Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
vorschlägt, es kann Änderungen beschließen – und es kann das Gesetz ganz ablehnen.
Damit sich die Bundesregierung mit ihren Entwürfen nicht blamiert, sprechen die Beamten aus den Ministerien schon vorher mit wichtigen Abgeordneten, sogenannten Berichterstattern. Denen versuchen sie ihren Gesetzentwurf so gut wie möglich zu verkaufen und schon im Vorfeld auf mögliche Einwände der Parlamentarier einzugehen.
Das ist nichts anderes als eine Art eigene Lobbyarbeit: Die Bundesregierung muss bei den Abgeordneten um ihre Vorschläge werben. Nüchtern betrachtet putzt sie dort genauso Klinken wie die Interessenvertreter der gesellschaftlichen Gruppen auch.
Denn die wirkliche Macht liegt am Ende immer beim gewählten Parlament.
Ein Gesetzentwurf kommt zunächst ins Plenum des Bundestages, dort gibt es eine erste Lesung. Das Plenum tagt unter anderem immer donnerstags, oft bis spät in die Nacht. Will die Mehrheit einen Entwurf weiterbehandeln, dann beschließt sie, den Entwurf an die zuständigen Ausschüsse im Parlament zu verweisen. Weil es so viele Entwürfe und Anträge gibt, findet eine solche Überweisung oft »ohne Aussprache« statt. Das Wort »Lesung« ist dann etwas hochgegriffen.
Ein Ausschuss ist dabei immer »federführend«, andere sind »mitberatend«. Die Ausschüsse diskutieren den Entwurf, prüfen ihn und schlagen dann dem Plenum vor, was es beschließen sollte. Das Plenum folgt diesen Vorschlägen praktisch immer – dort beschäftigt sich kaum noch jemand ernsthaft mit dem Thema. Dazu fehlen Zeit und meist auch die Kenntnisse. In einer zweiten und dritten Lesung im Plenum wird das Gesetz dann formal beschlossen.
Die wichtigen Ansprechpartner sind daher die Leute in den Ausschüssen. Es ist richtig, was viele sagen: Die eigentliche Arbeit des Bundestages findet in den Ausschüssen statt und nicht im Plenum. Dabei können Ausschüsse so klein sein wie die Kinderkommission, ein Unterausschuss des Familienausschusses, mit seinen fünf Mitgliedern – oder so groß wie der Haushaltsausschuss mit seinen 41 Mitgliedern.
Hier ging es um sogenannte Informationspflichten, also Angaben, die Unternehmen den Kunden gegenüber machen müssen: Zu welchem Zeitpunkt muss der Kunde auf welche Weise über den Preis, über seine Widerrufsrechte und andere Dinge informiert werden?
Diese Informationspflichten sind in Deutschland inzwischen so bizarr geregelt, dass praktisch niemand mehr durchblickt. Das weiß jeder, der schon einmal etwas im Internet bestellt oder gar selbst verkauft hat: Onlinehändler müssen einen Wust an Informationen liefern – vor, bei und nach der Bestellung, bei der Lieferung, auf der Internetseite, per E-Mail, auf Papier. Es gibt nur sehr wenige Kunden, die all diese Informationen ernsthaft noch wahrnehmen oder gar genau lesen – und nur wenige Unternehmen, die es schaffen, die rechtlichen Anforderungen wirklich zu 100 Prozent umzusetzen, selbst wenn sie den besten Willen dazu haben. Die Folge: Die wirklich wichtigen Informationen gehen in der Masse unter, während sich die Unternehmen gegenseitig mit Abmahnungen wegen Verstößen gegen die Informationspflichten überziehen. Am Ende blickte sogar das Bundesjustizministerium nicht mehr durch: Es hatte für die Unternehmen Mustertexte entworfen, die Gerichte später als unzureichend einstuften …
In dem Entwurf, um den es damals ging, hatte die Regierung unserer Meinung nach mal wieder über das Ziel weit hinausgeschossen. Es gab mehrere Möglichkeiten und im Entwurf stand eine, die für die Verbraucher besonders kompliziert war – und für die Unternehmen besonders teuer. Das sind die tragischsten Gesetze: die den Kunden nicht helfen und den Unternehmen unnötige Kosten verursachen.
Wir hatten eine Idee für eine einfachere Lösung – sie wäre nicht nur für die Unternehmen billiger gewesen, sondern auch für die Kunden leichter verständlich. Sie hätte also beiden genutzt, den Kunden und den Unternehmen.
Das Problem: Hätten wir diesen Vorschlag offiziell eingebracht, wäre er sofort »gestorben«. Denn es ging um ein Verbraucherschutzgesetz und da ist jeder Vorschlag, der von »der Wirtschaft« kommt, zunächst einmal »böse« und wird nur mit spitzen Fingern angefasst – ganz egal, wie gut und ausgewogen er auch sein mag. Und das Schlimmste, was sich ein Politiker hinterher in der Öffentlichkeit vorhalten lassen muss, ist, er habe eine Position »der Wirtschaft« übernommen. Dass unterschiedliche Menschen auch völlig
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