Du Mich Auch
Gemälde mit den schmachtenden Liebespaaren. »Soso, der Finanzberater. Wie überaus sexy. Aber wenn du ehrlich bist, würdest du doch bestimmt lieber mit einem verschärften Womanizer in die Kiste steigen. So einer mit Sixpack und Knackpo und …«
»Vorbei«, wurde sie von Katharina unterbrochen. »Frauen ab vierzig können allenfalls noch bei Silberpappeln punkten. Bei diesen Herren mit den grauen Schläfen, die ihre Ärzte umViagra anbetteln, damit die Post abgeht. Die richtig tollen Typen können wir abhaken.«
Eine Weile war nichts zu hören außer der sanften Musik. Eine verführerische Saxophonmelodie durchpflügte den Raum. Das Essen und der Wein hatten die drei Freundinnen ermattet. Dennoch spürten sie eine gewisse Erregung. Was gab es Schöneres, als mit den besten Freundinnen über Sex zu reden?
»Es sei denn …«, sagte Beatrice plötzlich.
Katharina hob den Kopf. »Was?«
»Nun, es sei denn, wir bezahlen dafür.«
Ihre Worte waren ein Schock. Katharina verdrehte entnervt die Augen, während Evi entrüstet ihre Hände hob. Still, sehr still wurde es auf einmal am Tisch.
»Für einen Mann bezahlen«, sagte Katharina nach einer Ewigkeit. »Wie verzweifelt muss man denn dafür sein?«
Beatrice kicherte vergnügt. »So verzweifelt wie wir.«
Sie stand wieder auf und wanderte durchs Zimmer, skeptisch beäugt von ihren Freundinnen.
»Mädels, jetzt mal nicht so klemmig. Wo ist euer spirit geblieben? Wir haben alles ausprobiert, als wir noch das Trio fatal waren. Haben das Kamasutra vorwärts und rückwärts nachgeturnt. Haben akrobatische Stellungen ausprobiert, als gäb’s dafür olympisches Gold.«
Dann kehrte sie an den Tisch zurück und goss den Sherry ein, der zum Käse vorgesehen war. Sie erhob ihr Glas. »Evi hat vollkommen recht. Wir sind nicht geschaffen für ein Leben ohne Sex. Oder wollt ihr etwa den Rest eures Lebens nur noch in Erinnerungen schwelgen? Prost!«
Sie tranken. Eine prickelnde Spannung lag in der Luft. So, als hätten sie in Champagner gebadet.
Evi kicherte übermütig. »Wenn ich mir vorstelle, dass heute Nacht so ein Typ hier reinspaziert käme und …« Sie verstummte hingerissen.
Auch Katharina taute auf. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Drüber nachgedacht habe ich schon öfter«, bekannte sie. »Ist das nicht der höchste Ausdruck der Emanzipation? Einfach mit den Fingern schnippen und Sex ordern? Entfesselt, anonym, ohne Reue? Her mit den Toyboys!«
»It’s raining men!«, trällerte Beatrice.
Das anschließende Gelächter wirkte wie ein Befreiungsschlag. Plötzlich waren sie ausgelassen wie Backfische.
»Lasst euren Phantasien freien Lauf«, rief Beatrice. »Die Nacht ist jung. Wir könnten noch eine ganze Menge anstellen. Was wollt ihr wirklich?«
»Sprühsahne im Bauchnabel!«, rief Evi. »Das hatte ich noch nie!«
Beatrice wackelte mit den Hüften. »Wow! Weiter so! Was ist mit Ölmassagen?«
Katharina verschluckte sich fast an ihrem Sherry. Ihr blasses Gesicht rötete sich. »Ölmassagen?«, wiederholte sie.
Noch vor einer Woche hatte sie das für eine erotische Verirrung in Neandertalerkreisen gehalten. Aber jetzt …
»Ins Koma soll er uns treiben!«, juchzte Evi.
Nun gab es kein Halten mehr. Katharina holte ihre schwere lederne Tasche und ließ sich aufs Sofa sinken. Sie zog den Laptop heraus, klappte ihn auf und begann, auf der Tastatur herumzutippen. Sofort waren Beatrice und Evi bei ihr.
»Was hast du vor?«, fragte Evi.
»Nur mal gucken«, antwortete Katharina, während sie eine Website anklickte. »Ah, da ist es ja.«
»Was denn?«
»Traumboy.de«, las Katharina vor. »Hier wird SIE verwöhnt. Von gepflegten, lustbetonten Herren. Diskretion ist selbstverständlich, Zufriedenheit wird garantiert.« Sie klickte sich durch eine Fotogalerie.
»Zufriedenheit wird garantiert«, sprach Evi mit belegter Stimme nach.
Beatrice sah Katharina neugierig über die Schulter. »Stopp mal. Der da ist cremig. André. Groß, blond, muskulös. Meint ihr, dass er uns alle drei schafft?«
»Das werden wir nie erfahren«, sagte Evi.
»Es sei denn …«, kreischten alle drei im Chor und brachen in Lachen aus.
Mit heißen Wangen starrten sie auf das Display. Es war ungeheuerlich, was sie vorhatten. Aber nicht unmöglich. Der ganze Frust, der sich in ihnen angesammelt hatte, löste sich in fiebrige Erregung auf. Warum nicht?, war alles, was sie denken konnten. Warum nicht nach all den vergeudeten Jahren?
»Wer ruft ihn an?«, fragte Katharina.
Evi
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