Du oder das ganze Leben
wiedersehen wirst.«
Ich verspreche es, dann renne ich auf mein Zimmer und rufe Sierra an.
»Was gibt’s?«, fragt sie.
»Sierra, ich brauche gerade ganz dringend eine beste Freundin.«
»Und da hast du dich für mich entschieden? Wow, das ehrt mich aber«, sagt sie trocken.
»Schon gut, ich habe dich angelogen. Ich mag Alex. Sehr sogar.«
Schweigen.
Schweigen.
»Sierra, bist du noch da? Oder hast du beschlossen, mich zu ignorieren?«
»Ich ignoriere dich nicht, Brit. Ich wundere mich nur, warum du mir das gerade jetzt erzählst.«
»Weil ich unbedingt darüber reden muss. Hasst du mich?«
»Du bist meine beste Freundin«, erwidert sie.
»Und du meine.«
»Beste Freundinnen sind immer noch beste Freundinnen, sogar wenn eine von ihnen beschließt, den Verstand zu verlieren und einen Gangster zu daten. Stimmt’s?«
»Ich hoffe es.«
»Brit, lüg mich nie wieder an.«
»Das werde ich nicht. Und du kannst es Doug erzählen, solange er verspricht, es für sich zu behalten.«
»Danke, dass du mir vertraust, Brit. Dir ist es vielleicht nicht klar, aber das bedeutet mir eine Menge.«
Nachdem ich ihr die ganze Story erzählt habe und mit dem guten Gefühl auflege, dass zwischen uns wieder alles beim Alten ist, klingelt mein Telefon. Es ist Isabel.
»Ich muss mit dir reden«, sagt Isabel, als ich drangehe.
»Was ist los?«
»Hast du Paco heute gesehen?«
Hm … so viel zu Geheimnissen. »Ja.«
»Hast du mich ihm gegenüber erwähnt?«
»Nein. Warum? Wolltest du das denn?«
»Nein. Ja. Ach, ich weiß nicht. Ich bin so durcheinander.«
»Isabel, sag ihm einfach, was du für ihn empfindest. Bei mir und Alex hat es funktioniert.«
»Klar, du bist ja auch Brittany Ellis.«
»Willst du wissen, wie es ist, Brittany Ellis zu sein? Ich verrat es dir. Ich bin unsicher, genau wie jeder andere. Und ich bin einem riesigen Druck ausgesetzt, meiner Rolle zu entsprechen, damit das Bild, das die Leute sich von mir machen, nicht in tausend Stücke zerspringt und sie erkennen, dass ich in Wirklichkeit genau wie jeder andere auch bin. Und das macht mich verletzbarer, ich werde genauer unter die Lupe genommen und schneller das Opfer von Gerüchten.«
»Dann werden dir die Gerüchte, die meine Freunde sich über dich und Alex erzählen, nicht besonders gefallen. Willst du wissen, welche es sind?«
»Nein.«
»Bist du sicher?«
»Ja. Wenn du meine Freundin bist, erzähl sie mir nicht.«
Denn wenn ich die Gerüchte erst mal kenne, werde ich mich mit ihnen auseinandersetzen müssen. Und in diesem Augenblick möchte ich den Blick durch die rosarote Brille noch ein wenig genießen.
42
Alex
Nachdem Brittany aus der Werkstatt gebraust ist, um so schnell wie möglich Distanz zwischen uns zu schaffen, ist mir nicht nach Reden und ich hoffe, mi’amá aus dem Weg gehen zu können, als ich nach Hause komme. Aber es braucht nur einen Blick auf die Wohnzimmercouch und dieser Wunsch hat sich erledigt.
Der Fernseher ist aus, es brennt kaum noch Licht und meine Brüder sind wahrscheinlich längst ins Bett geschickt worden.
»Alejandro«, beginnt sie. »Ich wollte nie, dass wir so leben.«
»Ich weiß.«
»Ich hoffe, Brittany bringt dich nicht auf Ideen, die keine Zukunft haben.«
Ich zucke mit den Schultern. »Zum Beispiel? Sie hasst es, dass ich in einer Gang bin. Du dagegen wolltest dieses Leben vielleicht nicht für mich, hast aber auch nicht protestiert, als sie mich in die Gang geholt haben.«
»Rede nicht so mit mir, Alejandro.«
»Warum? Ist die Wahrheit zu schmerzvoll? Ich bin in einer Gang, um dich und meine Brüder zu beschützen, mamá . Du weißt das, auch wenn wir nie darüber reden«, sage ich. Meine Stimme wird immer lauter, ein Zeichen meiner wachsenden Frustration. »Es ist eine Entscheidung, die ich vor langer Zeit getroffen habe. Du kannst dir einreden, mich nicht dazu ermutigt
zu haben, aber«, ich ziehe mein T-Shirt aus, sodass meine Latino-Blood-Tattoos sichtbar werden, »sieh mich ganz genau an. Ich bin ein Latino Blood, genau wie papá . Willst du, dass ich auch mit Drogen deale?«
Tränen strömen ihr Gesicht hinunter. »Wenn es eine andere Möglichkeit gäbe …«
»Du hattest zu viel Schiss, dieses Loch zu verlassen und jetzt stecken wir hier fest. Wälz deine Verantwortung nicht auf mich oder mein Mädchen ab.«
»Das ist nicht fair«, sagt sie aufgebracht und steht von der Couch auf.
»Ich sag dir, was nicht fair ist: dass du wie eine Witwe in immerwährender Trauer lebst, seit papá
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