Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
und sind für die Ausübung des Berufs viel wichtiger als alle Theorie. Das muss sich dringend ändern!
Und im Arbeitsalltag muss sich ebenfalls viel ändern: Denn auch nach dem Abschluss des Studiums kommt ein Lehrer heute kaum mit Persönlichkeitstraining in Berührung. Er hat in erster Linie gelernt, dass er zwar für die Wissensvermittlung laut Lehrplan zuständig ist, nicht aber, wie er dieses Wissen an den Mann bringt. Denn Wissen wird erst angenommen, wenn der Wissensvermittler akzeptiert wird. Schon Maria Montessori wünschte sich zu ihrer Zeit die »neue Lehrerin«, die in ihrer Grundhaltung zum Kind bei sich selbst anfängt und alles dafür tut, dass sich der Schüler ihr eines Tages offenbart
und sie als Vorbild anerkennt. Die geistige wie auch körperliche Pflege der eigenen Person entscheiden in einem hohen Maß mit darüber, wie der Lehrer geachtet wird.
In der Regel ist es den Lehrern völlig unbekannt, von welchen Faktoren der erste Eindruck abhängt und wie wichtig dieser ist, sonst würden sie wesentlich mehr Zeit und Energie investieren, um ihr Auftreten überzeugend zu gestalten. Nach einer 1971 veröffentlichten Studie des amerikanischen Psychologen Professor Albert Mehrabian bestimmen nur 7 Prozent des Gesagten den ersten Eindruck maßgeblich mit. Die restlichen 93 Prozent des Eindrucks, den wir hinterlassen, werden durch die Körpersprache – also Gang, Gestik und Mimik –, durch das äußere Erscheinungsbild wie die Kleidung, Klang und Lautstärke unserer Stimme und den Geruch erzeugt. Somit hat man auch entscheidenden Einfluss darauf, in welche Schublade man gesteckt werden möchte.
Deshalb sind Module wie »Professionelles Selbstmarketing für Lehrer«, »Der Lehrer als Coach«, »Erfolgreiche Kommunikation«, »Durchsetzungs- und Schlagfertigkeitstrainings für Lehrer« und »Work-Life-Balance« unbedingt mit in die Ausbildung aufzunehmen. Nur so können Lehramtsstudenten praktische Lösungen für ihren zukünftigen herausfordernden Job kennenlernen. Ref 32
Die ideale Schule muss Lehrer hervorbringen, die den überbehüteten Kindern Wege abseits von Mobbing und ähnlich ungeeigneten »Strategien« zeigen, dass man sein Leben in erster Linie selbst bewältigen und sich anstrengen muss, wenn man weiterkommen will. Dafür brauchen Schüler vor allem Fleiß und Disziplin. Dies zu lehren liegt in der Verantwortung der Schule, und genau dazu braucht ein Lehrer sehr viel Mut. Er braucht die Courage, sich nicht in seine pädagogischen Überzeugungen und sein Tun hineinreden zu lassen, klar Grenzen zu ziehen und seiner Berufung nachzugehen. Wahre
pädagogische Berufung bedeutet in diesem Zusammenhang, dafür zu sorgen, dass junge Menschen über sich hinauszuwachsen lernen.
Dafür braucht ein Pädagoge unter anderem auch Kenntnisse aus der Psychologie, und diese besagen: Damit ein Schüler bestmöglich gefördert werden kann, muss der Lehrer erkennen können, wie der Schüler tickt. Erzieher pflegen zu sagen, dass das Kind da abgeholt werden soll, wo es gerade steht. Und dafür bedarf es gar nicht so sehr der Entwicklungspsychologie aus dem Lehrbuch, sondern vielmehr des praktischen Gespürs und Einfühlungsvermögens. Der Lehrer muss lernen, mit den Augen seines Gegenübers zu sehen und dessen Sprache zu sprechen, will er verstanden werden. Er muss von der Haltung abrücken, dass er zu wissen glaubt, was gut für den Schüler ist. Und er muss begreifen: Es steckt selten böser Wille dahinter, wenn ein Schüler seinen Lehrer nicht versteht. Ref 33
Wenn mein eigener Lebenslauf nicht so viele Abzweigungen enthielte, dann wäre mir selbst diese Sichtweise bestimmt auch nicht in diesem Ausmaß bewusst geworden. Als ich vor vielen Jahren erstmals mit der Montessoripädagogik in Berührung kam, lernte ich bisher im Schulsystem so nie erlebte Werte wie wahre Achtsamkeit und Wertschätzung kennen. Und den wichtigen Grundsatz, dass der Mensch sein darf, wie er ist. Genau diese Erfahrung vertiefte sich in meiner Ausbildung »hypnotherapeutische Gesprächsführung nach Milton Erickson«. Dabei geht man davon aus, dass der Mensch bereits alle Ressourcen in sich trägt, und unterstützt ihn dabei, sich diese zu erschließen. Irgendwann hatte ich verstanden, dass sich der Mensch erst dann bestmöglich weiterentwickelt, wenn ihm ein Lehrer zur Seite steht, der ihm in erster Linie ein guter Coach ist. In Anlehnung an Aussagen des persischen Schriftgelehrten »Abdu«l-Bahà möchte ich mein Bild von einem
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