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Du oder der Rest der Welt

Du oder der Rest der Welt

Titel: Du oder der Rest der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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Frühstück fertig?«, fragt mein Bruder, als er in die Küche kommt.
    Meine Mom geht zurück zu ihrer Rührschüssel. »Fast. Es gibt Vollwertpfannkuchen.«
    Brandon setzt sein berüchtigtes Bettelgesicht auf, genau das, dem niemand von uns widerstehen kann. Ich frage mich, ob er je zu alt für diesen Gesichtsausdruck sein wird. So wie ich Brandon kenne, wird er ihn auch mit fünfzig noch einsetzen. »Kannst du Schokoladenstückchen reinmachen? Bitte!«
    Meine Mom seufzt, dann küsst sie seine dicken Backen. »Ist gut, aber zieh schon mal deine Schuhe an, damit du den Bus nicht verpasst.«
    Während sie den Teig in die heiße Pfanne gießt, gehe ich in das Arbeitszimmer meines Vaters. Ich weiß, es ist schrecklich von mir und gehört sich nicht, aber ich setze mich vor Dads Computer und öffne seinen Verlauf. Zuerst im Internet und dann den von seinen Dokumenten. Wenn es einen Hinweis darauf gibt, was hier vor sich geht, muss ich es wissen. Und da niemand es mir sagen will, habe ich keine andere Wahl, als herumzuschnüffeln und Detektiv zu spielen.
    Unglücklicherweise für meinen Dad, aber glücklicherweise für mich hat er seinen Verlauf nicht gelöscht. Ich sehe mir alles an, woran er in den letzten vierundzwanzig Stunden gearbeitet hat. Da ist ein Brief, den er seinem Boss geschrieben hat, in dem es um einen neuen Lehrplan geht, außerdem Überlegungen zu einem Test, den er seine Studenten schreiben lassen will, und eine Seite mit vielen Zahlen.
    Ich gucke mir die Seite genauer an. Es ist was Finanzielles … Details zu einem ihrer Konten. Der letzte Eintrag ist von heute, eine Belastung über fünfzigtausend Dollar. Damit bleiben meinen Eltern noch fünftausend Dollar. In der Spalte daneben steht: bar.
    Mein Dad hat heute fünfzigtausend Dollar von seinem Konto abgehoben. Irgendwie hat das Geld damit zu tun, dass Carlos zusammengeschlagen wurde. Ich weiß es einfach.
    »Kiara, die Pfannkuchen sind fertig«, ruft meine Mom aus der Küche.
    Sie wird mir sicher nicht erzählen, warum mein Dad fünzigtausend Dollar von ihrem Konto abgehoben hat. Ich spiele die Unschuldige und esse meine Pfannkuchen mit einem vorgetäuschten heiteren Lächeln im Gesicht.
    Sobald wir mit dem Frühstück fertig sind, treibt meine Mom Brandon zur Eile an und bringt ihn zum Bus. Ich stehle mich schnell zum Computer meines Dads zurück, denn mir ist noch etwas eingefallen: Ich gehe auf die Kartenseite, die mein Dad normalerweise benutzt, und klicke auf seine letzten Suchvorgänge.
    Wie erwartet, sagen mir die letzten zwei Adressen, die er rausgesucht hat, nichts. Eine ist in der Nähe von Eldorado Springs und die andere in Bush, einer Stadt, die anderthalb Stunden entfernt ist. Ich weiß, dass sie dort eine Menge Drogenprobleme haben, und mein Herz wird schwer. Was geht hier vor? Rasch kritzle ich die Adressen auf ein Blatt Papier, dann fahre ich den Computer runter und versuche unschuldig zu gucken, als meine Mom zurück ins Haus kommt.
    In der Schule öffne ich meinen Spind und finde zwei Rosen auf meinen Büchern. Eine rote und eine gelbe. Sie sind mit einem Rosenkranz aus schwarzen Perlen zusammengebunden. Dazwischen steckt ein Zettel. Ich zweifle nicht eine Sekunde daran, dass sie von Carlos kommen.
    Ich knie vor meinem Spind und lese die Notiz, die er auf ein abgerissenes Stück Papier geschrieben hat.
    DIE LADY IN DEM LADEN HAT GESAGT, GELB BEDEUTET FREUNDSCHAFT UND ROT BEDEUTET LIEBE. DER ROSENKRANZ IST DAS EINZIGE AUS MEINEM BESITZ, DAS MIR ETWAS BEDEUTET. ER GEHÖRT DIR. ICH GEHÖRE DIR.
C.
     
    »Ist das da Kiara Westford?«, sagt Tuck, und tritt neben mich. »Die Kiara, die mich nicht zurückgerufen hat?«
    Ich drücke die Blumen, den Rosenkranz und den Zettel an meine Brust. »Hallo. Tut mir leid, im Moment weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht.«
    Er runzelt die Augenbrauen. »Was hast du da?«
    »Ein paar Sachen.«
    »Von dem mexikanischen Hengst?«
    Ich senke den Blick auf die wunderschönen Blumen. »Er steckt i-i-in Schwierigkeiten, Tuck. Mein Dad ist bei ihm, und meine Mom benimmt sich total seltsam, und ich will irgendwie helfen. Ich kann nicht einfach im Dunkeln tappen, wenn sie alle in G-g-gefahr sind. Ich fühle mich so nutzlos. Ich weiß einfach nicht … was ich t-t-tun soll.« Zuerst fällt es mir gar nicht auf, aber ich reibe mit meinen Fingern über die Perlen des Rosenkranzes.
    Tuck zieht mich in einen leeren Klassenraum. »Was für Schwierigkeiten? Hör auf zu zittern, du machst mir Angst.«
    »Ich k-k-kann

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