasserflaschen an den Kopf schleudern würde.
    »Es ist eine notwendige Maßnahme. Du stinkst.«
    Ich blicke kurz auf und sehe, wie er die Nase kräuselt. Ohne ein weiteres Wort stellt er das Tablett ab und geht.
    Mir fällt auf, dass er nicht mehr diesen Gesichtsausdruck hat, wenn er mich betrachtet. Diesen Ausdruck, als würde eine Katze einen Vogel beobachten. Wenn er mich jetzt ansieht, ist sein Blick leer und unkonzentriert. Als würde er einfach durch mich durchsehen.
    Kaum ist die Tür zu, stürze ich mich auf das Essen. Ich bin mir nicht sicher, habe aber den Eindruck, die Abstände zwischen den Mahlzeiten werden immer größer. Alles auf dem Tablett stammt von einem Schnellrestaurant und ist mittlerweile lauwarm. Drei Burritos mit Bohnen und Käse und zehn Klumpen, die wie Kartoffelbällchen mit Chilipulver aussehen. Es schmeckt salzig, fettig und gut, auch ohne Ketchup und Salsasoße. Kaum zwei Minuten später lecke ich meine Finger ab. Die wahrscheinlich nicht gerade sauber sind. Wie alles an mir.
    Ich sehe in die Plastiktüte. Darin sind ein billiges weißes Handtuch, ein Waschlappen, ein weißes Männer-T-Shirt, Größe M, und eine graue Männerjogginghose. Auch Größe M. Ich frage mich, ob er zu viel Schiss hatte, Frauenklamotten zu kaufen. Ob er fürchtet, der Verkäufer könnte sich wundern, dass Mr Loser Frauenkleidung kauft. Vielleicht sind deshalb keine Unterhose und kein BH dabei.
    Ich gehe kein Risiko ein. Um weniger angreifbar zu sein, gehe ich Schritt für Schritt vor. Ich öffne eine Wasserflasche. Zum Trinken hatte ich mir immer kaltes Wasser gewünscht, aber jetzt bin ich froh, dass es Zimmertemperatur hat. Ich wasche mir die Finger mit dem nassen Waschlappen und taste dann meine Wunde ab. Die Haut fühlt sich heiß und geschwollen an. Hat sie sich entzündet? Die Wunde pocht mit jedem Herzschlag. Vorsichtig tupfe ich sie mit dem feuchten Waschlappen ab. Kurz darauf vermischt sich frisches und altes Blut auf dem Waschlappen. Vielleicht habe ich den Schorf aufgerissen und deswegen blutet es jetzt wieder. Ich lasse es bleiben und versuche den Waschlappen über der Toilette auszuspülen.
    Als Nächstes wasche ich mir Gesicht und Arme und stoße in jeder Falte auf Schlamm und Sand. Ich greife unter mein T-Shirt auf meinen Rücken, taste nach meinem BH und öffne ihn. Dann streife ich die Träger von meinen Schultern und ziehe ihn aus. Ich kippe eine halbe Flasche Wasser über den BH und wringe ihn über der Toilette aus. Danach wasche ich meinen Oberkörper, lasse dabei aber mein altes T-Shirt an und ziehe den BH wieder drunter, als ich fertig bin. Anziehen ist viel schwieriger als Ausziehen. Außerdem fühlt sich der BH so widerlich klamm und kalt an, dass ich mich schütteln muss. Ich hoffe einfach, meine Körpertemperatur wird ihn irgendwann trocknen. Dann streife ich das neue T-Shirt über. Es riecht neu, hat diesen starken chemischen Geruch, den Klamotten aus den Läden haben, bevor man sie wäscht.
    Ich wickle mir das Handtuch um die Hüfte und ziehe meine verdreckten, steifen Jeans und die Unterhose aus. Dann wasche ich meine Beine. Bevor ich meine Unterhose ausspüle, nehme ich die Jogginghose in die Hand. Sie fühlt sich weich an. Fast bin ich versucht, sie ohne etwas darunter anzuziehen.
    Erst da sehe ich, dass noch etwas anderes in der Tüte liegt. Es ist eine Unterhose. Eine Mädchenunterhose. Sie hat kein Preisschild. Genau genommen ist sie nicht neu. Sie ist auch nicht uralt und sie ist sauber,

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