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Du oder der Rest der Welt

Du oder der Rest der Welt

Titel: Du oder der Rest der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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vorzustellen, dabei geht es mir am Arsch vorbei, wie sie heißen.
    »Ich bin Justin«, sagt der Typ zu meiner Rechten.
    Justin hat den Pony seines langen Haares grün gefärbt. Er ist so lang, dass es aussieht, als hinge ein Vorhang vor seinen Augen.
    »Hi, Mann«, sage ich. »Warum bist du hier? Drogen? Ladendiebstahl? Schwerer Diebstahl? Mord?« Ich sage es, als wären es Dinge, die man im Restaurant bestellt.
    Berger hebt die Hand. »Carlos, es verstößt gegen die REACH-Politik, diese Fragen zu stellen.«
    Ups. Diesen Abschnitt Des Vortrags muss ich verschlafen haben. »Warum nicht?«, frage ich. »Ich finde, es sollte alles auf den Tisch.«
    »Autodiebstahl«, platzt Justin zu unserer Überraschung heraus. Ich glaube, sogar Justin ist überrascht, dass er uns sein kleines Geheimnis verraten hat.
    Nachdem sich alle vorgestellt haben, komme ich zu dem Schluss, dass ich der Höllentruppe zugeteilt wurde. Zu meiner Linken sitzt eine weiße Tussi namens Zana, die sicher zur Besetzung gehören würde, sollte es je eine Realityshow namens Colorado Schlampen geben. Neben ihr sitzt Quinn – ich kann nicht erkennen, ob Quinn ein Er oder eine Sie ist. Es gibt noch zwei andere Latinos – einen Typen namens Keno und eine heiße mexikanische chica namens Carmela, mit schokoladenbraunen Augen und honigfarbener Haut. Sie erinnert mich an Destiny, meine Ex, der einzige Unterschied ist das Funkeln in ihren Augen, das sie als Unruhestifterin outet. Das hatte Destiny nie.
    Berger legt ihren Stift ab und sagt zu mir: »Bevor du reinkamst, hat Justin uns erzählt, dass er manchmal mit den Fäusten auf Wände einschlägt, wenn er frustriert ist, nur um den Schmerz zu fühlen. Wir sprachen über andere Möglichkeiten, seinen Frust rauszulassen, die weniger zerstörerisch sind.«
    Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass dieser Justin offenbar auf Wände einschlägt, weil er verzweifelt etwas fühlen will, egal was, sogar Schmerz – während ich sein genaues Gegenstück sein könnte. Ich würde alles in meiner Macht Stehende tun, um nichts fühlen zu müssen. Mein Ziel ist es, die meiste Zeit absolut abgestumpft zu sein.
    Hmm, vielleicht sollte ich das auf mein gelbes Blatt schreiben. Carlos Fuentes’ Ziel Nr. 1: Abgestumpft sein und bleiben. Ich glaube nicht, dass es besonders gut ankäme, aber es wäre die Wahrheit.
     
    »Also, wie war dein erster Tag?«
    Nachdem Alex mich um halb sechs von REACH abgeholt hat, ist er mit mir nach Downtown Boulder gefahren, zumindest nehme ich an, dass wir dort sind. Der Ort hier heißt Pearl Street Mall. Zur Freude von Mrs Westford haben wir an ihrem Teeladen haltgemacht, um etwas zu trinken, und sitzen an einem der Tische auf der Terrasse. Tee ist nicht die Art Getränk, die mir vorschwebte, aber wie immer in letzter Zeit hatte ich keine große Wahl.
    Mrs Westford stellt zwei Spezialtees vor uns ab, die »aufs Haus gehen«, und eilt wieder nach drinnen, um Bestellungen von anderen Gästen aufzunehmen.
    Ich sehe meinen Bruder an, der mir total entspannt gegenübersitzt.
    »Es sind ein Haufen Witzfiguren bei dem REACH-Ding, Alex«, erzähle ich ihm so leise, dass Mrs W. es nicht hört. »Eine schlimmer als die andere.«
    »Ach, komm schon. So übel kann es gar nicht sein.«
    »Sag das nicht, bevor du sie nicht gesehen hast. Und sie haben mich gezwungen, diese beschissene Vereinbarung zu unterschreiben, dass ich mich an ihre Regeln halte. Erinnerst du dich an die Zeiten in Fairfield, als es keine Regeln gab, Alex? Nach der Schule waren es nur du, ich und Luis.«
    »Es gab Regeln«, sagt Alex und nimmt seine Tasse. »Wir haben uns bloß nicht an sie gehalten. Mi’amá hat so viel gearbeitet, dass sie nie da war, um uns im Auge zu behalten.«
    Wir haben in Illinois nicht wie die Könige gelebt, aber wir hatten Familie und Freunde … und ein Leben. »Ich möchte zurück.«
    Er schüttelt den Kopf. »Da gibt es nichts mehr für uns.«
    »Elena und Jorge sind dort mit dem kleinen JJ. Du hast ihn noch nie gesehen, Alex. Meine Freunde sind dort. Hier habe ich weniger als nichts.«
    »Ich sage ja nicht, dass ich nicht zurückmöchte«, sagt mein Bruder. »Wir können nur jetzt nicht zurück. Es ist nicht sicher. «
    »Seit wann hast du solche Angst? Mann, du hast dich ganz schön verändert. Ich erinnere mich an Zeiten, als du der ganzen Welt gesagt hast, sie kann dich mal am Arsch lecken, und getan hast, was immer du wolltest, ohne groß darüber nachzudenken. «
    »Ich habe keine Angst. Mir ist es nur

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